Der Idiot
Erben dagewesen als die
Tante des Fürsten, die Nichte Papuschins, eine sehr arme Frau, die bei
fremden Leuten lebte. Zu der Zeit, als ihr diese Erbschaft zugefallen
sei, habe diese Tante schon an Wassersucht todkrank gelegen, habe aber
sofort Nachforschungen nach dem Fürsten anstellen lassen, womit
Salaskin von ihr betraut worden sei, und vor ihrem Tod noch Zeit
gehabt, ein Testament zu machen. Anscheinend hätten weder der Fürst
noch der Arzt, bei dem er in der Schweiz gewohnt habe, auf eine
amtliche Benachrichtigung warten oder Erkundigungen einziehen mögen;
sondern der Fürst habe sich entschlossen, mit Salaskins Brief in der
Tasche selbst nach Rußland zurückzukehren.
»Ich kann Ihnen nur sagen«, schloß Ptizyn, sich an den Fürsten
wendend, »daß das alles jedenfalls sicher und richtig ist und daß Sie
alles, was Ihnen Salaskin über die Unanfechtbarkeit und Gesetzlichkeit
Ihrer Ansprüche schreibt, so ansehen können, als hätten Sie bereits das
bare Geld in der Tasche. Ich gratuliere Ihnen, Fürst! Vielleicht
erhalten Sie anderthalb Millionen, möglicherweise auch noch mehr; denn
Papuschin war ein sehr reicher Kaufmann.«
»Es lebe der letzte Fürst Myschkin!« brüllte Ferdyschtschenko.
»Hurra!« schrie Lebedjew mit seiner vom Trinken heiseren Stimme.
»Und ich habe dem armen Schlucker heute noch fünfundzwanzig Rubel
geliehen, hahaha! Das ist ja die reine Zaubervorstellung!« rief der
General, der vor Erstaunen wie betäubt war. »Nun, ich gratuliere, ich
gratuliere!«
Er erhob sich von seinem Platz, ging zum Fürsten hin und umarmte
ihn. Nach ihm standen auch die andern auf und drängten sich ebenfalls
zum Fürsten heran. Sogar diejenigen, die sich hinter die Portiere
zurückgezogen hatten, erschienen wieder im Salon. Ein buntes
Stimmengetöse erhob sich; allerlei Ausrufe erschollen; man rief sogar
nach Champagner; alles drängte und stieß sich; alle waren in
geschäftiger Bewegung. Für einen Augenblick hatte man Nastasja
Filippowna fast vergessen, und daß sie doch eigentlich bei ihrer
Abendgesellschaft die Wirtin war. Aber allmählich trat allen fast
gleichzeitig der Gedanke wieder vor die Seele, daß der Fürst ihr soeben
einen Heiratsantrag gemacht habe. Die Sache erschien dadurch noch weit
seltsamer und ungewöhnlicher als vorher. Tozki zuckte im höchsten
Erstaunen die Schultern; er war fast der einzige, der sitzengeblieben
war; der ganze übrige Schwarm drängte sich unordentlich um den Tisch.
Alle behaupteten später, von diesem Augenblick an sei Nastasja
Filippowna geistig gestört gewesen. Sie saß immer noch da und
betrachtete eine Zeitlang alle mit einem sonderbaren, verwunderten
Blick, wie wenn sie das alles nicht begriffe und sich Mühe gäbe, eine
klare Vorstellung zu gewinnen. Dann wandte sie sich auf einmal zum
Fürsten hin und sah ihn mit finster zusammengezogenen Brauen starr an;
indes dauerte das nur einen Augenblick; vielleicht hatte sie auf einmal
geglaubt, daß alles nur Scherz und Spott sei. Aber die Miene des
Fürsten mußte sie vom Gegenteil überzeugen. Sie wurde nachdenklich;
dann lächelte sie wieder, als wüßte sie selbst nicht recht, worüber sie
eigentlich lächelte ...
»Also bin ich wirklich eine Fürstin!« flüsterte sie gewissermaßen
spöttisch vor sich hin und lachte, als sie zufällig nach Darja
Alexejewna hinblickte, laut auf. »Eine unerwartete Lösung ...! So ...
so hatte ich sie mir nicht gedacht ... Aber warum stehen Sie denn,
meine Herrschaften? Bitte, setzen Sie sich doch und gratulieren Sie mir
und dem Fürsten! Es hatte ja wohl jemand Champagner gewünscht;
Ferdyschtschenko, gehen Sie doch einmal hin und bestellen Sie welchen!
Katja, Pascha«, sagte sie zu ihren Dienstmädchen, die sie in diesem
Augenblick an der Tür erblickte, »kommt heran; ich werde mich
verheiraten; habt ihr es gehört? Mit dem Fürsten; der besitzt
anderthalb Millionen; er ist ein Fürst Myschkin und nimmt mich zur
Frau!«
»Gott gebe dazu seinen Segen, liebste Freundin; es ist auch hohe
Zeit! Das darfst du dir nicht entgehen lassen!« rief Darja Alexejewna,
die durch diese Vorgänge tief erschüttert war.
»Aber setzen Sie sich doch neben mich, Fürst!« fuhr Nastasja
Filippowna fort. »So ist's recht; und da kommt auch der Champagner. Nun
gratulieren Sie, meine Herrschaften!«
»Hurra!« schrien viele Stimmen.
Viele drängten sich zum Champagner hin; darunter befanden sich fast
alle Begleiter Rogoschins. Aber obgleich sie bereitwillig schrien, so
hatten doch viele
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