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Der Idiot

Titel: Der Idiot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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vielmehr nötig gefunden, zu Ihnen zu kommen, in einer ernsten Angelegenheit ... sonst hätte ich Sie nicht belästigt. Ich will in das unbekannte Land gehen, und diesmal scheint es ernst zu sein. Ich bin kaputt! Glauben Sie mir, ich sage das nicht, um mich bedauern zu lassen ... ich hatte mich heute gegen zehn Uhr schon hingelegt, um vor dem Jüngsten Tag überhaupt nicht mehr aufzustehen; aber ich habe meine Absicht geändert und bin noch einmal aufgestanden, um zu Ihnen zu kommen ... also muß es wohl etwas Dringliches sein.«
    »Es ist mir ein Schmerz, Sie anzusehen; Sie hätten mich doch lieber rufen lassen sollen, statt sich selbst herzubemühen.«
    »Na, nun lassen Sie es genug sein! Sie haben mich bedauert und somit der gesellschaftlichen Höflichkeit Genüge getan ... Ja, das hatte ich vergessen: wie steht es mit Ihrer Gesundheit?«
    »Ich bin gesund. Ich befand mich gestern ... nicht ganz ...«
    »Ich habe davon gehört, ich habe davon gehört! Die chinesische Vase hat daran glauben müssen; schade, daß ich nicht dabei war! Ich bin in einer ernsten Angelegenheit gekommen. Erstens hatte ich heute das Vergnügen, Gawrila Ardalionowitsch bei einem Rendezvous mit Aglaja Iwanowna an der grünen Bank zu sehen. Ich bin darüber erstaunt gewesen, was für ein dummes Gesicht ein Mensch machen kann. Ich sagte das zu Aglaja Iwanowna selbst, nachdem Gawrila Ardalionowitsch weggegangen war ... Es scheint, Sie wundern sich über nichts, Fürst«, fügte er hinzu, indem er mißtrauisch das ruhige Gesicht des Fürsten ansah. »Man sagt, sich über nichts zu wundern sei ein Kennzeichen von großem Verstand; meiner Ansicht nach könnte es in gleichem Maß als ein Kennzeichen großer Dummheit dienen ... Ich spiele übrigens damit nicht auf Sie an; entschuldigen Sie ... Ich bin heute in der Wahl meiner Ausdrücke sehr unglücklich.«
    »Ich habe schon gestern erfahren, daß Gawrila Ardalionowitsch ...« Der Fürst verstummte, sichtlich verlegen, obwohl Ippolit sich darüber ärgerte, daß er sich nicht wunderte.
    »Sie haben es gewußt! Das ist eine Neuigkeit! Übrigens brauchen Sie mir meinetwegen nichts zu erzählen ... Aber Zeuge des Rendezvous sind Sie heute nicht gewesen?«
    »Wenn Sie selbst dort waren, werden Sie ja gesehen haben, daß ich nicht da war.«
    »Na, Sie konnten ja in einem Busch gesessen haben. Übrigens freue ich mich jedenfalls über den Ausgang, selbstverständlich für Sie; sonst hätte ich schon geglaubt, Gawrila Ardalionowitsch liefe Ihnen den Rang ab!«
    »Ich bitte Sie, Ippolit, mit mir darüber nicht zu reden und nicht in solchen Ausdrücken.«
    »Das ist um so weniger nötig, da Sie bereits alles wissen.«
    »Sie irren sich; ich weiß fast nichts, und Aglaja Iwanowna weiß sicherlich, daß ich nichts weiß. Ich habe auch von diesem Rendezvous nicht das geringste gewußt. Sie sagen, es habe ein Rendezvous stattgefunden? Nun gut, verlassen wir dieses Thema ...«
    »Aber was heißt denn das? Bald haben Sie es gewußt, bald haben Sie es nicht gewußt! Sie sagen: ›Gut, verlassen wir dieses Thema‹? Aber seien Sie doch nicht so vertrauensselig! Besonders wenn Sie nichts wissen. Eben darum sind Sie so vertrauensselig, weil Sie nichts wissen. Aber wissen Sie wohl, was für Pläne diese beiden Menschen, der Bruder und die Schwester, verfolgen? Haben Sie darüber vielleicht einen Argwohn ...? Gut, gut, ich verlasse dieses Thema ...«, fügte er hinzu, als er bemerkte, daß der Fürst eine ungeduldige Handbewegung machte. »Aber ich bin in einer eigenen Angelegenheit hergekommen und möchte Ihnen in dieser Hinsicht eine Erklärung geben. Hol's der Teufel, man kann absolut nicht sterben ohne ›Erklärungen‹; es ist schrecklich, wieviel Erklärungen ich abgebe. Wollen Sie mich anhören?«
    »Reden Sie; ich höre.«
    »Ich ändere aber doch wieder meine Absicht: ich fange doch mit Ganja an. Können Sie sich das vorstellen, daß auch ich heute angewiesen wurde, nach der grünen Bank zu kommen? Übrigens, ich will nicht lügen: ich selbst habe um ein Rendezvous ersucht, habe dringend darum gebeten; ich versprach, ein Geheimnis zu enthüllen. Ich weiß nicht, ob ich zu früh hinkam (wie es scheint, kam ich tatsächlich zu früh); aber kaum hatte ich meinen Platz neben Aglaja Iwanowna eingenommen, da sehe ich, daß Gawrila Ardalionowitsch und Warwara Ardalionowna erscheinen, beide Arm in Arm, als ob sie spazierengingen. Sie mochten wohl beide sehr überrascht sein, mich dort zu finden; das hatten sie nicht

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