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Der Hypnotiseur - Kepler, L: Hypnotiseur - Hypnotisören

Titel: Der Hypnotiseur - Kepler, L: Hypnotiseur - Hypnotisören Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lars Kepler
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getötet hat, als sie erkannte, dass sie sich verraten hatte«, sagt Erik.
    »Dann hattest du also die ganze Zeit Recht«, flüstert Simone.
    »Es sieht ganz so aus.«
    »Will sie Benjamin umbringen?«
    »Ich weiß nicht … Wahrscheinlich war das Ganze in ihren Augen meine Schuld. Hätte ich sie nicht hypnotisiert, hätte sie das Kind behalten dürfen.«
    Erik verstummt und denkt an Benjamins Stimme bei seinem Anruf. Er hatte versucht, nicht ängstlich zu klingen, und von dem verwunschenen Schloss gesprochen. Damit musste er Lydias verwunschenes Schloss gemeint haben. Dort war sie aufgewachsen, dort hatte sie andere misshandelt und war wahrscheinlich selbst misshandelt worden.
    Wenn sie Benjamin nicht zu ihrem verwunschenen Schloss mitgenommen hat, kann sie ihn überall hingeschafft haben.
    Er stellt den Wagen vor dem Haupteingang des Krankenhauses ab und schert sich nicht darum, ihn abzuschließen oder die Parkgebühren zu bezahlen. Sie hasten am düsteren und zugeschneiten Becken des Springbrunnens und einigen bibbernden Rauchern in Bademänteln vorbei, laufen durch die surrenden Türen hinein und nehmen den Aufzug zu der Station, auf der Sim Shulman liegt.
    Zahlreiche Blumen verströmen einen schweren Geruch im Zimmer. Große, duftende Blumensträuße stehen auf der Fensterbank. Ein Stapel Karten und Briefe von bestürzten Freunden und Kollegen liegt auf dem Tisch.
    Erik betrachtet den Mann im Krankenhausbett, seine eingefallenen Wangen, die Nase, die Lider. Die allzu regelmäßigen Bewegungen seines Bauchs folgen dem seufzenden Rhythmus des Beatmungsgeräts. Shulman befindet sich in einem dauerhaft vegetativen Zustand und wird nur noch von den Apparaten im Raum am Leben erhalten. Über einen Luftröhrenschnitt ist eine Beatmungskanüle eingeführt worden. Ernährt wird er über eine Witzel-Fistel, einen Katheter, der direkt in den Magen führt.
    »Simone, du wirst mit ihm sprechen, wenn er aufwacht, und …«
    »Mann kann ihn nicht wecken«, unterbricht sie ihn mit gellender Stimme. »Er liegt im Koma, Erik, sein Gehirn ist durch den Blutverlust geschädigt, er wird nie wieder aufwachen, er wird nie mehr sprechen.«
    Sie wischt sich Tränen von den Wangen.
    »Wir müssen erfahren, was Benjamin gesagt …«
    »Hör auf«, schreit sie und beginnt heftig zu weinen.
    Eine Krankenschwester schaut zur Tür herein, sieht Erik Simones zitternden Körper umarmen und lässt die beiden in Ruhe.
    »Ich werde ihm eine Spritze Zolpidem geben«, flüstert Erik in ihr Haar. »Das ist ein starkes Schlafmittel, das Menschen aus komatösen Zuständen wecken kann.«
    Er spürt, dass sie den Kopf schüttelt.
    »Wovon redest du da?«
    »Es wirkt nur ganz kurz.«
    »Ich glaube dir nicht«, sagt sie zögernd.
    »Das Schlafmittel verlangsamt die hyperaktiven Prozesse in seinem Gehirn, die für das Koma verantwortlich sind.«
    »Und dann wacht er auf? Willst du mir das sagen?«
    »Er wird nie wieder gesund werden, er hat schwere Gehirnschäden erlitten, Sixan, aber mit Hilfe des Schlafmittels wird er vielleicht für einige Sekunden aufwachen.«
    »Was soll ich tun?«
    »Manchmal können Patienten, die das Mittel bekommen, ein paar Worte sagen, manchmal nur gucken.«
    »Was du vorhast, ist nicht erlaubt, oder?«
    »Ich werde nicht um Erlaubnis bitten, ich werde es einfach tun, und du musst mit ihm sprechen, sobald er aufwacht.«
    »Beeil dich«, sagt sie.
    Erik eilt los, um sich das nötige Material zu beschaffen. Simone stellt sich an Shulmans Bett und nimmt seine Hand in ihre. Sie sieht ihn an. Sein Gesicht ist ruhig. Die dunklen, kräftigen Gesichtszüge sind durch die Entspannung beinahe unpersönlich geworden. Der sonst so ironische, sinnliche Mund ist ausdruckslos. Nicht einmal seine ernste Furche zwischen den schwarzen Augenbrauen existiert noch. Sie streichelt sachte seine Stirn und denkt, dass sie seine Werke ausstellen wird und dass ein wirklich guter Künstler niemals stirbt.
    Erik kehrt ins Zimmer zurück, geht wortlos zu Shulman und schiebt mit dem Rücken zur Tür sachlich den Ärmel des Krankenhauskittels hoch.
    »Bist du bereit?«, fragt er.
    »Ja«, antwortet sie. »Ich bin bereit.«
    Erik hält die Spritze in der Hand, verbindet sie mit dem intravenösen Zugang und spritzt Shulman langsam die gelbliche Flüssigkeit. Dickflüssig vermischt sie sich mit der klaren Infusionslösung und verschwindet in der Nadel in Shulmans Armbeuge und in seinem Blutkreislauf. Erik steckt die Spritze in die Tasche, knöpft seine

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