Der Hypnotiseur - Kepler, L: Hypnotiseur - Hypnotisören
Tanzfläche um eine hohe Tanne herum.
Joonas Handy klingelt, und er bleibt vor einem Marktstand mit Wurst und Rentierfleisch stehen.
»Joona Linna.«
»Hier ist Erik Maria Bark.«
»Hallo.«
»Ich glaube, dass Lydia Benjamin zu Jussis verwunschenem Schloss mitgenommen hat. Es liegt irgendwo in der Nähe von Dorotea, in der Provinz Västerbotten, in Lappland.«
»Du glaubst?«
»Ich bin mir fast sicher«, antwortet Erik verbissen. »Heute gehen keine Flüge mehr. Du musst nicht mitkommen, aber ich habe für morgen früh drei Flugtickets reserviert.«
»Gut«, sagt Joona. »Schick mir eine SMS mit allen Informationen über diesen Jussi, dann setze ich mich mit der Polizei da oben in Verbindung.«
Als Joona auf einem der schmalen Kieswege zum Restaurant Solliden hinuntergeht, hört er hinter sich Kinder lachen, und es schaudert ihn. Das schöne gelb gestrichene Restaurant ist mit Lichterketten und Fichtenzweigen geschmückt. Im Speisesaal hat man auf vier gigantischen Tischen Weihnachtsspezialitäten aufgetischt, und als Joona den Raum betritt, sieht er seine Kollegen sofort. Sie haben sich an die riesigen Fenster gesetzt, durch die man eine fantastische Aussicht auf das Wasser der Nybroviken und auf den Stadtteil Södermalm hat, während links der Vergnügungspark Gröna Lund und auf der anderen Seite das Vasa-Museum liegen.
»Hier sind wir«, ruft Anja.
Sie steht auf und winkt ihm zu. Joona merkt, dass ihm ihr Enthusiasmus gefällt. Nach seinem Besuch bei dem Arzt in Ulleråker hat er immer noch ein unangenehmes, beunruhigendes Gefühl.
Er begrüßt alle und setzt sich neben Anja. Ihm gegenüber sitzt Carlos Eliasson. Er trägt eine rote Wichtelmütze auf dem Kopf und nickt Joona fröhlich zu.
»Wir haben uns schon ein paar Schnäpse genehmigt«, sagt er vertraulich, und sein sonst so gelblich blasser Teint rötet sich heftig.
Anja versucht, ihre Hand unter Joonas Arm zu zwängen, aber er steht auf und erklärt, dass er sich etwas zu essen holen muss.
Er bewegt sich zwischen den Tischen mit redenden und essenden Menschen hindurch und denkt, dass er wirklich nicht in der richtigen Weihnachtsstimmung ist. Es kommt ihm vor, als säße ein Teil von ihm noch immer im Wohnzimmer von Johan Samuelssons Eltern. Oder als ginge er noch immer durch die psychiatrische Klinik Ulleråker und zu der verschlossenen Tür, die zu dem langen, gefängnisgleichen Flur führt.
Joona nimmt sich einen Teller vom Stapel, reiht sich in die Schlange vor den Heringsgerichten ein und beobachtet seine Kollegen aus der Ferne. Anja hat ihren rundlichen, kurvenreichen Körper in ein rotes Angorakleid gezwängt. Sie hat noch ihre Winterstiefel an. Petter unterhält sich intensiv mit Carlos, sein Kopf ist frisch rasiert, und sein Scheitel glänzt unter den Kronleuchtern verschwitzt.
Joona nimmt sich Matjesheringsstücke, Senfheringe und andere eingelegte Heringsstücke und bleibt anschließend stehen. Er betrachtet eine Frau aus einer anderen Abendgesellschaft. Sie trägt ein enges hellgraues Kleid und wird von zwei Mädchen mit hübschen Frisuren zum Tisch mit den Süßspeisen geführt. Ein Mann in einem graubraunen Anzug eilt ihnen mit einem kleineren Mädchen in einem roten Kleid hinterher.
In dem kleinen Messingtopf sind keine Kartoffeln mehr, und Joona muss eine Weile warten, bis eine Kellnerin frisch gekochte Kartoffeln nachfüllt. Sein Leibgericht, der finnische Steckrübenauflauf, ist nirgendwo zu sehen. Joona balanciert seinen Teller zwischen den Polizisten hindurch, die mittlerweile beim vierten Durchgang sind. Fünf Kriminaltechniker grölen mit erhobenen Schnapsgläsern ein Trinklied. Joona setzt sich und spürt augenblicklich Anjas Hand auf seinem Bein. Sie lächelt ihn an.
»Du hast hoffentlich nicht vergessen, dass ich ein bisschen an dir herumfummeln darf?«, sagt sie scherzhaft, lehnt sich vor und flüstert laut: »Ich will heute Abend Tango mit dir tanzen.«
Carlos hört sie und ruft:
»Anja Larsson, du und ich werden Tango tanzen!«
»Ich tanze mit Joona«, erklärt sie mit Nachdruck.
Carlos legt den Kopf schief und lallt:
»Ich stelle mich hinten an.«
Anja spitzt die Lippen und nippt an ihrem Bier.
»Wie war es in Ulleråker?«, fragt sie Joona.
Er schneidet eine Grimasse, und Anja erzählt von einer Tante, die eigentlich gar nicht so krank war, aber starke Medikamente bekam, weil es für das Pflegepersonal so am bequemsten war.
Joona nickt und will sich gerade ein Stück Räucherlachs einverleiben, als
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