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Der Hundeflüsterer - Thriller (German Edition)

Der Hundeflüsterer - Thriller (German Edition)

Titel: Der Hundeflüsterer - Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B.C. Schiller
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entgegen, so als würde sie damit einen bösen Fluch bannen, und klopfte ständig mit dem linken Zeigefinger neurotisch auf das Foto.
    „Hast du geglaubt, ich merke das nicht?“, schrie sie mit überkippender Stimme und ihre Augen füllten sich mit Tränen. „Lüge mich jetzt bloß nicht an! Ich bin kein kleines Mädchen mehr. Ich sehe doch genauso aus wie Jane! Ich bin aber nicht Jane!“
    Hektisch atmend versperrte Sonja die Eingangstür, stieß mit ihren nackten Füßen gegen die auf dem Boden verstreuten Fotos. „Ich bin nicht Jane, ich bin nicht Jane!“, wiederholte sie ständig wie eine hängen gebliebene Schallplatte. „Ich bin nicht Jane! Denn Jane ist tot, David“, flüsterte sie nun kaum hörbar und schlug mit ihrer Faust an die Eingangstür hinter sich. „Jane ist tot! Ich gehöre zu deinem Leben, David Stein! Begreif das doch endlich: Jane ist tot! Aber wir beide leben!“
    Schweigend nahm David seine Reisetasche, widerstand dem Drang, eines der Fotos von Jane aufzuheben und als Erinnerung mitzunehmen. Da Sonja noch immer an der Eingangstür lehnte, ging er zurück ins Wohnzimmer und sah den Fotoapparat auf der Couch liegen. Unschlüssig nahm er ihn hoch, wog ihn kurz in der Hand, legte ihn dann aber wieder zurück auf Sonjas weiße Spitzendecke. Es war egal, ob Sonja sich darüber wundern würde, dass er ohne Fotoapparat verreiste. Alles war egal. Oder doch nicht?
    Ehe er auf die Terrasse trat, warf er noch einmal einen Blick zurück in den vom Sonnenlicht erhellten Flur, wo Sonja noch immer inmitten der Fotos mit geschlossenen Augen an der Tür lehnte, und wünschte sich mehr denn je ein unverwundbares Lächeln. Doch er hörte nur ein wütendes Atmen.
    „Kümmere dich um Sancho, bis ich wieder zurück bin!“

4. Südliche Sahara – Gebiet der Tuareg

    Am Morgen wusste Machmud, dass etwas geschehen war. In seinem durch den vielen Alkohol unruhigen Schlaf war ihm ständig ein weißes Tier erschienen, das mit anmutigen Bewegungen, schneller als der heiße Wüstenwind, über die Dünen fegte, leicht wie eine Feder und ohne den Boden zu berühren.
    Diese Vision ließ ihn auch nicht los, als er sich aus seinen Decken schälte und nach seinem Kamel sah. Machmud gehörte zum Volk der Tuareg, das seit undenklichen Zeiten die Sahara von Norden nach Süden und von Westen nach Osten durchquerte. Staatsgrenzen und die damit verbundenen Passkontrollen waren für sie Vorschriften der ungläubigen Europäer. Ihr Stamm war seit jeher durch die Sahara gezogen und lebte nach seinen eigenen Gesetzen. Gestern hatte Machmud gegen eines dieser Gesetze verstoßen. Er hatte mit dem Spanier Bier getrunken, war dann auf Wodka umgestiegen und irgendwann zu Boden gegangen. Am Morgen war die Oase wie ausgestorben, die Karawane längst weitergezogen, der Spanier verschwunden und Machmud wusste, was er geraubt hatte.
    Langsam und mit schmerzendem Schädel ging er zu einer niedrigen Palme, deren ausgefranste Wedel fast den sandigen Boden berührten. Doch der Palmenkorb, der darunter im Schatten stand, war leer. Machmud ballte die Fäuste und stieß einen stummen Schrei in den rötlich blauen Himmel, auf dem gerade die Sonne aufging. Zitternd vor Wut lief er zu der Palmenhütte, wo der alte Mann, der schon seit jeher in der Oase wohnte, noch vor sich hindöste. Ihm erzählte Machmud aufgeregt von dem Diebstahl.
    „Das ist der Heilige Krieg, mein Sohn“, murmelte der Alte und sein zahnloser Mund wurde zu einem dünnen Strich, der sein zerfurchtes Gesicht horizontal zerteilte. Hinter seiner zerlumpten Bastmatte zog er einen schwarzen, intensiv riechenden Klumpen hervor, von dem er einige Krümel herunterbrach, in eine abgeschlagene Pfeife stopfte. Er zündete sie an und reichte sie Machmud. „M’Hashish hilft dir, Allahs Visionen zu empfangen, und wird dir den Weg zu den Ungläubigen weisen.“
    Entrückt wickelte Machmud ein langes blaues Tuch zu einem Turban um seinen Kopf, betrachtete sein Gesicht mit dem dichten Bart in einer Glasscherbe, während er sich mit schwarzem Kajal die Augen schminkte. Er wählte einen schwarzen Burnus mit den lichtblauen Ornamenten seines Stammes und schlüpfte hinein. Barfuß schritt er dann aus der Oase, stapfte langsam am Kamm einer lang gezogenen Düne hinauf und setzte sich oben mit überkreuzten Beinen in die Sonne.
    Hinter seinen geschlossenen Augen lief immer wieder der Film von letzter Nacht ab und Machmud sah mit Scham die vielen Flaschen nigerianischen Biers und russischen Wodkas,

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