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Der Idiot

Der Idiot

Titel: Der Idiot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor Michailowitsch Dostojewski
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Filippowna Sie gleich zu sich
eingeladen?«
    »Das ist es ja eben, daß sie das nicht getan hat.«
    »Aber wie können Sie dann zu ihr hingehen?« rief Kolja erstaunt und
blieb sogar mitten auf dem Trottoir stehen. »Und ... und in diesem
Anzug? Es ist doch da heute eine Abendgesellschaft nur für geladene
Gäste!«
    »Ich weiß auch tatsächlich nicht, wie ich Einlaß finden werde.
Empfängt sie mich, gut; wenn nicht, nun, so ist die Sache eben
mißglückt. Und was den Anzug angeht, was ist da zu machen?«
    »Führt Sie denn eine besondere Angelegenheit dorthin? Oder gehen Sie nur hin, pour passer le temps in ›feiner Gesellschaft‹?«
    »Nein, ich habe eigentlich ... das heißt, ich habe allerdings eine
besondere Angelegenheit ... es ist schwer, das auszudrücken, aber ...«
    »Nun, von welcher Art Ihre Angelegenheit genauer ist, das ist ja nur
Ihre Sache; mir ist die Hauptsache, daß Sie sich da heute abend nicht
einfach in die entzückende Gesellschaft von Kameliendamen, Generälen
und Halsabschneidern eindrängen wollen. Wenn das Ihre Absicht wäre,
dann würde ich (verzeihen Sie, Fürst!) Sie auslachen und verachten.
Hier gibt es sehr wenige ehrenhafte Leute, und man kann eigentlich
niemanden so recht von Herzen hochachten. Unwillkürlich gewöhnt man
sich da, von oben auf sie herabzublicken, und dabei wollen sie doch
alle respektiert sein; Warja in erster Linie. Und haben Sie wohl
bemerkt, Fürst: in unserem Zeitalter sind alle Menschen Abenteurer!
Ganz besonders bei uns in Rußland, in unserm lieben Vaterland. Und wie
sich das alles so herausgebildet hat, das ist mir unbegreiflich. Alles
schien so fest und solide zu sein; und jetzt? Da reden und schreiben
nun die Leute überall. Sie decken Übelstände auf. Alle Leute sind bei
uns damit beschäftigt, Übelstände aufzudecken. Die Eltern sind die
ersten, die den Rückzug antreten und sich ihrer früheren moralischen
Grundsätze schämen. In Moskau hat ein Vater seinem Sohn als Lebensregel
aufgestellt, vor nichts zurückzuschrecken, wenn es sich darum handelt,
Geld zu verdienen; die Sache ist bekanntlich in der Presse besprochen
worden. Sehen Sie meinen Vater, den General, an! Was ist aus ihm
geworden? Übrigens, wissen Sie was? Mir scheint, daß er ein ehrenhafter
Mann ist; wahrhaftig, das glaube ich! Es liegt bei ihm nur an einer
gewissen Lässigkeit und am Trinken. Wahrhaftig, so ist es! Er tut mir
sogar leid; nur fürchte ich mich, das auszusprechen, weil mich sonst
alle auslachen; aber wahrhaftig, er tut mir leid. Und was ist an ihnen,
den Klugen, dran? Sie sind sämtlich Wucherer, alle ohne Ausnahme!
Ippolit verteidigt den Wucher; er sagt, der sei eine Notwendigkeit,
eine wirtschaftliche Erschütterung, eine Art Ebbe und Flut, hol's der
Henker! Mir mißfällt das sehr an ihm; aber er verbleibt erbittert bei
seiner Meinung. Denken Sie nur: seine Mutter, die Frau Hauptmann,
bekommt Geld von meinem Vater und leiht es ihm dann wieder zu hohen
Prozenten; ein ganz schändliches Benehmen! Und wissen Sie, daß die
Mama, das heißt meine Mama, Nina Alexandrowna, Ippolit mit Geld,
Kleidungsstücken, Wäsche und allem möglichen unterstützt und durch ihn
zum Teil sogar auch die andern Kinder, weil die von ihrer Mutter
vollständig vernachlässigt werden? Und Warja tut dasselbe.«
    »Nun, sehen Sie wohl! Sie sagten, es gebe keine ehrenhaften,
sittlich starken Menschen, und alle seien Wucherer; da haben Sie ja nun
gleich ein paar sittlich starke Menschen: Ihre Mutter und Warja. Hier
zu helfen, unter solchen Umständen zu helfen, ist das etwa nicht ein
Zeichen sittlicher Kraft?«
    »Warja tut es aus Ehrgeiz, aus Prahlsucht, um nicht hinter der
Mutter zurückzubleiben; na, aber Mama, die tut es wirklich ... ich
empfinde gegen sie Hochachtung. Ja, ich billige und achte eine solche
Handlungsweise. Sogar Ippolit hat ein Gefühl dafür; aber er ist fast
ganz verbittert. Zuerst wollte er sich darüber lustig machen und nannte
es von Mamas Seite eine Gemeinheit; aber jetzt urteilt er manchmal doch
anders darüber. Hm! Also Sie nennen das sittliche Kraft? Das will ich
mir merken. Ganja weiß nichts davon; sonst würde er es
Selbstverweichlichung nennen.«
    »Ganja weiß nichts davon? Es scheint, daß Ganja auch sonst sehr
vieles nicht weiß«, entfuhr es unwillkürlich dem Fürsten, der sehr
nachdenklich geworden war.
    »Und wissen Sie, Fürst: Sie gefallen mir sehr. Ihr Verhalten vorhin Ganja gegenüber kommt mir gar nicht aus dem Sinn.«
    »Auch Sie gefallen mir sehr,

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