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Der Hundertjaehrige Krieg

Der Hundertjaehrige Krieg

Titel: Der Hundertjaehrige Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Ehlers
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wesentlichen vom weiteren Funktionieren der königlichen Zentralbehörden ab, unter denen das Pariser Parlement als oberster Gerichtshof der Monarchie besonders wichtig war. Es bestand aus gelehrten Juristen, die der König stets selbst ernannt hatte, und verfügte seit 1345 über eigene Amtsräume im Palast auf der Île de la Cité. Das Monopol des Parlements auf die höchste Gerichtsbarkeit war harter Kern der monarchischen Souveränität, um die sich Rechtsgelehrte, Theologen und Philosophen größere Verdienste erworben haben als Heerführer. Mit großer Autorität arbeitete das Parlement als selbstbewußte Korporation, in der Professionalität mehr galt als adlige Herkunft.
    In England lagen die Dinge nicht weniger kompliziert, zumal Eduard III. allem Anschein nach keine konkrete Verfügung über eine Regentschaft hinterlassen hatte. Deshalb nahmen sichnacheinander mehrere Kreise von großen adligen Herren, Bischöfen, Rittern und Klerikern der Regierung an. Von vornherein bestimmte Unzufriedenheit das Bild und wurde allmählich zum politischen Faktor, denn Johann von Gent, Herzog von Lancaster und ältester der noch lebenden Söhne Eduards III., litt unter der Zurücksetzung gegenüber seinem jugendlichen Neffen Richard II., und unzufrieden war auch Johanns Sohn Heinrich Bolingbroke, Graf von Derby, weil sein Vater nicht König und er selbst deshalb nicht Thronfolger geworden war. Allmählich breiteten sich im ganzen Land Enttäuschung und Mißstimmung aus, weil die Geschäftsführung der Regenten alte Übel nicht beseitigte. Vieles entschied Johann von Gent gemeinsam mit seinen Brüdern Edmund Graf von Cambridge, später Herzog von York, und Thomas Graf von Buckingham, später Herzog von Gloucester; aber auch Ritter aus dem Gefolge des Schwarzen Prinzen hatten als Vertreter seiner Witwe Johanna von Kent großen Einfluß. In erster Linie mußten sich diese Räte mit dem Problem der englischen Repräsentanz in Frankreich befassen, die im wesentlichen von der Kontrolle über die festen Plätze Calais, Cherbourg, Brest im Norden und Bordeaux in Aquitanien abhing. Brest gehörte zum Herrschaftsbereich Herzog Johanns von Bretagne, auf dessen Loyalität gegenüber der englischen Krone sich niemand fest verlassen konnte, und in jedem Falle war die Behauptung der Positionen auf dem Kontinent teuer. Erfolgreiche Feldzüge der Heerführer Karls V. hatten zu englischen Niederlagen geführt, den Krieg nach Flandern und Kastilien getragen, die Schotten zu Angriffen ermuntert; ein tragfähiges und militärisch wirksames Bündnis mit dem Römischen Reich kam nicht zustande, obwohl man Richard II. mit Anna von Böhmen verheiratet hatte, der Tochter Kaiser Karls IV. und Schwester König Wenzels.
    Ständig mußten die Regentschaftsräte zwischen den Großen des Reiches vermitteln und mit solcher Konsensbildung eine der wichtigsten Funktionen des Königs wahrnehmen. Diese Aufgabe wurde ihnen durch eine Strukturkrise erschwert, die zwar ganz Europa erfaßte und den Hanseraum ebenso betraf wie Süddeutschland und Oberitalien, England und Frankreich, aberjeweils regionstypische Ursachen und Verlaufsformen zeigte, die entsprechend besondere Maßnahmen verlangten. Weil die Bevölkerungszahl seit der ersten Pestwelle von 1348 überall rückläufig war, stieg die Nachfrage nach Arbeitskräften und damit der Anteil der Lohnkosten am Preis der Produkte; Grundherren wollten diese Kosten niedrig halten und versuchten deshalb, geschuldete Leistungen mit Gewalt zu erzwingen, während in der Stadt das Mißverhältnis zwischen vorhandener Arbeit und fehlenden Arbeitskräften schnell zu aggressiv vorgetragenen Lohnforderungen führte. Eine revolutionäre Stimmung verbreitete sich über große Teile Europas, aber sie war disparat und entlud sich hier spontan, dort erst nach gründlicher Vorbereitung, entband utopische Ziele ebenso wie den begrenzten Willen zum Beheben lokaler Mißstände, war überall abhängig von Personen und lokalen Anlässen.
    Die ersten städtischen Revolten gab es 1378 im Languedoc, nahezu gleichzeitig mit dem großen Aufstand der Ciompi, der einfachen Lohnarbeiter, in Florenz; im folgenden Jahr regten sich die flandrischen Städte und nach ihrem Vorbild die Kommunen Nordfrankreichs, auch England blieb nicht verschont. Angesichts übermäßiger finanzieller Lasten für den Kampf um mittlerweile verlorene Positionen auf dem Kontinent munkelte man in der Bevölkerung von Verrätern im Kreis der Führungskräfte. Das war

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