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Der Idiot

Der Idiot

Titel: Der Idiot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor Michailowitsch Dostojewski
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gäbe!« erwiderte Ferdyschtschenko. »Ei, ei, Sie
junger Mann!«
    »Aber ich weiß gar nicht, welche meiner Handlungen ich für die schlechteste halten soll«, warf die gewandte Dame ein.
    »Die Damen sind von der Pflicht, zu erzählen, dispensiert«,
wiederholte Ferdyschtschenko, »aber eben nur dispensiert: wenn sie sich
aus freien Stücken dazu erbieten, so wird das mit dankbarer Anerkennung
aufgenommen. Die Herren aber werden nur dispensiert, wenn sie durchaus
nicht wollen.«
    »Aber wie soll ich da beweisen, daß ich nicht lüge?« fragte Ganja.
»Wenn ich aber lüge, so verliert das ganze Spiel seinen Sinn. Und wer
wird denn nicht lügen? Jeder wird es unfehlbar tun.«
    »Aber auch das ist schon reizvoll, zu sehen, wie jemand dann lügt.
Und was dich betrifft, Ganja, so brauchst du dich vor dem Lügen nicht
besonders zu fürchten, da deine schlechteste Handlung sowieso schon
allen bekannt ist. Und denken Sie nur, meine Herrschaften«, rief
Ferdyschtschenko ganz enthusiastisch, »denken Sie nur, mit was für
Augen wir nachher einander ansehen werden, zum Beispiel morgen, nach
diesen Erzählungen!«
    »Aber ist's möglich? Soll denn das wirklich Ernst sein, Nastasja Filippowna?« fragte Tozki würdevoll.
    »Wer sich vor dem Wolf fürchtet, soll nicht in den Wald gehen!« versetzte Nastasja Filippowna lächelnd.
    »Aber erlauben Sie, Herr Ferdyschtschenko, wie kann man denn daraus
ein Gesellschaftsspiel machen?« fuhr Tozki, der immer unruhiger wurde,
fort. »Ich versichere Ihnen, daß solche Dinge nie gelingen; Sie sagen
ja selbst, daß es schon einmal mißglückt ist.«
    »Wieso mißglückt? Ich habe das vorige Mal erzählt, wie ich drei
Rubel gestohlen habe; das habe ich ganz einfach und ohne weiteres
erzählt!«
    »Wenn auch. Aber Sie konnten es doch unmöglich so erzählen, daß es
wahrscheinlich klang und man es Ihnen glaubte. Und Gawrila
Ardalionowitsch hat ganz richtig bemerkt, daß das Spiel jeden Sinn
verliert, sobald man der Erzählung anzumerken glaubt, daß sie nicht
wahr ist. Die Wahrheit wird dabei nur dann gesagt werden, wenn sich
jemand zufällig in einer eigenartigen, unfeinen, prahlerischen Stimmung
befindet, eine Stimmung, die hier undenkbar ist und durchaus unpassend
sein würde.«
    »Aber was sind Sie für ein feinfühliger Mensch, Afanasi Iwanowitsch!
Sie setzen mich geradezu in Erstaunen!« rief Ferdyschtschenko. »Denken
Sie nur, meine Herrschaften, durch seine Bemerkung, ich hätte von
meinem Diebstahl nicht so erzählen können, daß es glaubhaft geklungen
habe, deutet Afanasi Iwanowitsch auf die feinste Weise an, daß ich den
Diebstahl auch tatsächlich nicht ausgeführt haben könne (denn das so
geradeheraus laut zu sagen, wäre unpassend), obwohl er vielleicht im
stillen ganz davon überzeugt ist, daß Ferdyschtschenko es sehr wohl
habe fertigbringen können, zu stehlen! Aber zur Sache, meine Herren,
zur Sache; die Lose sind eingesammelt, und auch Sie, Afanasi
Iwanowitsch, haben das ihrige hineingelegt; also schließt sich niemand
aus. Nun nehmen Sie die Ziehung vor, Fürst!«
    Der Fürst fuhr schweigend mit der Hand in den Hut und zog die Lose heraus.
    Als erstes das Ferdyschtschenkos, als zweites das Ptizyns, als
drittes das des Generals, als viertes das Afanasi Iwanowitschs, als
fünftes das seinige, als sechstes das Ganjas und so weiter. Die Damen
hatten keine Lose hineingelegt.
    »O Gott, welches Malheur!« rief Ferdyschtschenko. »Und ich hatte
gedacht, zuerst würde der Fürst darankommen und dann der General! Aber
Gott sei Dank, wenigstens kommt Iwan Petrowitsch nach mir; da werde ich
für meine Offenherzigkeit entschädigt werden. Nun, meine Herren, ich
bin natürlich verpflichtet, ein gutes Beispiel zu geben; aber am
meisten bedaure ich in diesem Augenblick, daß ich ein so unbedeutender
Mensch bin und nichts Bemerkenswertes an mir habe; selbst meine
dienstliche Rangstellung ist eine ganz niedrige; was für ein Interesse
kann es denn erwecken, daß Ferdyschtschenko eine häßliche Handlung
begangen hat? Und welches ist denn meine schlechteste Handlung? Da
liegt ein embarras de richesse vor. Soll ich etwa wieder von demselben
Diebstahl erzählen, um Afanasi Iwanowitsch davon zu überzeugen, daß man
stehlen kann, ohne eigentlich ein Dieb zu sein ...?«
    »Sie überzeugen mich auch davon, Herr Ferdyschtschenko, daß man
tatsächlich ein bis zur Berauschtheit gehendes Vergnügen empfinden
kann, wenn man von seinen unsauberen Handlungen erzählt, obwohl man
nicht danach gefragt

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