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Der Idiot

Der Idiot

Titel: Der Idiot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor M. Dostojewskij
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soeben zum Adelsmarschall gewählt worden und mit seiner jungen Frau auf sein Gut gefahren, um dort die Winterfeiertage zu verleben. In dieselbe Zeit fiel auch gerade Anfissa Alexejewnas Geburtstag, und so sollten denn zwei Bälle gegeben werden. Damals war der entzückende Roman des jüngeren Dumas ›La dame aux camélias‹ außerordentlich Mode und hatte eben angefangen, in der vornehmen Welt Aufsehen zu erregen, ein Geisteswerk, das meines Erachtens weder dazu bestimmt ist, jemals zu vergehen noch zu altern. In der Provinz waren alle Damen davon begeistert, wenigstens diejenigen, die das Buch gelesen hatten. Der Reiz der Erzählung, die eigenartige Stellung der Hauptperson, diese verlockende Welt, die aufs feinste analysiert wird, und endlich all diese bezaubernden Details, die durch das ganze Buch verstreut sind (zum Beispiel die Bemerkung darüber, unter welchen Umständen man Sträuße aus weißen und roten Kamelien abwechselnd verwendet), mit einem Wort all diese entzückenden Einzelheiten und das alles zusammen machten eine ganz gewaltige Sensation. Kamelien wurden außerordentlich Mode. Jedermann wollte Kamelien haben, jedermann suchte welche zu bekommen. Nun frage ich Sie: war es wohl möglich, viele Kamelien in einer Kreisstadt aufzutreiben, wenn alle Leute welche für die Bälle beschaffen wollten, auch wenn die Bälle nicht sehr zahlreich waren? Petja Worchowskoi, der arme Kerl, war damals in heißer Liebe zu Anfissa Alexejewna entbrannt. Ich weiß wirklich nicht, ob zwischen den beiden irgendein Verhältnis bestand, ich meine, ob er irgendwelche ernstlichen Hoffnungen hegen durfte. Der arme Mensch verlor fast den Verstand, um zum Ballabend für Anfissa Alexejewna Kamelien zu beschaffen. Die Gräfin Sozkaja aus Petersburg, die bei der Frau des Gouverneurs zu Besuch war, und Sofja Bespalowa wollten, wie bekannt geworden war, mit Sträußen aus weißen Kamelien kommen. Anfissa Alexejewna wünschte sich, um einen besonderen Effekt hervorzubringen, rote. Der arme Platon wurde beinah zu Tode gehetzt, wie das den Ehemännern bekanntlich so geht; er hatte ihr hoch und heilig geschworen, ihr einen Strauß zu verschaffen; aber was geschah? Am Tage vor dem Ball schnappte die Mytischtschewa, Katerina Alexandrowna, die in allen Dingen Anfissa Alexejewnas furchtbare Rivalin war und mit ihr auf höchst gespanntem Fuß lebte, ihr die Blumen weg. Natürlich folgten Weinkrämpfe, Ohnmacht. Platon war ganz zu Boden geschmettert. Man begreift: wenn Petja es auf irgendeine Weise fertigbekommen hätte, in diesem kritischen Augenblick einen Strauß zu beschaffen, so wären seine Belange dadurch natürlich sehr wesentlich gefördert worden; die Dankbarkeit einer Frau kennt in solchen Fällen keine Grenzen. Er läuft umher wie ein Besessener, aber es war eben ein Ding der Unmöglichkeit, absolut nichts zu machen! Auf einmal treffe ich ihn am Tage vor dem Geburtstag und Ball um elf Uhr abends bei Marja Petrowna Subkowa, einer Gutsnachbarin Ordynzews. Er strahlt. ›Was ist mit dir?‹ – ›Ich habe welche gefunden! Heureka! ‹ – ›Na, Bruder, das setzt mich in Erstaunen! Wo denn? Wie denn?‹ – ›In Jekschaisk‹ (das war ein kleines Städtchen, zwanzig Werst entfernt, es lag nicht in unserm Kreis), ›da ist so ein bärtiger, reicher Kaufmann, namens Trepalow, der wohnt da mit seiner alten Frau, und statt der Kinder haben sie lauter Kanarienvögel. Die beiden sind große Blumenfreunde; der hat Kamelien.‹– ›Aber ich bitte dich, das ist doch eine sehr unsichere Sache; wenn er sie nun nicht hergibt?‹ – ›Ich werde auf die Knie fallen und mich vor seinen Füßen so lange umherwälzen, bis er sie mir gibt, ohne die Blumen weiche ich nicht vom Platze!‹ – ›Wann fährst du denn?‹ – ›Morgen ganz früh, um fünf
    212 Uhr.‹ – ›Na, viel Glück!‹ Ich freute mich sehr für ihn, wissen Sie; ich kehrte zu Ordynzew zurück; es war schon zwei Uhr, aber die Geschichte ging mir gar nicht aus dem Kopf, wissen Sie. Ich wollte mich schon schlafen legen, da kommt mir plötzlich ein ganz origineller Gedanke! Ich schleiche mich unverzüglich in die Küche und wecke den Kutscher Sawelij: ›Fünfzehn Rubel, wenn du in einer halben Stunde angespannt hast!‹ In einer halben Stunde steht natürlich der Schlitten vor der Tür; Anfissa Alexejewna hatte, wie mir gesagt wurde, Migräne, sie fieberte und phantasierte. Ich steige ein und fahre los. Um fünf Uhr war ich in Jekschaisk in der Herberge; ich wartete, bis es

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