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Der Idiot

Der Idiot

Titel: Der Idiot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor Michailowitsch Dostojewski
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das wirklich nicht bekannt, daß heute eine
Zusammenkunft Aglaja Iwanownas mit Nastasja Filippowna stattfinden
wird, zu welchem Zweck Nastasja Filippowna expreß durch Rogoschin, auf
Aglaja Iwanownas Einladung hin und infolge meiner Bemühungen, brieflich
aus Petersburg herberufen ist, und daß sie sich jetzt, ebenso wie
Rogoschin selbst, gar nicht weit von Ihnen in ihrer früheren Wohnung
befindet, bei jener Dame, Darja Alexejewna heißt sie, einer sehr
zweideutigen Dame, ihrer Freundin, und daß ebendorthin, in dieses
zweideutige Haus, sich heute auch Aglaja Iwanowna zu einem
freundschaftlichen Gespräch mit Nastasja Filippowna und zur Lösung
verschiedener schwieriger Aufgaben begeben wird? Die beiden wollen sich
wohl mit Mathematik beschäftigen. Das haben Sie nicht gewußt?
Ehrenwort?«
    »Das ist unglaublich!«
    »Na, das ist ja schön, wenn es unglaublich ist. Übrigens, woher
hätten Sie es auch wissen sollen? Allerdings, wenn hier auch nur eine
Fliege vorbeifliegt, so wird das gleich allgemein bekannt; so ein Nest
ist Pawlowsk! Aber ich wollte Ihnen doch vorher davon Mitteilung
machen, und Sie können mir dankbar sein. Nun, auf Wiedersehen ...
wahrscheinlich in jener Welt. Und noch eins: ich habe mich zwar Ihnen
gegenüber gemein benommen; aber sagen Sie freundlichst selbst: warum
hätte ich meine Chancen verlieren sollen? Etwa zu Ihrem Vorteil? Ich
habe ihr ja meine Beichte gewidmet (wußten Sie das nicht?). Und wie hat
sie diese Widmung aufgenommen! Hehe! Aber ihr gegenüber habe ich mich
nicht gemein benommen; ihr gegenüber habe ich mir nichts zuschulden
kommen lassen; und doch hat sie mich beschimpft und verhöhnt ...
Übrigens habe ich mich auch Ihnen gegenüber nicht schuldig gemacht;
wenn ich auch zu ihr das von dem abgenagten Knochen und noch manches in
diesem Genre gesagt habe, so teile ich Ihnen doch zum Entgelt jetzt
Tag, Stunde und Ort der Zusammenkunft mit und decke dieses ganze Spiel
auf ... selbstverständlich aus Ärger und nicht aus Edelmut. Verzeihen
Sie, ich bin redselig wie ein Stotterer oder wie ein Schwindsüchtiger.
Seien Sie also auf Ihrer Hut und ergreifen Sie baldigst die
erforderlichen Maßregeln, wenn anders Sie den Namen Mensch verdienen!
Die Zusammenkunft findet heute abend statt; das ist sicher.« Ippolit
ging zur Tür; aber der Fürst rief ihm nach, und er blieb in der Tür
stehen.
    »Also Aglaja Iwanowna wird Ihrer Ansicht nach heute selbst zu Nastasja Filippowna gehen?« fragte der Fürst.
    Auf seinen Wangen und auf seiner Stirn traten rote Flecke hervor.
    »Genau weiß ich es nicht; aber wahrscheinlich wird es so sein«,
antwortete Ippolit, sich halb umwendend. »Es kann ja übrigens auch
nicht anders sein. Nastasja Filippowna kann doch nicht zu ihr kommen?
Und bei Ganja ist es auch unmöglich; der hat ja fast einen Toten bei
sich in der Wohnung. Wie geht es denn dem General?«
    »Schon aus einem Grund ist es unmöglich!« rief der
Fürst. »Wie kann sie denn dort hingehen, selbst wenn sie es wollte? Sie
kennt die Sitten in dieser Familie nicht; sie kann nicht allein zu
Nastasja Filippowna hingehen. Das ist Unsinn!«
    »Sehen Sie mal, Fürst: für gewöhnlich springt niemand aus dem
Fenster; aber wenn eine Feuersbrunst ausbricht, dann springen am Ende
auch der vornehmste Gentleman und die vornehmste Dame aus dem Fenster.
Wenn es nötig ist, dann ist eben nichts zu machen, und unser Fräulein
geht zu Nastasja Filippowna. Oder verwehrt man es etwa Ihrem Fräulein
überhaupt auszugehen?«
    »Nein, das nicht ...«
    »Nun, wenn das nicht der Fall ist, dann braucht sie nur die Stufen
vor der Haustür hinabzusteigen und geradewegs hinzugehen, nötigenfalls
unter Verzicht auf die Rückkehr nach Hause. Es gibt manchmal Fälle, in
denen man die Schiffe hinter sich verbrennt und sich die Rückkehr nach
Hause benimmt; das Leben besteht doch nicht allein aus Dejeuners und
Diners und Männern wie Fürst Schtsch. Mir scheint, Sie halten Aglaja
Iwanowna für ein Modedämchen oder für ein Pensionsfräulein; ich habe
darüber schon mit ihr gesprochen, und sie schien meiner Ansicht zu
sein. Passen Sie um sieben oder acht Uhr auf ... Ich würde an Ihrer
Stelle jemand dorthin schicken, um Wache zu halten, damit Sie genau den
Augenblick abpassen, wo sie aus der Haustür tritt. Schicken Sie doch
Kolja hin; Sie können sicher sein, daß er mit Vergnügen Spionsdienste
leisten wird, das heißt für Sie ... denn diese moralischen Dinge haben
alle nur einen relativen Wert ... Haha!«
    Ippolit ging

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