Der Hundeflüsterer - Thriller (German Edition)
die Bar Sans Soucis, hatte aber keine Gelegenheit mehr, sich über das Telefonat mit Sonja Gedanken zu machen, denn eine schlanke Frau mit blondem Pagenkopf in einer dünnen weißen Bluse und äußerst kurz abgeschnittenen Jeans bog in die Gasse ein und kam direkt auf ihn zu. Sie war mehr als zwei Köpfe kleiner als David, doch mit ihren Sandaletten klapperte sie sehr selbstbewusst über das Pflaster und sie wirkte extrem durchtrainiert. Unter ihrem rechten Arm klemmte eine zusammengerollte Modezeitschrift, die ihn irritierte, obwohl es dafür keinen offensichtlichen Grund gab.
Unbewusst strich sich David über seine Narbe. Er verlangsamte seine Schritte und plötzlich schoss Adrenalin wie ein Blitzstrahl durch seinen Körper. Ein plötzlicher Windstoß, der die schmale Gasse entlangfegte, blätterte die Zeitschrift ein wenig auf, gerade so viel, dass der Lauf einer Pistole für den Bruchteil einer Sekunde zu erkennen war. Automatisch aktivierten sich Davids Reflexe und ohne zu zögern hechtete er durch die geöffnete Tür in eine Boutique, rollte über den kühlen Marmorboden und war auch schon wieder auf den Beinen. Zwei Frauen kreischten hektisch auf und ein riesiger schwarzer Securitymann rannte auf David zu, um ihn hinauszuwerfen.
In diesem Moment tauchte auch die Frau auf. Ohne eine Spur von Hektik stand sie breitbeinig im Türrahmen, wurde von den schräg einfallenden Sonnenstrahlen angestrahlt wie ein tödlicher Schattenriss und hielt eine großkalibrige Pistole mit Schalldämpfer mit beiden Händen im Anschlag. Ihre dünne weiße Bluse flatterte im Wind und die große schwarze Sonnenbrille hatte sie in ihre blonden Haare geschoben, um besser zielen zu können.
„Attention!“, versuchte David den Securitymann noch zu warnen, der die Frau nicht bemerkt hatte und mit gezogener Pistole direkt in die Schusslinie lief. Es war nur ein trockenes Ploppen zu hören, als die blonde Frau abdrückte und den Securitymann in den Kopf traf. Der wurde nach vorne geschleudert, er krallte sich in seiner Todespanik an den Kleiderpuppen fest, stürzte dann aber doch gegen den gläsernen Verkaufstresen, der unter seinem Gewicht zusammenbrach, und krachte in einem Inferno aus Scherben, Blut und Couturekleidern auf den weißen Marmorboden.
David nützte dieses Chaos, packte die auf dem Boden liegende Pistole des Securitymanns, drehte sich um die eigene Achse und feuerte. Doch die Frau war bereits neben der Tür in Deckung gegangen und schoss jetzt von draußen in die Boutique. Mit einem lauten Knall splitterte das Sicherheitsglas des Schaufensters und winzige Splitter rieselten wie Diamantenstaub auf Abendkleider, Taschen und Schuhe. David konnte sich im letzten Augenblick hinter einer umgestürzten Kleiderpuppe in Sicherheit bringen und das Feuer erwidern. Vorsichtig zog er die Kleiderpuppe als Deckung mit sich, um in den hinteren Teil der Boutique zu gelangen und hörte plötzlich ein leises Stöhnen. Als er hinter den zersplitterten Verkaufstresen robbte, sah er eine Frau auf dem Boden liegen, die langsam den Kopf bewegte und ihn mit panischen Augen anstarrte. Mit beiden Händen umklammerte sie einen langen Glassplitter, der wie ein durchsichtiges Schwert in ihrem Bauch steckte, aus dem in Schüben Blut schoss.
„Sie schaffen das“, flüsterte David, obwohl er wusste, dass der Frau nicht mehr zu helfen war. Trotzdem versuchte er, die lange Glasscherbe aus der blutenden Wunde zu ziehen, doch die Frau stöhnte laut auf und David hielt inne. In diesem Augenblick stand die blonde Frau, lautlos wie ein Todesengel, plötzlich mitten in der Boutique, schoss auf David, traf jedoch die verletzte Frau, als David sich flach auf den Boden warf. Gelenkig wie eine Tänzerin drehte sie sich zur Seite, als David das Feuer erwiderte und seine Schüsse zerfetzten nur die ausgestellten Couturekleider im Showroom.
Aus dem Mund der Frau am Boden sickerte Blut, ihre Augen waren aufgerissen, starrten ins Leere und David wusste, dass sie tot war. David sah eine Glastür bei den Garderoben, die wahrscheinlich ins Freie führte und erkannte eine minimale Chance zur Flucht. Er sprang auf, schoss in den Verkaufsraum und rannte auf die Tür zu, zertrümmerte mit dem Fuß das dünne Glas, sprang durch die Öffnung und landete in einem Hinterhof.
In der Boutique war alles still. Entfernt war das Heulen von Sirenen zu hören, die Polizei war schon auf dem Weg und eine Konfrontation mit den französischen Behörden konnte sich David als Agent nicht
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