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Der Idiot

Der Idiot

Titel: Der Idiot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor M. Dostojewskij
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nicht, daß ich es tun werde?«
    »Ich will Sie nicht anstacheln, ich halte es vielmehr für sehr möglich, daß Sie sich erschießen werden. Vor allen Dingen werden Sie nicht böse!...« sagte Jewgenij Pawlowitsch langsam, indem er die Worte in gönnerhafter Weise dehnte.
    »Ich sehe erst jetzt, was für einen ungeheuren Fehler ich damit begangen habe, daß ich Ihnen dieses Heft vorgelesen habe!« erwiderte Ippolit und blickte Jewgenij Pawlowitsch auf einmal mit so vertrauensvoller Miene an, als bäte er einen Freund um einen freundschaftlichen Rat.
    »Es ist eine komische Situation für Sie, aber ... ich weiß wirklich nicht, was ich Ihnen raten soll«, antwortete Jewgenij Pawlowitsch lächelnd.
    Ippolit sah ihn mit unverwandtem Blick ernst und starr an und schwieg. Man konnte denken, daß er zeitweilig völlig geistesabwesend war.
    »Nein, erlauben Sie, was ist denn das für eine Art!« ereiferte sich Lebedew. »›Ich will mich im Park erschießen‹, sagt er, ›um niemand zu stören!‹ Er denkt wohl, daß er niemand stört, wenn er die Stufen hinuntersteigt und drei Schritte weit in den Garten geht.«
    »Meine Herren ...«, begann der Fürst.
    »Nein, erlauben Sie, hochverehrter Fürst«, unterbrach ihn Lebedew wütend, »da Sie selbst sehen, daß das kein Scherz ist, und da mindestens die Hälfte Ihrer Gäste der gleichen Meinung und der bestimmten Überzeugung ist, daß er jetzt, nach allem hier Gesprochenen, um der Ehre willen sich unter allen Umständen erschießen muß, so erkläre ich als der Hausherr in Gegenwart dieser Zeugen, daß ich Sie auffordere, mir behilflich zu sein!«
    »Was sollen wir denn tun, Lebedew? Ich bin gern bereit, Ihnen zu helfen.«
    »Was geschehen muß, ist dies: erstens soll er sofort die Pistole ausliefern, von der er uns vorgeprahlt hat, sowie das sämtliche Zubehör. Wenn er das tut, so will ich in Anbetracht seines krankhaften Zustandes damit einverstanden sein, daß er diese Nacht im Hause bleibt, natürlich unter der Bedingung, daß er von mir beaufsichtigt wird. Morgen aber muß er unter allen Umständen fort, da mag er gehen, wohin es ihm beliebt; nehmen Sie es nicht übel, Fürst! Wenn er aber seine Waffe nicht ausliefert, so werde ich ihn unverzüglich an den Armen packen, ich am einen, der General am andern, und ich werde sofort zur Polizei schicken und sie benachrichtigen; die wird dann schon das Weitere veranlassen. Herr Ferdyschtschenko als guter Bekannter von mir wird so freundlich sein und hingehen.«
    Ein großer Lärm erhob sich. Lebedew war in eine Hitze geraten, die bereits jedes Maß überstieg; Ferdyschtschenko »Sie meinen vielleicht, daß ich verrückt bin?« fragte er, indem er ihn, seltsam auflachend, ansah.
    »Nein, aber Sie ...«
    »Gleich, gleich, seien Sie still; reden Sie nicht; bleiben Sie stehen ... ich will Ihnen in die Augen sehen ... Bleiben Sie so stehen, ich will Sie ansehen. Ich will vom Menschen Abschied nehmen.«
    Er stand und blickte, ohne sich zu rühren, den Fürsten schweigend etwa zehn Sekunden lang an. Er war sehr blaß, seine Schläfen waren feucht von Schweiß. Er hielt den Fürsten in sonderbarer Weise an der Schulter gefaßt, als fürchtete er sich, ihn loszulassen.
    »Ippolit, Ippolit, was ist Ihnen?« rief der Fürst.
    »Gleich ... es ist genug ... ich werde mich hinlegen. Ich will einen Schluck auf die Gesundheit der Sonne trinken ... Ich will es, ich will es, lassen Sie mich!«
    Er ergriff schnell ein Glas vom Tisch, stürzte davon und stand im nächsten Augenblick am Ausgang der Veranda. Der Fürst wollte ihm nachlaufen, aber es traf sich, daß gerade in diesem Moment Jewgenij Pawlowitsch ihm die Hand hinstreckte, um ihm Lebewohl zu sagen. Es verging eine Sekunde, und plötzlich erscholl in der Veranda ein allgemeiner Aufschrei. Dann folgte ein Augenblick ärgster Verwirrung.
    Folgendes war geschehen:
    Als Ippolit ganz nahe an den Ausgang der Veranda gelangt war, blieb er stehen, in der linken Hand hielt er das Glas, die rechte hatte er in die rechte Seitentasche seines Mantels gesteckt. Keller versicherte nachher, Ippolit habe schon vorher diese Hand immer in der rechten Tasche gehabt, schon als er mit dem Fürsten gesprochen und ihn mit der linken Hand an die Schulter und den Kragen gefaßt habe, und diese rechte Hand in der Tasche habe schon damals seinen, Kellers, ersten Verdacht erregt. Wie dem auch sein mochte, jedenfalls veranlaßte ihn eine gewisse Unruhe, Ippolit ebenfalls nachzulaufen. Aber auch er kam zu spät. Er

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