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Der Hypnotiseur - Kepler, L: Hypnotiseur - Hypnotisören

Titel: Der Hypnotiseur - Kepler, L: Hypnotiseur - Hypnotisören Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lars Kepler
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um ihn herum, riecht an den flachen Sträuchern und der Rückseite des braunen Zauns, kehrt zurück, eilt um einen Laubkorb herum und zu einem kleinen Kräutergarten. Kleine Stöckchen mit Samentüten geben an, was in den verschiedenen Reihen gepflanzt wurde. Der schwarze Labrador knurrt unruhig und legt sich mitten auf das kleine Beet. Ganz platt liegt er auf der feuchten, aufgelockerten Erde. Der Körper des Hundes zittert vor Erregung, und die Hundeführerin wirkt sehr traurig, als sie ihn lobt. Joona macht abrupt kehrt, läuft auf Erik zu und verstellt ihm den Weg. Erik hat keine Ahnung, was er selbst schreit, was er zu tun versucht, aber Joona gelingt es am Ende, ihn aus dem Garten zu schaffen.
    »Ich muss wissen, was los ist«, sagt Erik mit zitternder Stimme.
    Joona nickt und sagt leise:
    »Der Hund hat markiert, dass sich in der Erde eine menschliche Leiche befindet.«
    Erik sinkt auf dem Bürgersteig zu Boden und lehnt sich an einen Verteilerkasten. Die Füße, die Beine, seine ganzen Gliedmaßen existieren für ihn nicht mehr, und als er sieht, dass die Polizisten den Einsatzwagen mit Spaten verlassen, schließt er die Augen.
     

     
    Erik Maria Bark sitzt alleine in Joona Linnas Auto und blickt durch die Windschutzscheibe auf den Tennisvägen hinaus. Die schwarzen Baumwipfel fangen das Licht der hängenden Straßenlaternen auf. Ein schwarzes Astgeflecht vor einem dunklen Winterhimmel. Sein Mund ist ausgedörrt, Gesicht und Kopf schmerzen. Er flüstert etwas vor sich hin, steigt aus dem Wagen, klettert über das Absperrband und geht durch das hohe, erfrorene Gras hinters Haus. Dort steht Joona und beobachtet die uniformierten Männer mit den Spaten. Sie arbeiten unter verbissenem Schweigen und mit fast schon mechanischen Bewegungen. Der kleine Acker ist komplett ausgehoben worden und bildet nur noch ein großes, rechteckiges Loch. Auf einer Plastikplane liegen erdverschmierte Kleiderfetzen und Knochen. Metall schlägt gegen Stein, die Spatenstiche hören auf, und die Polizisten richten sich auf. Erik nähert sich ihnen langsam und mit schweren, widerwilligen Schritten. Er sieht, dass Joona sich umdreht und ihn müde anlächelt.
    »Was ist?«, flüstert Erik.
    Joona kommt zu ihm, sucht seinen Blick und sagt:
    »Das ist nicht Benjamin.«
    »Wer ist es dann?«
    »Die Leiche liegt hier seit mindestens zehn Jahren.«
    »Ist es ein Kind?«
    »Etwa fünf Jahre alt«, antwortet Joona, dem ein Schauer über den Rücken läuft.
    »Dann hatte Lydia also doch einen Sohn«, sagt Erik gedämpft.

46.
     
    Samstagvormittag, der neunzehnte Dezember
     
     
     
     
     
    Es schneit stark und feucht, auf einem Auslaufgelände neben dem Polizeipräsidium läuft ein Hund auf und ab. Der Hund bellt angesichts des Schnees begeistert, bewegt sich glücklich zwischen den Flocken, beißt in die Luft und schüttelt sein Fell. Beim Anblick des Tiers zieht sich Eriks Herz zusammen. Er erkennt, dass er vergessen hat, wie es ist, einfach nur zu sein. Wie es ist, nicht ununterbrochen an ein Leben ohne Benjamin denken zu müssen.
    Ihm ist schlecht, und er hat Entzugserscheinungen, seine Hände zittern. Seit fast vierundzwanzig Stunden hat er keine Tablette mehr genommen und die ganze Nacht kein Auge zugetan.
    Als er zum Haupteingang des Polizeipräsidiums geht, denkt er an die alten Webarbeiten, die Simone ihm einmal in einer Ausstellung über Frauenhandwerk gezeigt hat. Sie waren wie Bilder des Himmels an Tagen wie diesem: wolkiges, dichtes, fusseliges Grau.
    Simone steht vor dem Vernehmungszimmer. Als sie Erik sieht, geht sie ihm entgegen und nimmt seine Hände in ihre. Ihre Geste macht ihn aus irgendeinem Grund dankbar. Sie sieht blass und gefasst aus.
    »Du brauchst nicht mitzukommen«, flüstert sie.
    »Kennet meinte, du wolltest mich dabeihaben«, erwidert er.
    Sie nickt schwach.
    »Ich bin nur so …«
    Sie verstummt und räuspert sich ein wenig.
    »Ich bin so wütend auf dich gewesen«, sagt sie gefasst.
    Ihre Augen sind feucht und rot.
    »Ich weiß, Simone.«
    »Du hast wenigstens deine Pillen«, bemerkt sie schneidend.
    »Ja«, sagt er.
    Sie wendet sich von ihm ab und starrt aus dem Fenster. Erik sieht ihren schlanken Körper, die Arme, die fest umeinander geschlungen ihren Oberkörper umarmen. Sie hat eine Gänsehaut, aus der Lüftung unter dem Fenster zieht kalte Luft herein. Die Tür zum Vernehmungszimmer geht auf, und eine üppige Frau in Polizeiuniform ruft sie leise in den Raum.
    »Bitte sehr, Sie können jetzt

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