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Der Idiot

Der Idiot

Titel: Der Idiot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor Michailowitsch Dostojewski
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Lisaweta Prokofjewna seinen
Grundsatz adoptierte, obgleich es ihm schwer genug geworden war, schwer
deswegen, weil dieses Verfahren eben ein unnatürliches ist; aber die
Gründe des Generals waren doch überzeugend und stützten sich auf
greifbare Tatsachen. Er sagte, Mädchen, die man in dieser Hinsicht
völlig unbehelligt lasse, müßten naturgemäß einmal zu ernstem
Nachdenken kommen, und dann gehe die Sache schnell vonstatten, weil sie
sie mit Eifer betrieben und alle Launen und alle überflüssige Mäkelei
beiseite ließen. Die Eltern hätten dann weiter nichts zu tun, als
unablässig und möglichst unmerkbar darüber zu wachen, daß es nicht zu
einer absonderlichen Wahl oder zu einer unnatürlichen Neigung komme,
und dann nach Abpassung des richtigen Augenblicks mit einemmal aus
aller Kraft zu helfen und die Sache mit Aufbietung aller Hilfsmittel in
Ordnung zu bringen. Schließlich war auch zu erwägen, daß das Vermögen
und die gesellschaftliche Stellung der Generalsfamilie von Jahr zu Jahr
in geometrischer Proportion stieg: je mehr Zeit also verging, um so
günstiger gestalteten sich auch die Heiratsaussichten der Töchter. Aber
mitten unter all diese unbestreitbaren Tatsachen trat noch eine andere
Tatsache: die älteste Tochter Alexandra vollendete plötzlich und fast
ganz unerwartet (wie das immer so zu geschehen pflegt) das
fünfundzwanzigste Lebensjahr. Fast zu derselben Zeit sprach Afanasi
Iwanowitsch Tozki, ein Mann aus den höchsten Gesellschaftskreisen, mit
vortrefflichen Verbindungen und außerordentlich reich, wieder seinen
langgehegten Wunsch aus, sich zu verheiraten. Er war fünfundfünfzig
Jahre alt und besaß einen ausgezeichneten Charakter und einen
ungewöhnlich feinen Geschmack. Er wollte sich gut verheiraten; er war
ein vorzüglicher Kenner weiblicher Schönheit. Da er seit einiger Zeit
mit dem General Jepantschin eng befreundet war, wozu ihre beiderseitige
Teilnahme an gewissen finanziellen Unternehmungen wesentlich mit
beitrug, so richtete er an diesen, gewissermaßen mit der Bitte um
freundschaftlichen Rat und Anleitung, die Frage, ob er einer seiner
Töchter einen Heiratsantrag machen dürfe. Dies führte in dem bisher so
still und schön verlaufenen Familienleben des Generals Jepantschin
einen starken Umschwung herbei.
    Unbestritten die Schönste in der Familie war, wie schon gesagt, die
Jüngste, Aglaja. Aber sogar Tozki selbst mußte sich trotz seines
starken Selbstgefühls sagen, daß er hier nicht anklopfen dürfe und daß
Aglaja nicht für ihn vom Schicksal bestimmt sei. Vielleicht ließ sich
die blinde Liebe und allzu glühende Freundschaft der Schwestern zu
einer Übertreibung hinreißen; aber darüber waren sie schon im voraus
aus aufrichtiger Überzeugung derselben Ansicht, daß Aglajas Schicksal
nicht von gewöhnlicher Art, sondern das denkbar schönste Ideal eines
irdischen Paradieses sein müsse. Aglajas künftiger Mann müsse, vom
Reichtum ganz abgesehen, alle möglichen Vorzüge in sich vereinigen und
die größten Erfolge aufzuweisen haben. Die Schwestern hatten sich
sogar, und zwar ohne zu viel unnütze Worte, dahin geeinigt, wenn es
nötig sein sollte, ihrerseits zu Aglajas Gunsten ein Opfer zu bringen:
Aglaja sollte eine gewaltige Mitgift erhalten, eine erheblich größere
als sie beide. Die Eltern wußten von dieser Übereinkunft der beiden
älteren Schwestern und hegten daher, als Tozki jene Bitte um Rat
aussprach, fast keinen Zweifel, daß eine der beiden älteren Schwestern
die elterlichen Wünsche erfüllen werde, um so mehr, da von Afanasi
Iwanowitschs Seite Schwierigkeiten in betreff der Mitgift unmöglich zu
erwarten waren. Tozkis Antrag hatte der General selbst mit der ihm
eigenen Lebensklugkeit sofort als einen außerordentlich wertvollen
erkannt. Da aber Tozki selbst vorläufig aus gewissen besonderen Gründen
in seinem Vorgehen die allergrößte Vorsicht beobachtete und zunächst
nur den Boden sondierte, so hatten auch die Eltern den Töchtern bisher
nur ganz entfernte Andeutungen gemacht. Als Antwort hatten sie von
ihnen die gleichfalls nicht in ganz bestimmte Ausdrücke gekleidete,
aber doch wenigstens beruhigende Erklärung erhalten, daß die älteste,
Alexandra, wohl nicht nein sagen werde. Sie war ein zwar
charakterfestes, aber dabei doch gutherziges, verständiges und sehr
verträgliches Mädchen; sie wäre sogar ganz gern Tozkis Frau geworden,
und wenn sie einmal ihr Wort gegeben hätte, so hätte sie es ehrlich
gehalten. Glanz und Pracht liebte

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