Der Idiot
Fürst!«
Der General entfernte sich mit schnellen Schritten.
»Ich weiß, zu welchem Grafen er es so eilig hat!« bemerkte Lisaweta Prokofjewna in scharfem Ton und lenkte gereizt ihre Blicke auf den Fürsten. »Ja, was war doch gleich?« begann sie, indem sie sich mürrisch und ärgerlich zu erinnern suchte. »Wovon redeten wir nur? Ach ja: was war das für ein Abt?«
»Maman!« begann Alexandra, und Aglaja stampfte sogar mit dem Füßchen.
»Stören Sie mich nicht, Alexandra Iwanowna!« schalt die Generalin. »Ich will das auch wissen. Setzen Sie sich, Fürst, da auf diesen Sessel mir gegenüber; nein, hierher, rücken Sie mehr in die Sonne, ins Licht, damit ich Sie sehen kann! Nun also, was war das für ein Abt?«
»Der Abt Pafnutij«, antwortete der Fürst aufmerksam und ernst.
»Pafnutij? Das ist interessant; also was war mit ihm?«
Die Generalin fragte ungeduldig, schnell, in scharfem Ton, ohne die Augen von dem Fürsten wegzuwenden, und als der Fürst antwortete, nickte sie zu jedem seiner Worte mit dem Kopfe.
»Der Abt Pafnutij lebte im vierzehnten Jahrhundert«, begann der Fürst. »Er stand einem Kloster an der Wolga vor, in unserem jetzigen Gouvernement Kostroma. Er war durch sein frommes Leben weit und breit bekannt; er reiste auch zur Goldenen Horde, half die damals schwebenden Angelegenheiten ordnen und unterzeichnete ein Schriftstück; von dieser Unterschrift habe ich ein Faksimile gesehen. Die Schrift gefiel mir, und ich übte mich in ihr. Als der General vorhin sehen wollte, wie ich schreibe, um mir eine passende Stellung anzuweisen, schrieb ich einige Sätze in verschiedenen Schriftgattungen nieder und unter anderm auch den Satz: ›Der Abt Pafnutij hat dies eigenhändig unterzeichnet‹ in der Schrift des Abtes Pafnutij. Das gefiel dem General sehr, und so hat er es denn jetzt erwähnt.«
»Aglaja«, sagte die Generalin, »merk es dir: Pafnutij! Oder notier es dir lieber; ich vergesse dergleichen sonst immer. Übrigens hatte ich gedacht, die Sache würde interessanter sein. Wo ist denn diese Unterschrift?«
»Ich glaube, sie ist im Arbeitszimmer des Generals geblieben, auf dem Tisch.«
»Schickt doch gleich jemand hin und laßt sie herholen!«
»Ich werde sie Ihnen lieber noch einmal schreiben, wenn es Ihnen recht ist.«
»Gewiß, maman«, sagte Alexandra, »aber jetzt wäre es das beste, wenn wir frühstückten, wir sind hungrig.«
»Auch das«, erwiderte die Generalin. »Kommen Sie, Fürst, haben Sie großen Hunger?«
»Ja, ich habe jetzt allerdings großen Hunger und sage Ihnen meinen besten Dank.«
»Das ist sehr nett, daß Sie so höflich sind, und ich finde, daß Sie überhaupt nicht so ein ... Sonderling sind, wie man Sie uns geschildert hat. Kommen Sie! Setzen Sie sich hierher, mir gegenüber!« sagte sie, als sie ins Eßzimmer gekommen waren, geschäftig und nötigte den Fürsten zum Sitzen. »Ich möchte Sie gern ansehen können. Alexandra, Adelaida, sorgt ihr beide für den Fürsten! Nicht wahr, er ist gar nicht so ... krank? Vielleicht ist auch die Vorsichtsmaßregel mit der Serviette nicht nötig... Hat man Ihnen beim Essen eine Serviette umgebunden, Fürst?«
»Früher, als ich etwa sieben Jahre alt war, hat man das wohl getan, aber jetzt lege ich mir die Serviette gewöhnlich auf die Knie, wenn ich esse.«
»So ist das auch in der Ordnung. Und Ihre Anfälle?«
»Anfälle?« fragte der Fürst ein wenig verwundert. »Anfälle kommen jetzt bei mir nur sehr selten vor. Übrigens, ich weiß nicht, es wird mir gesagt, das hiesige Klima werde mir schädlich sein.«
»Er spricht gut«, bemerkte die Generalin zu ihren Töchtern, sie nickte immer noch zu jedem Worte des Fürsten mit dem Kopf, »ich hatte das gar nicht erwartet. Es war also wie gewöhnlich nur dummes Zeug und Unwahrheit. Essen Sie, Fürst, und erzählen Sie, wo Sie geboren und wo Sie erzogen sind! Ich möchte alles wissen; Sie interessieren mich ganz außerordentlich.«
Der Fürst bedankte sich, und während er mit großem Appetit aß, begann er von neuem all das mitzuteilen, wovon er an diesem Morgen schon mehrmals zu reden Anlaß gehabt hatte. Die Generalin zeigte sich immer mehr befriedigt. Auch die jungen Damen hörten recht aufmerksam zu. Man suchte die Verwandtschaft festzustellen, wobei sich herausstellte, daß der Fürst seinen Stammbaum ziemlich gut im Kopf hatte; aber trotz aller Bemühung wollte sich zwischen ihm und der Generalin keinerlei Verwandtschaft ergeben. Nur zwischen den beiderseitigen
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