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Der Idiot

Der Idiot

Titel: Der Idiot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor Michailowitsch Dostojewski
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glühendes Verlangen, bis zum
Ende an seinem Schandpfahl auszuhalten; der alte Lehrer, der von den
Vorgängen nur wenig verstand, weinte beinah und zitterte buchstäblich
vor Furcht, da er an den andern ringsumher und an Nastasja Filippowna,
die er wie eine Enkelin vergötterte, eine so ungewöhnliche Aufregung
wahrnahm, aber er wäre eher gestorben, als daß er sie in einem solchen
Augenblick verlassen hätte. Was Afanasi Iwanowitsch betrifft, so durfte
er sich allerdings bei solchen Affären nicht kompromittieren; aber er
war an der Angelegenheit zu sehr interessiert, obwohl sie eine so
sinnlose Wendung genommen hatte; auch hatte Nastasja Filippowna ein
paar ihn betreffende derartige Bemerkungen fallenlassen, daß er
unmöglich weggehen konnte, bevor die Sache vollständig aufgeklärt war.
    Er entschied sich dafür, bis zu Ende sitzenzubleiben, nunmehr
gänzlich zu schweigen und nur den Beobachter zu spielen, ein Verhalten,
das auch seine Würde sicherlich verlangte. Nur für General Jepantschin,
der schon soeben durch die so ungenierte, lächerliche Rückgabe seines
Geschenkes gekränkt worden war, bestand die Möglichkeit, daß er durch
alle diese seltsamen Exzentrizitäten oder auch durch Rogoschins
Erscheinen noch weiter beleidigt werde; auch hatte ein Mann wie er
ohnehin schon eine zu weitgehende Herablassung gezeigt, indem er sich
entschlossen hatte, sich neben einen Ptizyn und einen Ferdyschtschenko
zu setzen; aber die Wirkung der Leidenschaft mußte doch endlich
aufgehoben und überwogen werden durch das Gefühl der Pflicht, durch das
Bewußtsein seines Ranges und seiner gesellschaftlichen Stellung sowie
überhaupt durch die Selbstachtung, so daß ein Rogoschin mit seiner
Gesellschaft jedenfalls in Gegenwart Seiner Exzellenz ein Ding der
Unmöglichkeit war.
    »Ach, General«, unterbrach ihn Nastasja Filippowna sogleich, als er
sich mit einer Bemerkung dieses Inhalts an sie wandte, »das hatte ich
im Augenblick vergessen! Aber seien Sie überzeugt, daß ich Ihre
Bedenken vorhergesehen hatte. Wenn es Ihnen so peinlich ist, so bestehe
ich nicht darauf, daß Sie hierbleiben, und will Sie nicht zurückhalten,
obwohl gerade Sie jetzt bei mir zu sehen mir höchst erwünscht sein
würde. Jedenfalls danke ich Ihnen sehr für Ihre Bekanntschaft und für
die schmeichelhafte Aufmerksamkeit, die Sie mir erwiesen haben; aber
wenn Sie fürchten ...«
    »Erlauben Sie, Nastasja Filippowna«, rief der General in einem
Anfall von ritterlichem Edelmut, »zu wem reden Sie so? Schon allein aus
Ergebenheit werde ich jetzt bei Ihnen bleiben, und wenn irgendwelche
Gefahr bestehen sollte ... Außerdem muß ich bekennen, daß ich
außerordentlich neugierig bin. Ich wollte nur darauf aufmerksam machen,
daß diese Menschen möglicherweise die Teppiche verderben und etwas
zerbrechen werden ... Meiner Ansicht nach sollten Sie sie überhaupt
nicht hereinlassen, Nastasja Filippowna!«
    »Da ist Rogoschin selbst!« rief Ferdyschtschenko.
    »Wie denken Sie darüber, Afanasi Iwanowitsch?« flüsterte diesem der
General schnell zu. »Ob sie nicht den Verstand verloren hat? Das heißt,
nicht figürlich gesagt, sondern im eigentlichen medizinischen Sinne,
wie?«
    »Ich habe Ihnen schon früher gesagt, daß sie von jeher dazu neigte«,
flüsterte Afanasi Iwanowitsch schlau zurück. »Und dazu nun noch das
Fieber ...«
    Rogoschins Gefolge wies fast denselben Bestand auf wie am Tage;
hinzugekommen waren nur ein heruntergekommener alter Mann, der
seinerzeit Redakteur eines bissigen Skandalblättchens gewesen war und
von dem man sich das Geschichtchen erzählte, er habe seine in Gold
gefaßten falschen Zähne versetzt und vertrunken, sowie ein
verabschiedeter Leutnant, nach seinem Handwerk und seiner Bestimmung
ein entschiedener Rivale und Konkurrent des schon am Tage anwesenden
Herrn mit den Fäusten; es kannte ihn niemand von Rogoschins übrigen
Leuten; er war auf der Sonnenseite des Newski-Prospekts aufgelesen
worden, wo er die Passanten anhielt und im Marlinskischen Stile 1 um
eine Unterstützung bat, mit der schlauen Bemerkung, er selbst habe
seinerzeit jedem Bittsteller fünfzehn Rubel gegeben. Die beiden
Konkurrenten nahmen von vornherein eine feindliche Stellung
gegeneinander ein. Der schon eher dagewesene Herr mit den Fäusten hielt
sich durch die Aufnahme des »Bittstellers« in die Gesellschaft geradezu
für beleidigt, und da er von Natur schweigsam war, so brummte er nur
manchmal wie ein Bär und blickte mit tiefster Verachtung auf

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