Der Hypnotiseur - Kepler, L: Hypnotiseur - Hypnotisören
begegnete meinem Blick mit überheblicher Miene.
»Ich habe furchtbare Dinge getan«, sagte er, kratzte sich am Hals und rutschte unruhig hin und her.
»Du wurdest dazu gezwungen.«
Marek breitete die Hände aus.
»Aber irgendwie bin ich auch so durchgeknallt«, sagte er, »dass ich mich zurücksehne.«
»Das tust du?«
»Verdammter Mist«, schluchzte er. »Ich quatsche doch nur rum, ich weiß es nicht, ich weiß nichts.«
»Ich glaube, dass du dich an jedes Detail erinnerst«, schaltete sich Lydia mit einem sanften Lächeln in das Gespräch ein. »Warum willst uns nichts erzählen?«
»Halt’s Maul«, schrie Marek, ging zu ihr und hob die Hand.
»Setz dich«, rief ich.
»Marek, du schreist mich gefälligst nicht an«, erklärte Lydia ruhig.
Er begegnete ihrem Blick und blieb stehen.
»Entschuldige«, sagte er unsicher lächelnd, strich sich zweimal mit der Hand über den Scheitel und setzte sich wieder.
In der Pause stand ich mit einer Kaffeetasse in der Hand am offenen Fenster und schaute hinaus. Es war ein trüber Tag, Regenwolken hingen schwer am Himmel. Der Wind war kalt und trug schwachen Laubgeruch herein. Meine Patienten setzten sich wieder.
Eva Blau war ganz in Blau gekleidet, hatte blauen Lippenstift aufgetragen und ihre Augen mit blauem Mascara geschminkt. Sie wirkte wie üblich unruhig, legte sich ihre Strickjacke um die Schultern, zog sie aus und wiederholte das Ganze immer und immer wieder.
Lydia unterhielt sich mit Pierre, der ihr zuhörte, während sich seine Augen und sein Mund in schmerzhaften, sich wiederholenden Tics zusammenzogen.
Marek hatte mir den Rücken zugekehrt. Seine Bodybuildermuskeln zuckten, als er in seinem Rucksack nach etwas suchte.
Ich stand auf und winkte Sibel herein, die ihre Zigarette augenblicklich an ihrem Schuh löschte und wieder in die Schachtel zurücksteckte.
»Wir machen weiter«, sagte ich und dachte, dass ich es noch einmal mit Eva Blau versuchen würde.
Eva Blaus Gesicht war angespannt, und um ihren Mund, die blau geschminkten Lippen, spielte ein spöttisches Lächeln. Ich nahm mich vor ihrer manipulativen Gefügigkeit in Acht. Sie wollte nicht das Gefühl haben, zu etwas gezwungen zu werden, aber ich hatte eine Idee, wie ich in ihrem Fall die Freiwilligkeit der Hypnose betonen können würde. Sie benötigte offensichtlich Hilfe, um sich zu entspannen und zu sinken.
Als ich die Gruppe aufforderte, das Kinn auf die Brust sinken zu lassen, reagierte Eva mit einem breiten Lächeln. Ich zählte rückwärts, fiel und spürte, wie mich das Wasser umschloss, blieb aber stets aufmerksam. Eva schielte zu Pierre hinüber und versuchte, im gleichen Rhythmus zu atmen wie er.
»Ihr sinkt langsam«, sagte ich, »sinkt tiefer in die Ruhe, die Entspannung und die angenehme Schwere.«
Ich trat hinter meine Patienten, betrachtete ihre blassen Nacken und runden Rücken, blieb bei Eva stehen und legte eine Hand auf ihre Schulter. Ohne die Augen zu öffnen, hob sie vorsichtig den Kopf und spitzte den Mund ein wenig.
»Jetzt spreche ich nur mit Eva«, sagte ich. »Eva, ich möchte, dass du wach, aber immer entspannt bleibst. Du wirst meiner Stimme lauschen, wenn ich zur Gruppe spreche, aber du wirst nicht hypnotisiert, du wirst die gleiche Ruhe, das gleiche angenehme Versinken fühlen, dabei aber die ganze Zeit wach bleiben.«
Ich spürte, wie sich ihre Schultern entspannten.
»Jetzt wende ich mich wieder an alle. Hört mir zu. Ich werde jetzt zählen«, fuhr ich fort, »und bei jeder Ziffer sinken wir tiefer, immer tiefer in die Entspannung, aber du, Eva, du folgst uns nur in Gedanken, du bist die ganze Zeit bei Bewusstsein und wach.«
Während ich zu meinem Platz zurückkehrte, zählte ich Zahlenreihen herunter, und als ich mich vor den anderen hinsetzte, sah ich, dass Evas Gesicht erschlafft war. Sie war verändert. Ich konnte kaum glauben, dass dies derselbe Mensch sein sollte. Ihre Unterlippe hing herab, und die feuchte, rosa Innenseite bildete einen Kontrast zu ihrem blauen Lippenstift, und sie atmete sehr schwer. Ich wandte mich nach innen, ließ los und sank durch Wasser in einem dunklen Aufzugschacht. Wir befanden uns in einem Wrack oder einem überfluteten Haus. Kaltes Wasser strömte mir von unten entgegen. Luftblasen und kleine Tangfetzen trieben vorbei.
»Weiter hinab, tiefer, ruhiger«, ermahnte ich behutsam.
Nach etwa zwanzig Minuten standen wir alle tief unter Wasser auf einem vollkommen ebenen Stahlboden. Einzelne Schnecken hatten
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