Der Hundertjaehrige Krieg
Stadt Cherbourg, die von einer englischen Garnison verteidigt wurde. Jetzt resignierte Karl und zog sich endgültig nach Navarra zurück, verkaufte zuvor jedoch Cherbourg an die englische Krone, die nun mit Calais, Brest, Cherbourg, Bordeaux und Bayonne an allen wichtigen Punkten der französischen Atlantikküste feste Plätze besaß.
Nun lag es nahe, auch die Bretagne zu gewinnen, doch hier scheiterte Karl V. am Sonderbewußtsein des bretonischen Adels, der seine Autonomie gegenüber der Krone behalten wollte und deshalb Johann von Montfort aus seinem englischen Exil zurückrief. Mit ihm kam der Graf von Buckingham und unternahm im Sommer 1380 von Calais aus einen großen Feldzug an Paris vorbei durch das Loiretal in die Bretagne. Wäre der englische Hof in der Lage gewesen, die Situation zielbewußt zu nutzen, hätte er möglicherweise die Gewinne Karls V. zunichte machen können, denn Frankreich war durch die Kriegshandlungen der letzten Jahre schwer getroffen und geschädigt worden; die laufenden Soldzahlungen hatten das Staatsbudget ständig überfordert und zu immer höheren Abgabenforderungen geführt, die großen Unmut erregten. Friede war nicht in Sicht, als Karl V. am 16. September 1380 im Alter von nur zweiundvierzig Jahren starb.
5. Herzöge und Regentschaften
(1380–1392)
In den letzten Jahrzehnten waren sowohl England als auch Frankreich durch Krieg, Pest und Hungersnöte geschwächt worden. Beide Länder steckten zudem tief in einer Führungskrise voller politischer Spannungen und Unsicherheiten, weil ihre Könige im Kindesalter gekrönt worden waren: Richard II. als Zehnjähriger am 16. Juli 1377 in Westminster, Karl VI. kurz vor Vollendung seines zwölften Lebensjahrs am 4. November 1380 in Reims. Karls natürliche Vormünder waren die Herzöge Ludwig von Anjou, Johann von Berry und Philipp der Kühne von Burgund als Brüder seines Vaters; dazu kam noch der Bruder seiner schon 1378 verstorbenen Mutter, Herzog Ludwig von Bourbon. Als ältester der Onkel Karls VI. beanspruchte Ludwig von Anjou den Vorsitz im Rat, stärkste politische Kraft war jedoch Philipp der Kühne, nicht nur wegen der Größe seines gut verwalteten Herzogtums und der sicheren Anwartschaft auf Flandern, sondern auch aus Tradition: Unter den Pairs von Frankreich kam dem Herzog von Burgund schon seit langem die höchste Würde zu.
Karl V. hatte für den Sohn eine sorgfältige Erziehung vorgesehen und aus dem Kreis seiner Berater die besten Tutoren ausgewählt, aber der künftige König wollte lieber von ritterlichen Abenteuern lesen als die Werke des Aristoteles oder Augustins; er liebte die Jagd und das Leben der adligen Gesellschaft. Die wesentlichen Regierungsgeschäfte und die königliche Finanzverwaltung sollten nach dem Willen Karls V. durch ein Kollegium aus hohen Verwaltungsbeamten und sechs Pariser Bürgern unter der Leitung von Bureau de la Rivière besorgt werden, denn die Brüder des Königs hatten zwar Truppenkommandos erhalten und waren an den großen Entscheidungen beteiligt, von der Zentralverwaltung aber stets ferngehalten worden. Sosollte es auch weiterhin bleiben; doch dieses Regierungsmodell scheiterte schnell am Ehrgeiz und an der Rivalität der Herzöge, die sich schon wenige Wochen nach der Krönung Karls VI. darauf verständigten, daß ein zwölfköpfiger Rat unter ihrer gemeinsamen Präsidentschaft den König vertreten sollte, wobei Ludwig von Anjou ein eher repräsentativer als faktisch wirksamer Vorsitz zugedacht war und Johann von Berry alsbald freiwillig ausschied, um sich ganz seiner Herrschaft in Berry, Poitou, Auvergne und Languedoc zu widmen. Jeder der Herzöge wollte seine besonderen Ziele und Vorhaben aus dem Staatsschatz bezahlen und verlangte deshalb beträchtliche Steueranteile oder veranlaßte selbst Ausschreibungen neuer Abgaben. Als Ludwig von Anjou 1382 nach Italien ging, um die Krone des Königreichs Neapel-Sizilien zu erwerben, nahm er das Geld für die dabei eingesetzten Truppen und für die diplomatischen Bestechungsgelder aus dem Vermögen der Krone. Ludwigs Nachfolge als Präsident des Regentschaftsrates trat Philipp der Kühne von Burgund an und regierte Frankreich im Namen Karls VI. bis 1388, als der König im Alter von zwanzig Jahren selbst die Herrschaft übernahm. Bis dahin finanzierte Philipp den Aufstieg seines Herzogtums zur mittleren Territorialmacht im Königreich aus dessen Haushalt.
Unter diesen Voraussetzungen hing die Einheit des Landes im
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