Der Hundertjaehrige der aus dem Fenster stieg und verschwand
Tacos, Enchiladas, Maistortillas und einer Reihe verschiedener Salsas entgegennahm.
»Und was darf es zu trinken sein, Sir?«, fragte der Oberkellner.
»Zwei Flaschen Tequila«, antwortete Allan.
Harry Truman prustete los und fragte, ob Mr. Allan vorhabe, den Vizepräsidenten unter den Tisch zu trinken. Allan antwortete, er habe in den letzten Jahren gelernt, dass die Mexikaner sich auf die Herstellung eines Schnapses verstünden, der fast genauso reinhaue wie der schwedische Klare. Aber der Vizepräsident dürfe selbstverständlich auch gern Milch trinken, wenn ihm das passender vorkam.
»Nein, ich stehe zu meinem Wort«, erklärte Vizepräsident Truman und vervollständigte die Bestellung nur noch um Zitrone und Salz.
Drei Stunden später nannten sich die beiden »Harry« und »Allan«. Immer wieder erstaunlich, was so ein paar Flaschen Tequila für die Völkerfreundschaft tun können. Doch der immer betrunkenere Vizepräsident brauchte eine ganze Weile, bis er begriffen hatte, dass Allan Allans Vorname war. Allan hatte ihm auch schon erzählt, wie es gekommen war, dass zu Hause in Schweden der Großhändler in die Luft flog, und wie er General Franco das Leben gerettet hatte. Der Vizepräsident wiederum amüsierte Allan mit einer Parodie von Präsident Roosevelt, wie er sich aus dem Rollstuhl zu hieven versuchte.
Als die Stimmung auf dem absoluten Höhepunkt war, schlich sich der Einsatzleiter des Secret Service neben den Vizepräsidenten:
»Dürfte ich Sie einmal kurz sprechen, Sir?«
»Sprich du nur«, lallte der Vizepräsident.
»Ich würde Sie lieber unter vier Augen sprechen, Sir.«
»Also, das ist ja unglaublich, was du für eine Ähnlichkeit mit Humphrey Bogart hast! Ist dir das nicht auch aufgefallen, Allan?«
»Sir …«, begann der Einsatzleiter bekümmert.
»Ja verdammt, was willst du denn immer?«, wetterte der Vizepräsident.
»Sir, es geht um Präsident Roosevelt.«
»Was ist denn schon wieder mit dem alten Hammel?«, gackerte Truman.
»Er ist tot, Sir.«
10. KAPITEL
Montag, 9. Mai 2005
Humpen saß schon seit vier Tagen vor dem ICA in Rottne und hielt zum einen Ausschau nach Bolzen, zum andern nach einem Hundertjährigen, einer rothaarigen Alten etwas jüngeren Baujahrs, einem Typen mit Pferdeschwanz, Aussehen weitgehend unbekannt, und einem Mercedes. Sich hierherzusetzen war nicht seine Idee gewesen, sondern die des Chefs. Sein kleiner Bruder, seines Zeichens auch Anführer von The Violence in Braås, hatte ihn angerufen und versichert, dass vor der Ambulanz eines Krankenhauses in Småland mitten in der Nacht ein Hundertjähriger gestanden habe. Diese Nachricht hatte Humpen natürlich sofort nach oben weitergeleitet, woraufhin ihm der Chef befahl, das meistbesuchte Lebensmittelgeschäft zu überwachen. Der Chef hatte sich nämlich ausgerechnet, dass jemand, der mitten in der Nacht durch Rottne spazierte, wohl in der Gegend wohnen musste. Früher oder später werden wir alle hungrig, und dann brauchen wir was zu essen, und wenn die Lebensmittel alle sind, müssen wir losziehen und wieder welche einkaufen. Das hörte sich verdammt logisch an. Der Chef war nicht ohne Grund Chef. Aber wie gesagt, das war mittlerweile vier Tage her, und langsam verließ Humpen der Mut.
So richtig konzentriert war er auch nicht mehr. Deswegen bemerkte er im ersten Moment auch nicht die Rothaarige, die mit einem roten VW Passat anstelle des erwarteten silbernen Mercedes auf den Parkplatz fuhr. Doch da sie so nett war, auf ihrem Weg in den Supermarkt direkt vor Humpens Nase vorbeizuspazieren, konnte er sie gar nicht übersehen. Er konnte zwar nicht ganz sicher sein, dass sie es war, aber ihr Alter und die Haarfarbe deckten sich mit der Zeugenaussage.
Humpen rief den Chef in Stockholm an, der jedoch nicht allzu enthusiastisch reagierte. In erster Linie hatte er ja gehofft, dass Bolzen auftauchte, oder zumindest dieser verdammte Hundertjährige.
Aber egal. Humpen sollte sich das Autokennzeichen aufschreiben und der Rothaarigen diskret folgen. Und hinterher noch einmal Bericht erstatten.
* * * *
Kommissar Aronsson hatte die letzten vier Tage in einem Hotel in Åseda verbracht, mit dem Hintergedanken, dass er so näher am Zentrum des Geschehens war, wenn weitere Zeugenaussagen eingingen.
Aber es ging nichts dergleichen ein, und Aronsson wollte gerade wieder nach Hause fahren, als sich die Kollegen aus Eskilstuna meldeten. Man hatte das Telefon von Never-Again -Ganove Per-Gunnar Gerdin abgehört und war
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