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Der Idiot

Der Idiot

Titel: Der Idiot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor Michailowitsch Dostojewski
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natürlich durchaus richtig
gehandelt ... Aber ... der Fürst ... der Fürst wird dabei wohl ...«
    »Er wird dabei wohl nach den fünfundsiebzigtausend Rubeln trachten,
nicht wahr?« unterbrach ihn Nastasja Filippowna. »Das wollten Sie doch
sagen? Stellen Sie es nicht in Abrede; das wollten Sie sicherlich
sagen! Afanasi Iwanowitsch, ich vergaß hinzuzufügen: behalten Sie diese
fünfundsiebzigtausend Rubel und wissen Sie, daß ich Sie umsonst
freilasse! Lassen wir es jetzt genug sein! Sie müssen doch auch endlich
wieder frei atmen! Neun Jahre und drei Monate! Morgen beginnt für mich
ein neues Leben; aber heute bin ich Geburtstagskind und meine eigene
Herrin, zum ersten Mal in meinem ganzen Leben! General, nehmen auch Sie
Ihren Perlenschmuck zurück; schenken Sie ihn Ihrer Gemahlin; da ist er.
Und morgen verlasse ich diese Wohnung für immer. Ich werde hier keine
Abendgesellschaften mehr geben, meine Herrschaften!«
    Nach diesen Worten erhob sie sich plötzlich, wie wenn sie weggehen wollte.
    »Nastasja Filippowna! Nastasja Filippowna!« wurde von allen Seiten gerufen.
    Alle waren in größter Aufregung und sprangen von ihren Plätzen auf;
alle umringten sie; alle horchten mit Unruhe auf die abgerissenen,
fieberhaften, leidenschaftlichen Sätze, die sie hervorstieß; alle
hatten das Gefühl, daß da etwas nicht in Ordnung sei; niemand vermochte
daraus klug zu werden; niemand konnte die Sache begreifen. In diesem
Augenblick ertönte plötzlich ein starkes, lautes Klingeln, genauso wie
einige Stunden vorher in Ganjas Wohnung.
    »A-a-ah! Da kommt die Entscheidung! Endlich! Um halb zwölf!« rief
Nastasja Filippowna. »Ich bitte Sie, Platz zu nehmen, meine
Herrschaften; das ist die Entscheidung!«
    Nachdem sie das gesagt hatte, setzte sie sich selbst hin. Ein
seltsames Lächeln zitterte auf ihren Lippen. Sie saß schweigend da, in
fieberhafter Erwartung, und blickte nach der Tür.
    »Es ist Rogoschin mit den hunderttausend Rubeln; kein Zweifel!« murmelte Ptizyn vor sich hin.

XV
    Das Stubenmädchen Katja kam ganz erschrocken herein.
    »Da begibt sich etwas ganz Tolles, Nastasja Filippowna; es sind etwa
zehn Menschen eingedrungen, stark betrunken; sie verlangen Zutritt
hierher und sagen, es sei Rogoschin, und Sie wüßten schon Bescheid.«
    »Es ist richtig, Katja; laß sie alle sogleich herein!«
    »Wirklich ... alle, Nastasja Filippowna? Die Leute sehen gar zu arg aus. Es ist schauderhaft!«
    »Laß sie nur alle herein, Katja, alle, fürchte dich nicht, alle ohne
Ausnahme; sonst kommen sie ohne deine Erlaubnis herein. Da, was sie für
Lärm machen, gerade wie schon einmal heute! Meine Herrschaften«, wandte
sie sich an die Gäste, »Sie verübeln es mir vielleicht, daß ich in
Ihrer Gegenwart eine solche Gesellschaft empfange? Ich bedaure es sehr
und bitte um Verzeihung; aber es muß sein, und es wäre mir auch sehr
erwünscht, wenn Sie alle einwilligten, bei dieser bevorstehenden
Entscheidung meine Zeugen zu sein. Indessen, ganz wie es Ihnen beliebt
...«
    Die Gäste fuhren fort zu staunen, zu flüstern und einander
anzusehen; aber es war ganz klar, daß dies alles vorher überlegt und
vorher arrangiert worden war und daß Nastasja Filippowna, obgleich sie
wirklich den Verstand verloren haben mochte, sich jetzt von ihrem
Vorhaben nicht werde abbringen lassen. Alle waren außerordentlich
gespannt. Überdies hatte niemand etwas Sonderliches zu fürchten. Damen
waren nur zwei anwesend: Darja Alexejewna, die gewandte Dame, die schon
mancherlei in der Welt durchgemacht hatte und nicht leicht in
Verlegenheit zu bringen war, und die schöne, aber schweigsame
Unbekannte. Aber die schweigsame Unbekannte konnte kaum etwas
verstehen, sie war eine zugereiste Deutsche und konnte nicht Russisch;
außerdem war sie, wie es schien, ebenso dumm, wie sie schön war. Sie
war erst vor kurzem angekommen; aber es war schon üblich geworden, sie
zu gewissen Abendgesellschaften einzuladen, bei denen sie dann in
reichster Toilette und wie zu einer Ausstellung frisiert erschien und
wie ein entzückendes Bild zur Verschönerung des Abends ihren Platz
erhielt, gerade wie manche Leute sich für ihre Gesellschaften auf einen
einzigen Abend von ihren Bekannten ein Gemälde, eine Vase, eine Statue
oder einen Ofenschirm leihen. Was die Männer anlangte, so war Ptizyn
mit Rogoschin befreundet; Ferdyschtschenko fühlte sich wie ein Fisch im
Wasser; Ganja konnte immer noch nicht recht zu sich kommen, indes
empfand er dunkel ein unüberwindliches,

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