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Der Idiot

Der Idiot

Titel: Der Idiot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor Michailowitsch Dostojewski
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Kindern Mitleid gehabt hat? Alles hat er
uns geraubt, alles weggeschleppt, alles verkauft und versetzt; nichts
hat er uns gelassen! Was soll ich mit deinen Schuldscheinen anfangen,
du listiger, gewissenloser Mensch? Antworte, du Betrüger, antworte mir,
du unersättlicher Räuber: womit soll ich meine vaterlosen Kinder satt
machen? Da kommt er nun betrunken her und kann nicht auf den Beinen
stehen ...! Womit habe ich Gott den Herrn erzürnt, du schändlicher,
abscheulicher Gauner? Antworte!«
    Aber der General war nicht dazu aufgelegt, diese Frage zu beantworten.
    »Marfa Borisowna, da sind fünfundzwanzig Rubel ... das ist alles,
was ich durch die Beihilfe meines edelmütigen Freundes geben kann.
Fürst! Ich habe mich schrecklich geirrt! Ja, so ist ... das Leben ...
Aber jetzt ... verzeihen Sie, ich fühle mich schwach«, fuhr der
General, mitten im Zimmer stehend und sich nach allen Seiten
verbeugend, fort. »Ich fühle mich schwach, verzeihen Sie! Lenotschka!
Ein Kissen ... liebes Kind!«
    Lenotschka, ein Mädchen von acht Jahren, lief sofort ein Kissen
holen und legte es auf das mit Wachstuch überzogene, harte, abgenutzte
Sofa. Der General setzte sich darauf, mit der Absicht, noch vieles zu
sagen; aber kaum hatte er das Sofa berührt, als er sich sofort zur
Seite neigte, sich nach der Wand zu wandte und in den Schlaf des
Gerechten versank. Marfa Borisowna bot dem Fürsten zeremoniös und mit
kummervoller Miene einen Stuhl an einem der Spieltische an, setzte sich
selbst ihm gegenüber, stützte die rechte Wange in die Hand, sah den
Fürsten schweigend an und seufzte dabei. Drei kleine Kinder, zwei
Mädchen und ein Knabe, von denen Lenotschka das älteste war, traten
ebenfalls an den Tisch heran, legten alle drei die Arme darauf und
betrachteten den Fürsten unverwandt. Aus dem anstoßenden Zimmer kam
Kolja herein.
    »Ich freue mich sehr, daß ich Sie hier getroffen habe, Kolja«,
wandte sich der Fürst an ihn. »Können Sie mir nicht helfen? Ich muß
unter allen Umständen zu Nastasja Filippowna. Ich habe vorhin Ardalion
Alexandrowitsch darum gebeten, mich hinzubringen; aber der ist ja nun
eingeschlafen. Führen Sie mich hin; denn ich weiß hier mit den Straßen
nicht Bescheid. Die Adresse habe ich übrigens: beim Großen Theater, im
Haus der Frau Mytowzowa.«
    »Nastasja Filippowna? Die hat überhaupt nie beim Großen Theater
gewohnt, und der Vater ist nie bei ihr gewesen, wenn Sie das wissen
wollen; ich wundere mich, daß Sie von ihm eine Unterstützung erwartet
haben. Sie wohnt nicht weit von der Wladimirskaja-Straße, bei den Fünf
Ecken; das ist von hier viel näher. Wollen Sie jetzt gleich hin? Es ist
jetzt halb zehn. Wenn es Ihnen recht ist, will ich Sie hinführen.«
    Der Fürst und Kolja gingen sogleich weg. Aber leider hatte der Fürst
kein Geld, um eine Droschke zu nehmen, und so mußten sie den Weg zu Fuß
machen.
    »Ich hätte Sie gern mit Ippolit bekanntgemacht«, sagte Kolja; »er
ist der älteste Sohn dieser Hauptmannsfrau in der Jacke und war im
andern Zimmer; er ist krank und hat heute den ganzen Tag im Bett
gelegen. Aber er ist so sonderbar; er hat eine sehr feine Empfindung,
und ich glaube, er hätte sich vor Ihnen geschämt, weil Sie gerade zu
einer solchen Szene gekommen waren ... Aber ich, ich schäme mich nicht
so wie er, weil es sich bei mir um den Vater handelt und bei ihm um die
Mutter, und das macht doch einen Unterschied, weil für das männliche
Geschlecht in solchen Dingen nichts Entehrendes liegt. Übrigens hat
diese Ansicht von einem Vorrang des männlichen Geschlechts auf diesem
Gebiet vielleicht keine innere Begründung. Ippolit ist ein prächtiger
Mensch, aber ein Sklave mancher vorgefaßten Meinungen.«
    »Sie sagen, er ist schwindsüchtig?«
    »Ja, ich glaube, daß es für ihn das beste wäre, wenn er bald stürbe.
Ich würde mir an seiner Stelle jedenfalls den Tod wünschen. Ihm tun
aber sein Bruder und seine Schwestern leid, die Kleinen, die Sie
gesehen haben. Wenn es möglich wäre, wenn wir nur das nötige Geld
hätten, dann würden wir beide, er und ich, uns eine besondere Wohnung
mieten und uns von unseren Familien trennen. Das ist unser Ideal. Aber
wissen Sie was? Als ich ihm vorhin von Ihrer Affäre mit Ganja erzählte,
da wurde er ganz ärgerlich und sagte, wer eine Ohrfeige hinnehme und
den Beleidiger nicht zum Duell herausfordere, der sei ein Lump. Er ist
übrigens schrecklich reizbar; ich lasse mich nie mehr darauf ein, mit
ihm zu disputieren. Also da hat Nastasja

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