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Der Hundertjaehrige Krieg

Der Hundertjaehrige Krieg

Titel: Der Hundertjaehrige Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Ehlers
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wäre von ihm an den englischen Gegner und den schismatischen Papst verraten und vieler Gelder beraubt worden. Am nächsten Tag unterzeichnete Karl VI. den Gnadenbrief für Johann Ohnefurcht, mit dem der Herzog als vorläufiger Sieger aus dem Machtkampf hervorging, die beherrschende Stelle am Hof in der Nachfolge seines Vaters wieder einnehmen und für die nächsten drei Jahre in Paris residierenkonnte. Während dieser Zeit stellte er sich mit Unterstützung der mächtigen Handwerkerkorporationen und der Universität als Staatsreformer dar, der die Korruption bekämpfen wollte, unter diesem Vorwand jedoch alle Anhänger des Hauses Orléans aus Regierung und Verwaltung drängte.
    Inzwischen führte Karl von Orléans, der Sohn des ermordeten Herzogs, einen wirksamen publizistischen Feldzug gegen die burgundische Interpretation der Vorgänge und stützte sich dabei auf Rechtsgutachten. Er vereinte die Herzöge von Bourbon, Berry und Bretagne, die Grafen von Clermont und Alençon in einer Koalition, deren Führung sein Schwiegervater übernahm, Graf Bernhard von Armagnac; diese neu gegen die
Bourguignons
formierte Bürgerkriegspartei erhielt deshalb bald den Namen
Armagnacs.
Am 15. April 1411 kamen sie auf Schloß Gien an der Loire zusammen und beschlossen, eine Armee gegen Burgund aufzustellen und sich um die Neutralität des englischen Hofes zu bemühen. Obwohl das fehlschlug und nicht sie die Militärhilfe aus England erhielten, sondern Johann Ohnefurcht, begannen die Armagnacs im Sommer zwei Feldzüge, mit denen sie sowohl Paris erobern als auch Artois und Flandern angreifen wollten. Weil diese Ziele nicht gleichzeitig zu erreichen waren, scheiterte das ganze Unternehmen und der Schaden wurde durch einen Vertrag noch größer, den die Armagnacs 1412 in Bourges mit Heinrich IV. schlossen, denn nun galten sie als Verräter, da der Herzog von Clarence, zweiter Sohn Heinrichs IV., bald darauf von Cherbourg aus völlig ungehindert durch das Königreich Frankreich bis nach Bordeaux zog. Schon im August des Vorjahres hatte der König die Armagnacs ächten lassen, und anschließend exkommunizierte sie der Bischof von Paris. Um ihre Anhänger in der Hauptstadt einzuschüchtern und zu schwächen, förderte der Herzog von Burgund einen Aufstand, der unter Führung des Abdeckers Simon, genannt
Caboche,
am 28. April 1413 ausbrach und die Durchsetzung der Reformversprechen Johanns Ohnefurcht verlangte. Schon vier Wochen später erging im Namen des Königs eine von Universitätsgelehrten entworfene Verordnung, die
Ordonnance Cabochienne,
deren 258 Artikel ebenso präzis wie weltfremdfast alle Aspekte von Regierung und Verwaltung neu regelten.
    Am Ende bewirkte der Aufstand freilich das Gegenteil dessen, was der Herzog von Burgund im Sinn gehabt hatte, denn angesichts der Schreckensherrschaft auf den Straßen taten sich Universität, Bürgerschaft und die Anhänger der Armagnacs zusammen und zwangen Johann Ohnefurcht, die Stadt am 23. August 1413 zu verlassen. Paris fiel an die Armagnacs, die sich erfolgreich um das Parlement und um die Universität bemühten, aber die Ordonnance Cabochienne sofort aufhoben, alle Parteigänger Johanns Ohnefurcht aus ihren Ämtern trieben und eine große Verfolgungswelle über die Bourguignons in der Stadt rollen ließen. Der Bürgerkrieg zeigte sein Schreckenspotential, und bis Ende 1413 hatte der Herzog von Burgund seine einst übermächtige Stellung in Frankreich nahezu verloren. Ein zweiter Flandernfeldzug der Armagnacs scheiterte allerdings vor Arras, und daraufhin intensivierten sich die anglo-burgundischen Beziehungen.
    Am 20. März 1413 war Heinrich IV. gestorben und hatte die englische Krone seinem fünfundzwanzigjährigen Sohn Heinrich V. hinterlassen. Militärisch und politisch seit zehn Jahren erfahren, in Beratungen distanziert kalkulierend, als Truppenführer charismatisch, verfolgte der neue König von Anfang an das Ziel, die noch labile Position des Hauses Lancaster, das ja durch einen Staatsstreich an die Macht gekommen war, mit Erfolgen im Krieg auf dem Kontinent zu bessern: Revision des Friedens von Brétigny, Rückgewinnung der einst von Philipp II. eroberten angevinischen Gebiete und damit Wiederherstellung des Reiches Heinrichs II., Durchsetzung des seit 1328 erhobenen Anspruchs auf die Krone Frankreichs. Deshalb betonte Heinrich V., daß er ein Konkurrent des Hauses Valois sei, nicht aber ein Feind seiner künftigen Untertanen; ein Verteidiger des Rechts und des

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