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Der Idiot

Der Idiot

Titel: Der Idiot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor Michailowitsch Dostojewski
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auf den Hals gezogen; aber er, siehst du wohl, hat sich
neue Freunde erworben, und noch dazu was für welche; ich kenne sie!«
Lebedjew, der ziemlich »fertig« war, seufzte und erwiderte: »Er hat es
den Weisen und Klugen verborgen und den Unmündigen offenbart; das habe
ich schon früher mit Bezug auf ihn gesagt, und jetzt füge ich hinzu:
Gott hat auch diesen Unmündigen selbst bewahrt und vom Abgrund
errettet. Er und alle seine Heiligen!«
    Endlich um halb elf ließen alle den Fürsten allein; der Kopf tat ihm
weh; als letzter von allen ging Kolja weg, nachdem er ihm noch
behilflich gewesen war, den Hochzeitsanzug mit der Hauskleidung zu
vertauschen. Sie nahmen voneinander sehr herzlichen Abschied. Kolja
redete nicht über das Geschehene, versprach aber, morgen recht früh
wiederzukommen. Er bezeugte später, der Fürst habe ihm bei diesem
letzten Abschied nichts von der Zukunft gesagt, also auch vor ihm seine
Absichten geheimgehalten. Bald war im ganzen Haus fast niemand mehr
zurückgeblieben: Burdowski war zu Ippolit gegangen; Keller und Lebedjew
hatten sich zusammen irgendwohin begeben. Nur Wjera Lebedjewa blieb
noch einige Zeit in den Zimmern und versetzte sie mit möglichster
Beschleunigung aus dem festtäglichen wieder in ihren gewöhnlichen
Zustand. Als sie wegging, blickte sie zum Fürsten hinein. Er saß am
Tisch, auf beide Ellbogen gestützt, das Gesicht in den Händen
verborgen. Sie trat leise an ihn heran und berührte ihn an der
Schulter; der Fürst blickte sie verständnislos an und schien sich eine
ganze Weile zu besinnen; als er sich dann aber an alles erinnert und
sich alles vergegenwärtigt hatte, geriet er plötzlich in große
Aufregung. Das Ende war übrigens, daß er Wjera dringend bat, sie möchte
doch morgen früh zum ersten Zug um sieben Uhr an seine Tür klopfen.
Wjera versprach es; der Fürst bat sie inständig, niemandem etwas davon
mitzuteilen; sie versprach auch dies, und zuletzt, als sie schon die
Tür geöffnet hatte, um hinauszugehen, hielt der Fürst sie noch ein
drittes Mal zurück, ergriff ihre beiden Hände, küßte ihr diese, küßte
dann auch sie selbst auf die Stirn und sagte mit einem »ganz
besonderen« Gesichtsausdruck zu ihr: »Auf morgen!« So berichtete
wenigstens Wjera nachher. Sie ging in großer Angst um ihn fort. Am
Morgen fühlte sie sich einigermaßen beruhigt, als sie um sieben Uhr der
Verabredung gemäß an seine Tür geklopft und ihn benachrichtigt hatte,
daß der Zug nach Petersburg in einer Viertelstunde abgehe; es schien
ihr, er habe, als er die Tür öffnete, ganz frisch ausgesehen und sogar
gelächelt. Er hatte sich in der Nacht fast gar nicht ausgekleidet, aber
doch geschlafen. Er äußerte, möglicherweise werde er noch an demselben
Tag zurückkommen. Somit war sie die einzige, der er in diesem
Augenblick für möglich und notwendig befunden hatte mitzuteilen, daß er
nach der Stadt fahre.

XI
    Eine Stunde darauf war er bereits in Petersburg, und zwischen neun
und zehn Uhr klingelte er bei Rogoschin. Er hatte das Haus durch den
Haupteingang betreten, und es wurde ihm lange nicht geöffnet. Endlich
öffnete sich die Tür zur Wohnung der alten Frau Rogoschina, und es
erschien die alte, ehrbare Dienerin.
    »Parfen Semjonowitsch ist nicht zu Hause«, benachrichtigte sie ihn, in der Tür stehend. »Zu wem wollten Sie?«
    »Zu Parfen Semjonowitsch.«
    »Er ist nicht zu Hause.«
    Die Dienerin betrachtete den Fürsten mit sonderbarer Neugier.
    »Sagen Sie mir wenigstens, ob er die Nacht über zu Hause gewesen ist! Und ... ist er gestern allein zurückgekommen?«
    Die Dienerin fuhr fort, ihn anzusehen, gab ihm aber keine Antwort.
    »War nicht gestern ... gegen Abend ... Nastasja Filippowna mit ihm zusammen hier?«
    »Gestatten Sie die Frage, wer Sie selbst sind!«
    »Fürst Ljow Nikolajewitsch Myschkin; wir sind sehr gut miteinander bekannt.«
    »Er ist nicht zu Hause.«
    Die Dienerin schlug die Augen nieder.
    »Und Nastasja Filippowna?«
    »Davon weiß ich nichts.«
    »Warten Sie, warten Sie! Wann wird er denn wiederkommen?«
    »Das weiß ich auch nicht.«
    Die Tür schloß sich.
    Der Fürst beschloß, nach einer Stunde wiederzukommen. Als er auf den Hof blickte, fand er dort den Hausknecht.
    »Ist Parfen Semjonowitsch zu Hause?«
    »Jawohl, er ist zu Hause.«
    »Wie kommt es denn, daß mir soeben gesagt wurde, er wäre nicht zu Hause?«
    »Ist Ihnen das in seiner Wohnung gesagt worden?«
    »Nein, eine Dienerin hat es mir von der Wohnung der Mutter aus
gesagt;

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