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Der Idiot

Der Idiot

Titel: Der Idiot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor M. Dostojewskij
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verlasse ich diese Wohnung für immer. Ich werde hier keine Abendgesellschaften mehr geben, meine Herren!«
    Nach diesen Worten erhob sie sich plötzlich, wie wenn sie weggehen wollte.
    »Nastasja Filippowna! Nastasja Filippowna!« ertönte es von allen Seiten. Alle waren in größter Aufregung und sprangen von ihren Plätzen auf, alle umringten sie, alle horchten mit Unruhe auf die abgerissenen, fieberhaften, leidenschaftlichen Sätze, die sie hervorstieß, alle hatten das Gefühl, daß da etwas nicht in Ordnung war, niemand vermochte daraus klug zu werden, niemand konnte die Sache begreifen. In diesem Augenblick ertönte plötzlich ein starkes, lautes Klingeln, genau wie einige Stunden vorher in Ganjas Wohnung.
    »A-a-ah! Da kommt die Entscheidung! Endlich! Um halb zwölf!« rief Nastasja Filippowna. »Ich bitte Sie, Platz zu nehmen, meine Herren, das ist die Entscheidung!«
    Nachdem sie das gesagt hatte, setzte sie sich selbst hin. Ein seltsames Lächeln zitterte auf ihren Lippen. Sie saß schweigend da, in fieberhafter Erwartung, und blickte nach der Tür.
    »Es ist Rogoshin mit den hunderttausend Rubeln, kein Zweifel!« murmelte Ptizyn vor sich hin.
XV
    Das Stubenmädchen Katja kam ganz erschrocken herein.
    »Da geht etwas ganz Tolles vor, Nastasja Filippowna, es sind etwa zehn Menschen eingedrungen, ganz betrunken, sie wollen vorgelassen werden, sie sagen, es sei Rogoshin, und Sie wüßten schon Bescheid.«
    »Es ist richtig, Katja, laß sie alle sogleich herein!«
    »Wirklich ... alle, Nastasja Filippowna? Die Leute sehen gar zu schlimm aus. Es ist schauderhaft!«
    »Laß sie nur alle herein, Katja, alle, fürchte dich nicht, alle ohne Ausnahme; sonst kommen sie ohne deine Erlaubnis herein. Da, was sie für einen Lärm machen, gerade wie schon einmal heute! Meine Herrschaften«, wandte sie sich an die Gäste, »Sie verübeln es mir vielleicht, daß ich in Ihrer Gegenwart eine solche Gesellschaft empfange? Ich bedaure es sehr und bitte um Verzeihung, aber es muß sein, und es wäre mir auch sehr erwünscht, wenn Sie alle einwilligten, bei dieser bevorstehenden Entscheidung meine Zeugen zu sein. Indessen, ganz wie es Ihnen beliebt ...«
    Die Gäste kamen aus dem Staunen nicht heraus, sie flüsterten und wechselten Blicke miteinander, aber es war ganz klar, daß dies alles vorher überlegt und vorher arrangiert war und daß Nastasja Filippowna, obgleich sie wirklich den Verstand verloren haben mochte, sich jetzt von ihrem Vorhaben nicht würde abbringen lassen. Alle waren außerordentlich gespannt. Überdies hatte niemand etwas Besonderes zu fürchten. Damen waren nur zwei anwesend: Darja Alexejewna, die gewandte Dame, die schon mancherlei in der Welt gesehen hatte und nicht leicht in Verlegenheit zu bringen war, und die schöne, aber schweigsame Unbekannte. Aber die schweigsame Unbekannte konnte fast nichts verstehen: sie war eine zugereiste Deutsche und konnte nicht Russisch; außerdem war sie, wie es schien, ebenso dumm, wie sie schön war. Sie war erst vor kurzem angekommen, aber es war schon üblich geworden, sie zu gewissen Abendgesellschaften einzuladen, bei denen sie dann in reichster Toilette und wie zu einer Ausstellung frisiert erschien und wie ein entzückendes Bild zur Verschönerung des Abends ihren Platz erhielt, gerade wie manche Leute sich für ihre Gesellschaften für einen Abend von Bekannten ein Gemälde, eine Vase, eine Statue oder einen Ofenschirm leihen. Was jedoch die Männer anlangte, so war Ptizyn mit Rogoshin befreundet; Ferdyschtschenko fühlte sich wie ein Fisch im Wasser; Ganjetschka konnte immer noch nicht recht zu sich kommen, indes empfand er dunkel ein unüberwindliches, glühendes Verlangen, bis zum Ende an seinem Schandpfahl auszuhalten; der alte Lehrer, der von den Vorgängen nur wenig verstand, weinte beinah und zitterte buchstäblich vor Furcht, da er bei den andern und Nastasja Filippowna, die er wie seine Enkelin vergötterte, eine so ungewöhnliche Aufregung wahrnahm; aber er wäre eher gestorben, als daß er sie in einem solchen Augenblick verlassen hätte. Was Afanassij Iwanowitsch betrifft, so durfte er sich allerdings bei solchen Affären nicht kompromittieren, aber er war an der Angelegenheit zu sehr interessiert, obwohl sie eine so sinnlose Wendung genommen hatte; auch hatte Nastasja Filippowna ein paar derartige, ihn betreffende Bemerkungen fallenlassen, daß er unmöglich gehen konnte, bevor die Sache vollständig aufgeklärt war. Er entschied sich dafür, bis zu

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