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Der Idiot

Der Idiot

Titel: Der Idiot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor Michailowitsch Dostojewski
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von ihnen trotz der Seltsamkeit der Umstände und der
Umgebung die Empfindung, daß sich ein Szenenwechsel vollzog. Andere
waren verlegen und warteten mißtrauisch ab. Viele aber flüsterten
einander zu, eigentlich sei an der Geschichte nichts Ungewöhnliches;
was heirateten die Fürsten nicht oft für Frauen! Suchten sie sich doch
manchmal ihre Weiber im Zigeunerlager aus! Rogoschin stand da und sah
alle diese Vorgänge mit an; er hatte sein Gesicht zu einem starren,
verständnislosen Lächeln verzogen.
    »Fürst, liebster Freund, so komm doch zu dir!« flüsterte der General
ganz entsetzt, indem er von der Seite an ihn herantrat und ihn am Ärmel
zupfte.
    Nastasja Filippowna bemerkte es und lachte.
    »Nein, General! Ich bin jetzt selbst eine Fürstin; haben Sie es
gehört: der Fürst wird mich von niemand beleidigen lassen! Afanasi
Iwanowitsch, gratulieren Sie mir doch! Ich werde jetzt überall neben
Ihrer Gemahlin sitzen dürfen; meinen Sie nicht, daß es vorteilhaft ist,
einen solchen Mann zu haben? Anderthalb Millionen, und dazu noch Fürst,
und überdies noch, wie es heißt, ein Idiot: was will man mehr? Jetzt
fängt erst das wahre Leben an! Du bist zu spät gekommen, Rogoschin!
Nimm dein Päckchen wieder mit; ich heirate den Fürsten und bin selbst
reicher als du!«
    Aber jetzt hatte Rogoschin endlich begriffen, um was es sich
handelte. Ein unsägliches Leid prägte sich auf seinem Gesicht aus. Er
schlug die Hände zusammen, und ein Stöhnen entrang sich seiner Brust.
    »Tritt zurück!« schrie er dem Fürsten zu.
    Ringsum wurde gelacht.
    »Er soll wohl zu deinen Gunsten zurücktreten?« fiel Darja Alexejewna
triumphierend ein. »Seht doch, wie er das Geld auf den Tisch geworfen
hat, der Plebejer! Der Fürst wird sie zur Frau nehmen; du aber warst zu
unsittlichem Zweck hergekommen!«
    »Ich nehme sie auch zur Frau! Sofort nehme ich sie zur Frau, augenblicklich! Alles will ich hingeben ...«
    »Seht doch, kommt der Mensch betrunken aus der Schenke hierher!
Davonjagen sollte man dich!« schalt Darja Alexejewna empört weiter.
    Das Gelächter wurde noch stärker.
    »Hörst du, Fürst«, wandte sich Nastasja Filippowna an diesen, »was der Plebejer deiner Braut für ein Angebot macht?«
    »Er ist betrunken«, erwiderte der Fürst; »er liebt Sie sehr.«
    »Wirst du dich auch später nicht schämen, daß deine Braut beinah mit Rogoschin weggefahren wäre?«
    »Sie fieberten; auch jetzt fiebern Sie und reden irre.«
    »Und wirst du dich nicht schämen, wenn die Leute später zu dir sagen werden, daß deine Frau früher Tozkis Geliebte gewesen ist?«
    »Nein, ich werde mich nicht schämen. Sie waren nicht aus eigenem Willen bei Tozki.«
    »Und wirst du mir nie einen Vorwurf deswegen machen?«
    »Nein, das werde ich nicht tun.«
    »Nun, sieh dich vor; für das ganze Leben kann man nicht garantieren.«
    »Nastasja Filippowna«, versetzte der Fürst leise und mitleidig, »ich
habe Ihnen vorhin gesagt, daß ich Ihr Jawort als eine Ehre für mich
ansehe und daß Sie mir eine Ehre erweisen und nicht ich Ihnen. Sie
haben dazu gelächelt, und ich habe gehört, daß auch um uns herum
gelacht wurde. Ich habe mich vielleicht sehr lächerlich ausgedrückt und
bin vielleicht auch selbst dabei eine lächerliche Person gewesen; aber
es ist mir immer so vorgekommen, als ob ich ... als ob ich verstehe,
worin die Ehre besteht, und ich bin überzeugt, daß ich die Wahrheit
gesagt habe. Sie wollten sich soeben zugrunde richten; sich
unwiederbringlich zu grunde richten; denn Sie würden sich das später
nie verzeihen, obwohl Sie keine Schuld trifft. Es ist unmöglich, daß
Ihr Leben schon gänzlich zerstört sein sollte. Was hat es denn für eine
Bedeutung, daß Rogoschin zu Ihnen gekommen ist und daß Gawrila
Ardalionowitsch Sie hat betrügen wollen? Warum sprechen Sie beständig
davon? Dessen, was Sie getan haben, sind nicht viele Menschen fähig,
das wiederhole ich Ihnen; und was Ihren Entschluß, mit Rogoschin
wegzufahren, anlangt, so haben Sie ihn in einem Krankheitsanfall
gefaßt. In einem solchen Anfall befinden Sie sich auch jetzt, und Sie
täten am besten, zu Bett zu gehen. Sie würden schon morgen Wäscherin
werden und nicht bei Rogoschin bleiben. Sie sind stolz, Nastasja
Filippowna; aber vielleicht sind Sie schon bis zu dem Grade
unglücklich, daß Sie sich wirklich für schuldig halten. Sie bedürfen
vieler Pflege, Nastasja Filippowna, und ich werde Sie pflegen. Ich habe
heute vormittag Ihr Bild gesehen, und es kam mir vor,

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