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Der Idiot

Der Idiot

Titel: Der Idiot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor M. Dostojewskij
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bleiben und mich heiraten, und du wirst allein nach Hause laufen. Willst du, willst du?« schrie sie wie eine Wahnsinnige, vielleicht ohne selbst daran zu glauben, daß sie solche Worte sprechen konnte.
    Aglaja stürzte erschrocken zur Tür, aber in der Tür blieb sie wie angenagelt stehen und hörte weiter zu.
    »Willst du, daß ich Rogoshin fortjage? Du glaubtest wohl, ich würde mich dir zuliebe schon mit Rogoshin trauen lassen? Gleich diesen Augenblick werde ich in deiner Gegenwart rufen: ›Mach, daß du wegkommst, Rogoshin!‹ und zum Fürsten werde ich sagen: ›Denkst du noch an das, was du mir versprochen hast?‹ O Gott, warum habe ich mich nur so vor ihnen allen erniedrigt? Und du, Fürst, hast du mir nicht beteuert, du würdest an meiner Seite bleiben, was auch mit mir geschehen möge, und mich niemals verlassen, und du hättest mich lieb und würdest mir alles verzeihen und würdest mich a... achten...? Ja, auch das hast du gesagt! Und ich bin damals von dir weggelaufen, nur um dir deine Freiheit wiederzugeben, aber jetzt will ich nicht mehr! Warum hat sie mich auch wie eine Dirne behandelt? Frag Rogoshin, ob ich eine Dirne bin, er wird es dir sagen! Was wirst du jetzt tun, wo sie mich beschimpft hat und noch dazu in deiner Gegenwart? Wirst auch du dich von mir abwenden, ihr deinen Arm bieten und sie mit dir fortnehmen? Dann sollst du verflucht sein, denn du bist der einzige Mensch gewesen, an den ich geglaubt habe. Geh weg, Rogoshin, dich kann ich nicht brauchen!« schrie sie fast besinnungslos; sie preßte die Worte mit Anstrengung hervor; ihr Gesicht war verzerrt, ihre Lippen trocken. Offenbar glaubte sie selbst nicht im geringsten an einen Erfolg ihrer Prahlerei, wünschte aber doch, diese Situation noch um einen Augenblick zu verlängern und sich selbst zu täuschen. Ihre Erregung war so stark, daß sie vielleicht den Tod zur Folge haben konnte, wenigstens glaubte das der Fürst. »Da steht er! Sieh hin!« rief sie endlich Aglaja zu und wies mit der Hand auf den Fürsten. »Wenn er nicht sofort zu mir herantritt und mich nimmt und dich verläßt, dann kannst du ihn behalten; ich trete ihn dir ab, ich kann ihn nicht brauchen...«
    Sie sowohl wie Aglaja standen nun schweigend da, wie wenn sie auf etwas warteten, und blickten beide wie geistesgestört nach dem Fürsten hin. Aber der verstand die ganze Bedeutung dieser Herausforderung vielleicht nicht; ja man kann sogar sagen: er verstand sie gewiß nicht. Er sah nur das verzweifelte, irrsinnige Gesicht vor sich, das, wie er sich einmal Aglaja gegenüber ausgedrückt hatte, bei ihm immer die Empfindung hervorrief, als ob ihm das Herz von einem tiefen Stich blute. Er konnte diesen Anblick nicht länger ertragen, wandte sich an Aglaja und sagte, auf Nastasja Filippowna weisend, im Ton vorwurfsvoller Bitte:
    »Wie ist es nur möglich! Sie ist doch... so unglücklich!«
    Aber kaum hatte er das gesagt, als er unter Aglajas furchtbarem Blick verstummte. In diesem Blick lag so viel Schmerz und gleichzeitig ein so grenzenloser Haß, daß er die Hände zusammenschlug, aufschrie und zu ihr hinstürzte, aber es war bereits zu spät. Sie hatte auch den kurzen Augenblick seines Schwankens nicht ertragen können, schlug die Hände vor das Gesicht, rief: »Ach, mein Gott!« und stürzte aus dem Zimmer. Rogoshin eilte ihr nach, um ihr die Haustür aufzuriegeln.
    Auch der Fürst lief ihr nach, aber als er zur Schwelle gelangt war, umfingen ihn zwei Arme. Nastasja Filippownas gramvolles, entstelltes Gesicht blickte ihn starr an, die bläulichen Lippen bewegten sich und fragten:
    »Willst du ihr nach? Willst du ihr nach?«
    Sie fiel ihm bewußtlos in die Arme. Er hob sie auf, trug sie ins Zimmer, legte sie auf einen Lehnsessel und stand über sie gebeugt in stumpfer Erwartung da. Auf einem Tischchen stand ein Glas mit Wasser; der zurückkehrende Rogoshin ergriff es und spritzte ihr Wasser ins Gesicht; sie schlug die Augen auf und war eine Weile noch völlig verständnislos; aber auf einmal blickte sie um sich, zuckte zusammen, schrie auf und stürzte zum Fürsten hin.
    »Mein! Mein!« schrie sie. »Ist das stolze Fräulein weg? Hahaha!« lachte sie krampfhaft. »Hahaha! Ich habe ihn diesem Fräulein abtreten wollen! Aber warum? Wozu? Ich Wahnsinnige!... Geh weg, Rogoshin! Hahaha!«
    Rogoshin blickte die beiden starr an, ohne ein Wort zu sagen, nahm seinen Hut und ging hinaus. Zehn Minuten darauf saß der Fürst neben Nastasja Filippowna, blickte sie unverwandt an und

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