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Der Idiot

Der Idiot

Titel: Der Idiot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor Michailowitsch Dostojewski
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arg!« rief Ferdyschtschenko weinerlich, da er sich
sagte, daß er jetzt eine Bemerkung machen könne und müsse.
    »Warum verstehen Sie Ihre Sache nicht besser? Lernen Sie jetzt von
klugen Leuten!« versetzte ihm Darja Alexejewna in triumphierendem Ton.
Sie war eine alte, treue Freundin Tozkis und stand immer auf seiner
Seite.
    »Sie haben recht, Afanasi Iwanowitsch; dieses Gesellschaftsspiel ist
sehr langweilig, und wir müssen es so schnell wie möglich abbrechen«,
sagte Nastasja Filippowna wegwerfend. »Ich werde nun noch selbst
erzählen, was ich versprochen habe, und dann wollen wir Karten spielen.«
    »Aber vorher noch vor allen Dingen die versprochene Geschichte!« stimmte ihr der General eifrig bei.
    »Fürst«, wandte Nastasja Filippowna sich plötzlich in scharfem Ton
an diesen; »meine alten Freunde hier, der General und Afanasi
Iwanowitsch, wollen mich immer verheiraten. Sagen Sie mir, wie Sie
darüber denken: soll ich mich verheiraten oder nicht? Was Sie sagen,
das werde ich tun.«
    Afanasi Iwanowitsch wurde blaß, der General ganz starr; alle rissen
die Augen auf und streckten die Köpfe vor. Ganja stand wie angewurzelt
auf seinem Platz.
    »Mit ... mit wem?« fragte der Fürst mit fast versagender Stimme.
    »Mit Gawrila Ardalionowitsch Iwolgin«, fuhr Nastasja Filippowna
scharf, bestimmt und deutlich wie vorher fort. Es vergingen einige
Sekunden unter Stillschweigen; es schien, daß der Fürst mit aller
Anstrengung zu reden versuchte, aber kein Wort herausbekam, wie wenn
ein furchtbarer Druck auf seiner Brust lastete.
    »N-nein ... heiraten Sie ihn nicht!« flüsterte er endlich; er konnte nur mühsam atmen.
    »So soll es denn auch sein! Gawrila Ardalionowitsch!« wandte sie
sich herrisch und gleichsam triumphierend an diesen. »Haben Sie gehört,
welche Entscheidung der Fürst getroffen hat? Nun, darin liegt zugleich
auch meine Antwort; so mag denn diese Sache ein für allemal erledigt
sein!«
    »Nastasja Filippowna!« sagte Afanasi Iwanowitsch mit zitternder Stimme.
    »Nastasja Filippowna!« rief auch der General in bittendem, aber erregtem Ton.
    Alle waren in Bewegung und Unruhe geraten.
    »Aber meine Herrschaften«, fuhr sie fort, indem sie ihre Gäste
anscheinend sehr erstaunt ansah, »warum regen Sie sich denn so auf? Und
was machen Sie alle für Gesichter?«
    »Aber ... erinnern Sie sich doch, Nastasja Filippowna«, murmelte
Tozki stotternd, »Sie haben uns doch das Versprechen gegeben ... ganz
freiwillig ... und hätten doch auch etwas rücksichtsvoller verfahren
können ... Es fällt mir schwer und ... gewiß, ich bin verwirrt, aber
... Mit einem Wort, jetzt in diesem Augenblick und in Gegenwart ... in
Gegenwart so vieler Leute, und alles das so ... eine so ernste Sache
durch ein Gesellschaftsspiel zu entscheiden, eine Sache, bei der es
sich um die Ehre und um das Herz handelt ... von der so viel abhängt
...«
    »Ich verstehe Sie nicht, Afanasi Iwanowitsch; Sie sind wirklich ganz
verwirrt. Erstens, was soll das heißen: ›in Gegenwart so vieler Leute‹?
Befinden wir uns etwa nicht in einem schönen, vertrauten Kreis? Und
warum sagen Sie: ›durch ein Gesellschaftsspiel‹? Ich beabsichtigte
allerdings auch meinerseits einen Beitrag zu liefern; das habe ich
getan; war er etwa nicht hübsch? Und warum meinen Sie, daß es mir nicht
ernst sei? Ist denn das nicht ernst? Sie haben gehört, daß ich zum
Fürsten sagte: ›Was Sie sagen wer den, das werde ich tun.‹ Hätte er nun
›ja‹ gesagt, so hätte ich sofort meine Einwilligung gegeben; aber er
hat ›nein‹ gesagt, und daher habe ich mich geweigert; ist denn das etwa
nicht ernst? Mein ganzes Leben hing hier an einem Haar; was kann es
Ernsteres geben?«
    »Aber der Fürst! Was soll dabei der Fürst? Und was ist denn
schließlich dieser Fürst für ein Mensch?« murmelte der General, der
kaum mehr imstande war, seinen Unwillen darüber zu verbergen, daß dem
Fürsten in einer für ihn selbst so kränkenden Weise eine solche
Autorität zuerkannt wurde.
    »Der Fürst ist für mich insofern von Wert, als er in meinem ganzen
Leben der erste Mensch ist, dem ich wegen seiner aufrichtigen
Ergebenheit habe Vertrauen schenken können. Er hat auf den ersten Blick
an mich geglaubt, und ich glaube an ihn.«
    »Es bleibt mir nur übrig, Nastasja Filippowna für das
außerordentliche Zartgefühl zu danken, mit dem sie mich behandelt hat«,
sagte Ganja endlich; er war ganz blaß, seine Stimme zitterte, seine
Lippen verzogen sich krampfhaft. »Sie hat

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