Der Hundeflüsterer - Thriller (German Edition)
Sonja überrascht an, schien David völlig vergessen zu haben und so konnte sich dieser von der Seite her mit der Spritze unbemerkt nähern. Sancho jaulte nur einmal kurz auf, als David ihm die Nadel in die Bauchdecke stieß, doch dann entfaltete das Mittel auch schon seine Wirkung und Sancho zuckte nur noch einige Male, dann schlief er seufzend ein.
„Was war das für eine Spritze?“, fragte Sonja, als sie den Käfig abgeschlossen hatten und zurück auf die Terrasse gingen.
„Ein krampflösendes Mittel. Sancho hatte einen Zwerchfellkrampf. Das kann zu einem Atemstillstand führen. Hunde können das Atmen eben nicht so wie wir logisch kontrollieren.“
David verstaute den Arzneikoffer im Wohnzimmer, ging dann in sein winziges Schlafzimmer, blieb vor einem gebleichten Leinenvorhang stehen, den er anstelle einer Schiebetür vor das selbst gezimmerte, weiß getünchte Regal, in dem er seine Kleider verstaute, aufgehängt hatte. Als er den Vorhang zur Seite schob und eine Reisetasche hervorholte, hatte er eine Entscheidung getroffen.
„Was machst du da?“ Sonja war ihm gefolgt und lehnte am Türrahmen, die Hände wie immer in den Taschen ihrer abgeschnittenen Jeans vergraben. Mit ihren langen braunen Beinen und den blonden Zöpfen sah sie unglaublich attraktiv aus, doch das Flackern ihrer Augen wirkte neurotisch.
„Hallo, David Stein! Ich habe dich etwas gefragt!“, rief sie nervös, als sie keine Antwort von David erhielt.
„Ich muss nach Berlin. George hat mir einen Job angeboten“, antwortete David knapp und senkte den Blick. Planlos warf er Sakkos, Jeans und Shirts in seine Reisetasche, spürte, dass die Situation langsam außer Kontrolle geriet.
„Aber du hast doch um zehn einen Termin für ein Hundetraining.“ Nervös zwirbelte Sonja einen ihrer Zöpfe um den Finger. „Und du bist doch jetzt Hundetrainer! Was wird aus Sancho? Und was wird aus uns?“, fragte sie anklagend und David sah, dass ihre klaren Augen immer stärker vor Zorn flackerten. „Ich will nicht, dass du einfach abreist! Es ist doch alles in Ordnung, so wie es ist! Ich besuche dich hier und ab und zu fahren wir an den Strand!“ Sonjas Stimme wurde immer aufgebrachter. „Das hat doch bisher prima funktioniert. Das brauchen wir nicht zu ändern. Und überhaupt, Sancho braucht jetzt uns beide.“
„Ich kann diesen Fotojob nicht ablehnen“, unterbrach sie David. „Verstehst du! Ich kann nicht!“ David ließ die Reisetasche auf den Steinboden fallen und drehte sich jetzt langsam zu Sonja um. „Ich muss nach Berlin! Aber ich komme wieder, dann wird alles anders“, sagte er mit leiser Stimme und glaubte selbst nicht, was er redete. Nichts würde anders werden, alles würde immer so weitergehen. Das kurze Aufleuchten einer Zukunft und der tiefe Absturz in die Vergangenheit.
„Kümmere dich um Sancho! Du kannst natürlich hier wohnen, bis ich wieder zurück bin!“ Er machte eine Pause und fuhr sich mit dem Daumennagel über die Narbe über seinem rechten Auge. Sein Lid zuckte, die Anspannung kehrte zurück. „Ich bin bald wieder zurück, ich verspreche es dir!“
Langsam, so als würde sie einen Geist vor sich sehen, wich Sonja zurück, stützte sich mit beiden Armen an den Wänden des schmalen Flurs ab.
„Aber warum musst du denn weg? Es ist doch schön zwischen uns, so wie es ist! Was ist das überhaupt für ein Fotojob? Ist es wegen einem Model? Ist sie jung?“ Sie wich immer weiter zurück, bis sie mit dem Rücken an die Eingangstür stieß und die plötzliche Erkenntnis ihr Gesicht verzerrte.
„Es ist wegen Jane“, keuchte sie mit einer hasserfüllten Stimme, die er so noch nie von ihr gehört hatte. „Es ist wegen Jane“, stieß sie hervor und atmete schwer. „Gib es zu! Dein sogenannter Freund hat dir etwas mitgeteilt. Ich weiß doch, dass du nach dem Fahrer gesucht hast, der sie damals überfahren hat und verschwunden ist!“ Sonja keuchte immer heftiger und ihre feine Haut war plötzlich mit roten Flecken übersät.
„Immer ist es wegen Jane!“, wiederholte sie kreischend. Wie in Trance tastete sie nach dem kleinen Tischchen, das neben der Eingangstür stand und auf dem verschiedene Schlüssel lagen. „Jane, immer wieder Jane!“ Mit zwei Fingern schob sie die Lade auf, riss sie mit einem plötzlichen Ruck ganz heraus. Briefe, Rechnungen flatterten zu Boden und Fotos. Fotos eines verliebten Paares, das konnte man sofort erkennen. Sonja hob eines der Bilder auf, hielt es David mit ausgestrecktem Arm
Weitere Kostenlose Bücher