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Der Hundertjaehrige Krieg

Der Hundertjaehrige Krieg

Titel: Der Hundertjaehrige Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Ehlers
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eine Niederlage und fiel in der Schlacht, so daß der französische Thronfolger an der Spitze einer beachtlichen Armee gegen Paris ziehen konnte. Heinrich kam nun selbst nach Frankreich zurück, um den verlorenen Boden wiedergutzumachen, erkrankte jedoch in der Phase erster Erfolge an der Ruhr und starb am 31. August 1422 in Vincennes bei Paris. Nur wenige Wochen später, am 21. Oktober 1422, starb auch Karl VI., so daß im Vollzug des Vertrages von Troyes der am
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Dezember 1421 geborene und also kaum elf Monate alte Heinrich VI., als Erbe seines Vaters schon König von England, nun auch König von Frankreich wurde. Seine Vertretung übernahmen Brüder Heinrichs V., die Herzöge Humphrey von Gloucester als Regent in England, in Frankreich Johann von Bedford. Gleichzeitig riefen die Armagnacs den französischen Thronfolger als Karl VII. zum König aus. Wie die Christenheit zwei Päpste, so hatte Frankreich jetzt zwei Könige.
    Deshalb setzte konsequentes Realisieren der in Troyes eröffneten politischen Möglichkeiten die Vernichtung Karls VII. voraus, was England auf die Dauer mehr kostete, als es leisten wollte, so daß die Doppelmonarchie zur innenpolitischen Belastungwurde. Rasch entstand ein drückendes Defizit, weil die in Frankreich erwirtschafteten Steuern dort auch verbraucht wurden, während die militärische Sicherung der Position auf dem Kontinent vom englischen Staatshaushalt getragen werden mußte. Das Parlament erwartete jedoch, daß die Lancaster-Herrschaft in Frankreich aus dem Lande selbst finanziert würde und bewilligte zwischen 1422 und 1429 keine Zuschüsse mehr. Auch der Herzog von Burgund sah den Vertrag von Troyes mittlerweile kritisch. Er hatte zwar die wesentlichen Pariser Regierungs- und Verwaltungspositionen mit seinen Leuten besetzen können, die wichtigen Entscheidungen fielen jedoch am englischen Hof. Johann von Bedford warb hingegen hartnäckig um Philipp den Guten, weil er dessen Unterstützung für seine Regentschaft in Frankreich brauchte, und bemühte sich erfolgreich um zwei wichtige Eheverbindungen mit dem Haus Burgund. Er selbst heiratete Philipps Schwester Anna und bewog den Herzog dazu, eine weitere seiner Schwestern, Margarethe, dem Grafen Arthur von Richemont zur Frau zu geben, einem Bruder Herzog Johanns VI. von Bretagne. Alsbald bewährten sich diese Bündnisse, denn anglo-burgundische Armeen siegten am 30. Juli 1423 bei Cravant südöstlich von Auxerre und am 17. August 1424 bei Verneuil-sur-Avre in der Normandie.
    Inzwischen aber, und das hatten die Erfinder des Vertrages von Troyes nicht vorausgesehen, begann sich langsam eine wirkliche Gegenmacht zu formieren. Der burgundische Historiograph Georges Chastellain hat über den am 22. Februar 1403 als elftes Kind Karls VI. und der Königin Isabeau geborenen Karl VII. gesagt, daß seine Regierung aus elenden Anfängen zu einem glorreichen Ende gekommen sei, und tatsächlich war die in Troyes unter Mitwirkung seiner Mutter beschlossene Entrechtung nur der Höhepunkt in einer langen Folge böser Erfahrungen, die Karl auch künftig noch machen sollte. Unter dieser Last entwickelte sich eine schwierige Persönlichkeit, die von den Zeitgenossen ebenso wie von der Nachwelt stets kontrovers beurteilt worden ist. Sein Leben lang hielt Karl VII. mißtrauische Distanz zu Menschen und hatte auch, in der frühen Zeit besonders, guten Grund zur Vorsicht. Durch seinen Anspruch auf dieKrone Frankreichs war er legitimer Bezugspunkt aller Opponenten gegen die Herrschaft der anglo-burgundischen Usurpatoren, so daß ihn seine Umgebung, gewarnt durch die Attentate auf Ludwig von Orléans und Johann Ohnefurcht, sorgsam abschirmte. An Karls Hof in Bourges sammelten sich alle, die durch Bedford und die Bourguignons verdrängt worden waren und nun hofften, mit dem kommenden König von Frankreich ihr Glück zu machen: eine heterogene Gesellschaft, verbunden mehr durch eigene Interessen als durch selbstlose Loyalität. Gute Kenntnis der dichten Geflechte persönlicher Beziehungen läßt deshalb nicht nur die politischen Handlungsabläufe besser verstehen, sondern vielfach auch ihre Motive erkennen.
    Im April 1422 heiratete Karl VII. Maria von Anjou, mit der er seit 1413 verlobt gewesen war, und besiegelte damit ein lange bestehendes Schutzbündnis, dem er seine politische Existenz, wahrscheinlich sogar sein physisches Überleben verdankte. Maria war die Tochter Herzog Ludwigs II. von Anjou, König von Neapel-Sizilien, und

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