Der Hypnotiseur - Kepler, L: Hypnotiseur - Hypnotisören
Kopf.
»Was ist nur mit den Menschen los«, sagt er.
Reine kratzt sich müde an der Stirn.
»Sie hat deiner Tochter das Leben gerettet«, erwidert er.
Kennet klopft vorsichtig an die Tür von Simones Zimmer und öffnet sie anschließend einen Spaltbreit. Die Vorhänge sind zugezogen, und das Licht ist ausgeschaltet. Er blinzelt in die Dunkelheit hinein. Auf einer Couch sieht er die Konturen eines Menschen, es könnte seine Tochter sein.
»Simone?«, fragt er leise.
»Ich bin hier, Papa.«
Die Stimme kommt von der Couch.
»Willst du, dass es so dunkel ist? Soll ich Licht machen?«
»Ich ertrage es nicht, Papa«, flüstert sie nach einer Weile. »Ich ertrage es nicht.«
Kennet durchquert fast lautlos das Zimmer, setzt sich auf die Couch und legt die Arme um seine Tochter. Sie beginnt, hart und herzzerreißend zu schluchzen.
»Ich bin mal«, flüstert er und streichelt sie, »mit meinem Streifenwagen an deinem Kindergarten vorbeigekommen und habe dich auf dem Hof stehen sehen. Du standest mit dem Gesicht zum Zaun und weintest. Aus deiner Nase lief Rotz, und du warst nass und schmutzig, und die Erzieherinnen taten nichts, um dich zu trösten. Sie standen nur herum und unterhielten sich völlig teilnahmslos.«
»Was hast du gemacht?«, flüstert Simone.
»Ich habe angehalten und bin zu dir gegangen.«
Er lächelt in der Dunkelheit in sich hinein.
»Du hast sofort aufgehört zu weinen, meine Hand genommen und bist mitgekommen.«
Er verstummt.
»Es wäre wirklich schön, wenn ich dich jetzt einfach an die Hand nehmen und mit dir nach Hause gehen könnte.«
Sie nickt, schmiegt sich mit dem Kopf an ihn und fragt:
»Hast du etwas von Sim gehört?«
Er streicht ihr über die Wange und überlegt kurz, ob er ihr die Wahrheit sagen soll oder nicht. Der Arzt hatte schroff erklärt, Shulman habe viel zu viel Blut verloren. Er habe schwere Gehirnschäden davongetragen und werde nie wieder aus dem Koma erwachen.
»Sie können noch nichts Genaues sagen«, sagt er behutsam. »Aber …«
Er seufzt.
»Es sieht nicht gut aus, Liebes.«
Sie wird von Schluchzern geschüttelt.
»Ich kann nicht mehr, ich kann nicht mehr«, weint sie.
»Ist ja gut, ist ja gut … Ich habe Erik angerufen. Er ist unterwegs.«
Sie nickt.
»Danke, Papa.«
Er streichelt sie wieder.
»Ich kann wirklich nicht mehr«, flüstert Simone.
»Weine nicht, Kleines.«
Sie schluchzt laut und erbärmlich.
»Ich kann nicht mehr …«
Im selben Augenblick geht die Tür auf, und Erik macht das Licht an. Er geht schnell durchs Zimmer, setzt sich neben Simone und sagt:
»Gott sei Dank, du lebst.«
Simone presst ihr Gesicht an seine Brust.
»Erik«, sagt sie halb erstickt in seinen Mantel.
Er streicht ihr über den Kopf. Er sieht sehr müde aus, aber seine Augen sind aufmerksam und klar. Sie denkt, dass er nach ihrem Zuhause riecht, er riecht nach ihrer Familie.
»Erik«, sagt Kennet ernst. »Du musst etwas Wichtiges erfahren. Du auch, Simone. Ich habe vorhin mit Aida gesprochen.«
»Hat sie was gesagt?«, fragt Simone.
»Ich wollte ihr erzählen, dass wir Wailord und die anderen geschnappt haben«, antwortet Kennet. »Ich wollte nicht, dass sie sich weiter ängstigen.«
Erik sieht ihn fragend an.
»Das ist eine lange Geschichte, ich werde sie dir erzählen, wenn wir mehr Zeit haben, aber …«
Kennet holt tief Luft und sagt mit heiserer, müder Stimme:
»Jemand hat wenige Tage vor Benjamins Verschwinden Kontakt zu ihm aufgenommen. Eine Frau hat sich ihm gegenüber als seine richtige, biologische Mutter ausgegeben.«
Simone macht sich von Erik frei, sieht Kennet an, wischt sich den Rotz von der Nase und fragt mit einer Stimme, die vom vielen Weinen hell und spröde geworden ist:
»Seine richtige Mutter?«
Kennet nickt.
»Aida hat mir erzählt, dass diese Frau ihm Geld gegeben und ihm bei den Hausaufgaben geholfen hat.«
»Das ist doch vollkommen verrückt«, wispert Simone.
»Sie hat ihm sogar einen anderen Namen gegeben.«
Erik sieht erst Simone und dann Kennet an und bittet ihn weiterzusprechen.
»Nun«, sagt Kennet, »Aida hat mir erzählt, dass diese Frau, die behauptet hat, Benjamins Mutter zu sein, ihm erzählt hat, sein richtiger Name sei Kasper.«
Simone sieht Eriks Gesicht erstarren und ist plötzlich wieder hellwach.
»Was ist los, Erik?«, fragt sie.
»Kasper?«, sagt Erik. »Sie hat ihn Kasper genannt?«
»Ja«, bestätigt Kennet. »Aida wollte es mir erst nicht sagen, offenbar hatte sie Benjamin
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