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Der Hypnosearzt

Der Hypnosearzt

Titel: Der Hypnosearzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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dazu? Und woher weißt du das, Maria? Woher? Kennst du solche Vorfälle? Hast du davon gehört?«
    »Laß mich los.« Ihre Stimme blieb ruhig, die Augen schienen im Mondschein größer als zuvor.
    »Du tust mir weh. Ich ahnte es, schon immer. Und da gab es eine ganze Reihe von Dingen …«
    »Erzähl mir davon.«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Es waren also Dinge, an die du nicht weiter denken wolltest. Ist es das?«
    »Ja.«
    Sie stemmte beide Hände gegen Stefans Brust und schob ihn zurück. Sie löste sich von der Mauer, wandte sich nach rechts und ging die Gasse hinunter. Er hörte ihre Absätze auf den runden, schwarz glänzenden Steinen klappern. Er folgte ihr wie betäubt, nicht weit, denn nach sechs, sieben Schritten blieb Maria stehen und sah ihn an, das Gesicht weiß im Mondschein.
    »Thomas«, sagte sie leise. »Er hat viele wunderbare Eigenschaften, und ich war … war zu schwach. Oder zu egoistisch. Deshalb war es so. Deshalb wollte ich nichts wissen.«
    »Von was wolltest du nichts wissen, Maria?«
    Sie holte tief Atem. »Daß er ein Monster ist, Stefan – ein Monster.«
    Sie sahen sich an. Sie hatten beide die gleichen weit geöffneten Augen und beide den gleichen Ausdruck im Gesicht. Und sie konnten nicht anders, als sich in die Arme zu schließen.
    Er hatte die Nummer angerufen, die Régine ihm gestern in der Höhle gegeben hatte, und sie hatte auch sofort zugesagt, sich mit Stefan zu treffen. Dies war nicht das Problem gewesen, das Problem war der Treffpunkt. Offensichtlich hatte sie Angst, mit ihm zusammen gesehen zu werden; Angst schien ihr ganzes Leben zu diktieren, die Angst vor einer ebenso übermächtigen wie unsichtbaren, aber stets gewaltbereiten Organisation.
    Doch sie kannte die Straße nach Ramatuelle, auch die Abzweigung nach Le Castelet , und so hatte sie ihm eine Bushaltestelle beschrieben, die oben an der Straße lag. Aus Vorsicht hatte sie sogar auf den Wagen verzichtet; niemand sollte ihr folgen.
    Es war vier Uhr nachmittags, als auf der Straße eine ziemlich schwere, von Rost zerfressene Vespa auf Bergmann zurollte: Régine. Sie stieg ab und gab ihm die Hand.
    »Und jetzt?« fragte er.
    Sie lächelte. Die beiden Grübchen in ihren Mundwinkeln, die ihm seit der Sekunde, in der er in der Höhle erwacht war, in Erinnerung geblieben waren, hatten sich wieder gebildet. Sie deutete auf den Vespa-Sattel.
    »Bitte. Steigen Sie auf.«
    Sie fuhren los. Régine schien die Gegend zu kennen. Nach einem weiteren Kilometer in Richtung Ramatuelle, kurz vor einem Pinienwald, bog sie auf einen Feldweg ab, und Bergmann mußte sich an ihrer Taille festhalten, um bei all den Schlaglöchern nicht aus dem Sattel geworfen zu werden. Régine hielt vor einem alten, aus Bruchsteinmauern zusammengefügten Schafstall. Er war mit einem Vorhangschloß gesichert. Sie holte einen Schlüssel heraus und schloß auf. »Hier war ich oft als Kind«, sagte sie. »Der Stall gehört meiner Tante. Sie hat nach Ramatuelle geheiratet.«
    Der Stall war leer, der mit Häcksel bestreute Boden verbreitete den intensiven Geruch der Schafe.
    Régine trat ein, verschloß hinter Stefan die Tür, stülpte einen Blecheimer um, setzte sich darauf und wies auf die kleine Steinbank, die ein Stück an der Wand entlanglief.
    Sie sah Bergmann an, still und erwartungsvoll.
    »Ich hätte nicht gedacht, daß Sie kommen würden, Régine«, begann er.
    Sie ging nicht darauf ein. »Tut der Kopf noch weh?«
    »Nein. Das ist vorbei.«
    »Gott sei Dank! Es war schlimm, ich weiß …«
    »Und jetzt bin ich ziemlich froh um die Beule. Und darum, daß Sie Vertrauen zu mir haben.«
    »Oh, das haben wir uns schon überlegt. Wir haben darüber gesprochen.«
    »Wir? – Wer?«
    »Das tut nichts zur Sache … Entschuldigen Sie«, setzte sie hastig hinzu.
    »Régine«, sagte er, »ich habe mit all diesen schrecklichen Dingen nichts zu tun. Und die Sache mit der Klinik – gut, es war ein Angebot, und es hat mich beeindruckt, aber ich werde es nicht annehmen. Das Ganze gefällt mir nicht.«
    Sie schwieg und beobachtete ihn weiter.
    »Ihr Freund«, fragte er. »Was ist mit ihm? Warum hat er mich wie ein Wilder überfallen? Und seine Sprachschwierigkeiten, hatte er sie schon immer?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein. Das gehört auch dazu.«
    »Zu was?«
    Sie benötigte nur kurze Zeit und knappe Worte, und Stefan wußte Bescheid. Er hatte einen Teil der Informationen ja schon erhalten – von Lindner, gleich am Tag seiner ersten Ankunft in der Villa Wilkinson.

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