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Der Hundertjaehrige Krieg

Der Hundertjaehrige Krieg

Titel: Der Hundertjaehrige Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Ehlers
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und Meinungsverschiedenheiten schwer erschütterte Hof von Bourges aufgeben wollte und schon nach einem Exil suchte. In dieser Lage wurde Karl VII. ein junges Mädchen zugeführt, das ihm nicht nur die Befreiung von Orléans versprach, sondern auch die Krönung zum König von Frankreich am rechten Ort, in Reims.
    Jeanne d’Arc, Tochter eines lothringischen Bauern, war damals etwa achtzehn Jahre alt. Ihr Heimatdorf Domrémy lag im Grenzgebiet der Herzogtümer Bar und Lothringen, im heutigen Département Vosges, und gehörte zum Burgbezirk Vaucouleurs, den Robert de Baudricourt für Karl VII. verwaltete. Erst 1428 machte die Gegend mit dem Krieg Bekanntschaft, als anglo-burgundische Truppen sie heimsuchten, und im Mai desselben Jahres sprach Jeanne erstmals von ihrem Auftrag. Schon seit ihrem dreizehnten Lebensjahr, so gab sie später zu Protokoll, habe sie regelmäßig Stimmen gehört, und auf drängendes Befragen nannte sie die heiligen Katharina und Margaretha sowie den Erzengel Michael als Übermittler der göttlichen Botschaft, daß sie auserwählt sei, die Engländer aus Frankreich zu vertreiben und den König zur Krönung zu führen. Im Februar 1429 brachtenzwei Ritter aus Vaucouleurs im Auftrag Baudricourts die von ihren Auditionen geleitete junge Frau an den Hof Karls VII. auf die Burg von Chinon an der Vienne.
    Obwohl an den Höfen der Großen damals immer wieder charismatisch begabte Frauen auftraten, die in der Not des Krieges Hilfe versprachen, bleibt doch die Frage, wie das Bauernmädchen vom äußersten Rand des Reiches bis zum Hof Karls VII. vordringen konnte. Ohne vorbereitende persönliche Beziehungen wäre das kaum möglich gewesen, und hier weist manches auf Vermittlung durch das Haus Anjou. Zu Anfang des Jahres 1429 nämlich hatte der schwererkrankte Herzog Karl von Lothringen, Schwiegervater Renés von Anjou, von der übernatürlichen Begabung Jeannes gehört und sie zu sich nach Nancy holen lassen, allerdings nur moralische Belehrungen von ihr bekommen. Der Empfang am lothringischen Hof steigerte jedoch das Ansehen der Jungfrau, über die mittlerweile in der ganzen Region gesprochen wurde, so daß Baudricourt sie vom Ortspfarrer exorzisieren ließ, um die Güte ihrer Auditionen festzustellen. Als sich zeigte, daß sie nicht von Dämonen besessen war, ließ er sie ziehen, und in Chinon wurde sie nicht abgewiesen, doch mehreren Prüfungen unterzogen.
    Für die Zeitgenossen waren Wunder Realitäten, aber ihr Ursprung mußte nicht immer gut sein. Niemals durfte jemand behaupten können, der König von Frankreich verdanke militärische Erfolge, denen immer auch die Qualität des Gottesurteils zukam, einer vom Teufel besessenen Hexe. Doch selbst dann, wenn böse Mächte ausgeschlossen waren, hatte die Kirche mit Charismatikern ihre Schwierigkeiten, denn wer direkten Kontakt zu Heiligen und Engeln hatte, brauchte die Vermittlung der Heilsanstalt nicht mehr und wußte das meist auch. Diese Selbstgewißheit wiederum galt als
superbia,
die Todsünde des Hochmuts, und das sollte im Prozeß gegen Jeanne d’Arc noch Bedeutung erlangen. Deshalb wurde das Mädchen von einer Theologenkommission eingehend befragt und für rechtgläubig befunden; anschließend verschafften sich Damen des Hofes unter Leitung Yolandes von Aragón Gewißheit, daß Jeanne kein verkleideter junger Mann, sondern eine intakte Jungfrau warund schon deshalb keinen Umgang mit dem Teufel gehabt haben konnte. Nun brauchte man nur noch das letzte Beweisstück für ihre göttliche Sendung: Die Aufhebung der Belagerung von Orléans.
    Am 22. März 1429 diktierte Jeanne d’Arc in Poitiers einen Brief an die Engländer, mit dem sie Heinrich VI., den Herzog von Bedford sowie die Kommandeure Suffolk, Talbot und Scales aufforderte, sich ihr, der gottgesandten Jungfrau, zu ergeben, ihr die Schlüssel aller besetzten französischen Städte auszuliefern und nach England zurückzukehren. Dann könne sie als Vertreterin des wahren königlichen Geblüts Frieden versprechen, im anderen Fall aber werde sie als Feldherr auftreten und jeden umkommen lassen, der Widerstand zu leisten wage. Im folgenden weitete sich der Brief zum Manifest eines gerechten und deshalb totalen Krieges aus, zur Verkündung eines Maximalprogramms, mit dem die Jungfrau den Hof Karls VII. überzeugt hatte, weil es dessen eigenen Zielen und Vorstellungen entsprach: Karl sei durch Gottes Willen der wahre Erbe des französischen Königreiches und werde mit großem Gefolge in

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