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Der Hypnosearzt

Der Hypnosearzt

Titel: Der Hypnosearzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Mein Name ist Mousson. Ich bin Architekt.«
    Mousson? Natürlich, der Architektenstempel auf den Plänen, die Lindner ihm nach Burgach gesandt hatte! › Architecte Walter Mousson …‹
    »Herr Lindner liegt mir schon seit Wochen in den Ohren, mit Ihnen Kontakt aufzunehmen. Und nun sind Sie da. Welches Vergnügen, Monsieur le Docteur !«
    Stefan hatte Mousson auf einen anderen Tag vertröstet und war zum Col hochgefahren. Der Bau interessierte ihn an diesem Tag recht wenig, seine Überlegungen kreisten um Lindner.
    Stefan sah auf seine Armbanduhr: fünf Uhr, ziemlich genau.
    Thomas Lindner würde, mußte jetzt aufstehen. Die innere Uhr folgte mit überraschender Genauigkeit den Befehlen, die in Hypnose in das Unterbewußtsein versenkt werden. Er würde also aufstehen, auf die Terrasse hinausgehen und sich fühlen wie ein ›junger Hund‹ …
    Vielleicht steigt er in seinen Hubschrauber, dachte Stefan, dreht aus lauter Spaß Kurven oder läßt sich von Paco durch die Gegend fliegen? Uninteressant. Nur eines ist jetzt wichtig: Was steckt hinter Lindner?
    Es war zwar ermüdend, sich ständig Gedanken um einen Menschen namens Lindner zu machen, mehr noch, es ging auf den Nerv, doch was Maria ihm erzählt hatte und was Stefan selbst wußte, fügte sich zwangsläufig zu einem Bild, das ihn so zu belasten begann, daß er es fast vehement ablehnte. Und wie auch nicht? Bergmann hatte den Schnitt in Burgach vollzogen; er saß hier, dort drüben wuchs seine Klinik aus dem Boden und mit ihr seine Zukunft – und der Mann, der all das ermöglichte und ihm nichts als Freundschaft bewiesen hatte, begann sich als schwerer pathologischer Fall zu erweisen, als einer, der hinter der strahlenden Siegerfassade eine tiefe seelische Krankheit verbarg.
    Schieß nicht übers Ziel hinaus, Alter, meldete sich in Stefan eine Warnung. Tat er es? Hoffentlich! Nur daß er an diese Hoffnung nicht zu glauben vermochte, und daher war Klarheit jetzt wichtig, lebenswichtig.
    Stefan Bergmann stand auf und ging langsam den Hang hinauf. Er würde Klarheit erhalten.
    Und bald!
    Er hatte sich den Weg dazu eröffnet, er konnte erfahren, welcher Mensch sich in Wirklichkeit hinter Thomas Lindner verbarg.
    Der erste Schritt war gemacht: Stefan hatte ihm nur einen einzigen posthypnotischen Befehl gegeben, nämlich den, sich nach dem Erwachen wundervoll, schmerzfrei und im Besitz seiner Kräfte zu fühlen.
    Um eine Migräne jedoch wirksam zu bekämpfen, wäre es notwendig gewesen, mehrere Anweisungen so in Lindner zu verankern, daß sie sich, ihm selbst unbewußt, in der nächsten Zeit ständig wiederholten.
    Darauf hatte Bergmann verzichtet. Und das bedeutete nichts anderes, als daß Lindner die nächste Attacke bevorstand. Das würde nicht lange dauern – zwei, drei, vier Tage … Es konnte vom Streß, mochte sogar vom Wetter abhängen, doch der Anfall würde kommen.
    Und noch etwas: Bergmann hatte sich mit seiner ersten Trance-Induktion bereits den Weg in die tieferen Schichten von Lindners Persönlichkeitsstruktur gebahnt; er war sicher, auf keinen Widerstand zu stoßen, wenn es darum ging, Fakten und Erklärungen aufzuspüren.
    Hinter den Blättern der Bäume, die an der einen Seite des schmalen Pfades wuchsen, konnte Stefan nun Marias Sportwagen erkennen. Der weiße Lack leuchtete aus dem staubigen Grün. Bergmann ging schneller, freute sich auf den Wagen, freute sich auf die Rückkehr nach Le Castelet , die für ihn bereits zu einer Art Heimfahrt geworden war.
    Er kam nicht weit.
    Was in den nächsten Sekunden geschah, blieb Bergmann auch anschließend unklar … Er schrie auf vor Überraschung: Ein Schlag hatte seine Kniekehlen getroffen. Er taumelte, dachte an einen Baumast, irgend etwas, das sich gelöst hatte, aber da kam der nächste Schlag, traf seitlich seinen rechten Kiefer und schickte Stefan endgültig zu Boden. Er versuchte sich aufzurichten; ein neuer Schlag, diesmal gegen die Schulter, schleuderte ihn auf den Rücken, und dann spürte Stefan zwei Hände an den Seiten seines Halses, magere, harte, knochige Hände, die ihm die Luft abschnürten.
    Er versuchte zu schreien, doch er brachte nicht einmal ein Röcheln heraus, er glaubte zu ersticken. Sein Kehlkopf war nichts als eine einzige stechende Feuerspirale. Aus dem Schatten über ihm aber wurde ein Gesicht: das Gesicht eines mageren, unrasierten Jungen. In den hellen Augen loderte Haß.
    Stefan ertrug es nicht. Vielleicht daß alles zu Ende war, aber er wollte dieses Gesicht nicht sehen.

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