Der Hundeflüsterer - Thriller (German Edition)
Uhren trugen, Zigarren pafften und mit zwei Handys gleichzeitig telefonierten.
David trug braune Slipper, ausgewaschene Jeans, dazu ein dünnes weißes Leinenhemd und das rote Halstuch, das ihm Sonja, ohne sein Wissen, in die Reisetasche gesteckt hatte. Das feine Seidentuch hatte ein Norwegermuster, das überhaupt nicht nach Davids Geschmack war, aber jetzt war das Tuch praktisch, um sich damit den Schweiß aus dem Nacken zu wischen. Neben sich auf dem kleinen Tisch lag sein ausgefranster Strohhut, den er auch in Arta trug, wenn er die Hunde trainierte.
Eigentlich sollte sich David jetzt mit dem Botschafter und einigen Mädchen aus der Villa in einem der berühmten Beach Clubs von Saint-Tropez entspannen und auf das Mentaltraining mit dem Saluki vorbereiten, aber David war mit der Begründung, dass er noch ein spezielles Trainingsprogramm ausarbeiten müsse, an der Abzweigung zum Strand aus dem Porsche Cayenne gestiegen und zu Fuß in den Ort zurückspaziert.
Immer wieder musste er an den Saluki Ali Baba denken, der in seinem Käfig auf und ab schlich und die Zähne fletschte, wenn man sich ihm näherte. Den ganzen gestrigen Tag war David im Hundehaus vor dem Käfig auf dem Boden gesessen und hatte versucht, mit dem Saluki mentalen Kontakt aufzunehmen. Doch Ali Baba hatte vollkommen abgeblockt, war nie in die Nähe der Käfigtür gekommen, sondern hatte sich im hinteren Teil seines Käfigs herumgetrieben und sofort eine steife, abwehrende Haltung eingenommen, wenn David sich bewegt hatte. Außer den beiden taubstummen Mädchen, die mit ihren Fächern für Frischluft sorgten, schien der Saluki keine anderen Menschen zu akzeptieren. Um das Vertrauen von Ali Baba zu erringen, wartete auf David noch ein hartes Stück Arbeit, da war er sich sicher.
Während er weiter das bunte Treiben am Hafen beobachtete, signalisierte sein Smartphone eine SMS. „Cousine anrufen!“
David wählte die Kurzwahl und hielt seinen Finger länger als normal üblich auf dem Display.
„Sie sind nicht in den Beach Club gefahren, Stein!“ Es lag nicht ein Hauch von Vorwurf in Robyns neutraler Stimme, trotzdem fühlte sich David ertappt.
„Mir steht nicht der Sinn nach Beach Club und dergleichen“, rechtfertigte er sich deshalb und sah auf das Display, doch dort waren nur Robyns rasierte Schläfen und ihr blonder Haarschopf oben zu sehen.
„Ich schätze Ihre persönlichen Beweggründe, Stein, aber hier handelt es sich um ein logistisches Problem. Schneider hätte Sie im Nikki Beach Club treffen sollen.“ Auf dem Display sah Stein, wie Robyn die Schultern nach vorne schob und noch weiter in ihrem Stuhl nach unten rutschte.
„Oh, das wusste ich nicht!“
„Konnten Sie auch nicht, Stein! Wir haben es Ihnen nicht mitgeteilt. Ich habe deshalb umdisponiert. Er trifft Sie in sechzehn Minuten und fünfunddreißig Sekunden oben in der Altstadt in der Bar Sans Soucis und bringt Ihnen Ihre Augentropfen mit, die Sie in Berlin vergessen haben.“ Auf dem Display hatte es den Eindruck, als würde Robyn zu einem hektischen Rhythmus tanzen, doch David wusste, dass ihre abgehackten, roboterartigen Schulterbewegungen auf ihr rasend schnelles Tippen zurückzuführen waren. „Sollten Sie Schwierigkeiten wegen der Tropfen bekommen, dann können Sie die Apothekenabrechnung online auf Ihrem Konto als Beleg vorweisen. Ich habe das gerade für Sie organisiert.“
„Sie haben mein Bankkonto gehackt?“, fragte David völlig entgeistert.
„Natürlich und die Buchungen gespiegelt und an Ihre Biografie angepasst. Das ist aber reine Routine. Die nächsten vierundzwanzig Stunden haben wir übrigens keinen Satellitenslot, Sie sind also auf sich alleine gestellt. Deshalb keine Extratouren.“ Robyn blickte kurz hoch und David glaubte, ein angedeutetes Lächeln über ihr Gesicht huschen zu sehen. Dann wurde das Display schwarz.
Gedankenverloren strich er mit seinem Daumennagel die dünne Narbe an seiner rechten Augenbraue entlang. Später würde er an diese Handbewegung denken, die von einem intuitiven Warnsystem tief in seinem Gehirn ausgelöst wurde, doch im Augenblick machte er sich auf den Weg zum vereinbarten Treffen mit Schneider.
Die Bar Sans Soucis befand sich am Rande der Altstadt, dort wo es weniger glamourös zuging und sich das wirkliche Leben abspielte. Im Inneren der Bar war es düster und nur die Tische in der Nähe der Fenster waren besetzt. David hatte gerade Pfefferminztee bei dem stark übergewichtigen Patron bestellt, als eine Gestalt
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