Der Idiot
soeben ein Geschichtchen durch die Zeitungen
gegangen sei, der sich absichtlich habe zum Geistlichen weihen lassen,
nachdem er selbst um diese Weihen gebeten und alle Zeremonien, alle
Kniebeugungen, Küsse, Gelöbnisse und so weiter ausgeführt habe, um
gleich am folgenden Tag seinem Bischof öffentlich in einem Brief zu
erklären, daß er, da er nicht an Gott glaube, es für ehrlos halte, das
Volk zu täuschen und sich von ihm ohne Gegenleistung ernähren zu
lassen, und daher die am vorhergehenden Tag ihm verliehene Würde wieder
niederlege und seinen Brief in fortschrittlichen Zeitungen abdrucken
lasse. Ähnlich diesem Atheisten habe auch der Fürst in seiner Weise ein
falsches Spiel getrieben. Sie erzählten, er habe absichtlich eine bei
den Eltern seiner Braut stattfindende solenne Abendgesellschaft
abgewartet, auf der er sehr vielen hervorragenden Persönlichkeiten habe
vorgestellt werden sollen, um laut und in Gegenwart aller seine
Anschauungsweise darzulegen, hochachtbare Würdenträger zu beschimpfen,
sich von seiner Braut öffentlich und in beleidigender Form loszusagen
und im Handgemenge mit den ihn hinausbringenden Dienern eine schöne
chinesische Vase zu zerschlagen. Um die modernen Sitten zu
charakterisieren, fügten sie noch hinzu, der unvernünftige junge Mann
habe seine Braut, die Generalstochter, wirklich geliebt, sich aber von
ihr einzig und allein aus Nihilismus und wegen des zu erwartenden
Skandals losgesagt, um sich nicht das Vergnügen zu versagen, vor den
Augen der ganzen Welt eine Gefallene zu heiraten und dadurch zu
beweisen, daß es in seiner Ideenwelt weder gefallene noch tugendhafte Frauen
gebe, sondern nur einzig und allein die freie Frau, und daß er jene
altmodische, in der Gesellschaft hergebrachte Unterscheidung nicht
anerkenne, sondern ausschließlich die Frauenfrage auf den Schild
erhebe. Ja, die gefallene Frau stehe in seinen Augen sogar noch etwas
höher als die nicht gefallene. Diese Darstellung erschien sehr
glaublich und wurde von der Mehrzahl der Sommerfrischler akzeptiert, um
so mehr, da sie durch die Ereignisse, die nun jeder weitere Tag
brachte, ihre Bestätigung fand. Allerdings blieb eine Menge von Dingen
unaufgeklärt: es wurde erzählt, das arme Mädchen habe ihren Bräutigam
(oder nach anderen: ihren Verführer) so innig geliebt, daß sie gleich
am nächsten Tag, nachdem er sich von ihr losgesagt habe, zu ihm
hingelaufen sei, als er sich gerade bei seiner Geliebten befunden habe;
andere behaupteten dagegen, er selbst habe sie absichtlich zu seiner
Geliebten hingelockt, lediglich aus Nihilismus, um sie zu beschimpfen
und zu beleidigen. Wie dem nun auch sein mochte, das Interesse an
diesem Ereignis wuchs von Tag zu Tag, um so mehr, da nicht der
geringste Zweifel daran blieb, daß die skandalöse Hochzeit wirklich
stattfinden werde.
Und wenn uns nun jemand eine Erklärung abverlangte, nicht
hinsichtlich der nihilistischen Färbung, die man dem Ereignis verliehen
hatte, o nein, sondern nur darüber, inwieweit die in Aussicht genommene
Hochzeit den wirklichen Wünschen des Fürsten entsprochen habe, worin
eigentlich in diesem Augenblick seine Wünsche bestanden hätten, wie
eigentlich der Seelenzustand unseres Helden im vorliegenden Zeitpunkt
zu charakterisieren sei, und über andere Punkte dieser Art: dann müßten
wir bekennen, daß wir uns in großer Verlegenheit befinden, was wir
darauf antworten sollen. Wir wissen nur das eine, daß die Hochzeit
wirklich angesetzt wurde, und daß der Fürst selbst Lebedjew, Keller und
einem Bekannten Lebedjews, den letzterer ihm bei diesem Anlaß
vorstellte, Vollmacht gab, alle dazu erforderlichen Besorgungen, sowohl
kirchlicher als auch wirtschaftlicher Art, zu erledigen; daß sie
angewiesen wurden, das Geld dabei nicht zu sparen; daß Nastasja
Filippowna zur Hochzeit drängte und sie zu beschleunigen wünschte; daß
zum Bräutigamsmarschall des Fürsten Keller auf seine eigene dringende
Bitte ernannt wurde und zu Nastasja Filippownas Brautmarschall
Burdowski, der dieses Amt mit Begeisterung übernahm, und daß der
Hochzeitstag auf Anfang Juli festgesetzt wurde. Aber außer diesen
durchaus sicheren Details sind uns noch einige Tatsachen bekannt, die
uns entschieden wieder irremachen, nämlich deswegen, weil sie den
vorhergehenden widersprechen. Wir hegen zum Beispiel starken Verdacht,
daß der Fürst, nachdem er Lebedjew und die andern mit der Erledigung
aller Geschäfte betraut hatte, gleich am selben Tag die erfolgte
Ernennung
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