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Der Idiot

Der Idiot

Titel: Der Idiot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor M. Dostojewskij
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Ende sitzen zu bleiben, nunmehr gänzlich zu schweigen und nur den Beobachter zu spielen, ein Verhalten, das auch seine Würde sicherlich verlangte. Nur für General Jepantschin, der schon soeben durch die so ungenierte, lächerliche Rückgabe seines Geschenkes gekränkt worden war, bestand die Möglichkeit, daß er durch alle diese seltsamen Exzentrizitäten oder auch durch Rogoshins Erscheinen noch weiter beleidigt wurde; auch hatte ein Mann wie er ohnehin schon eine zu weit gehende Herablassung gezeigt, indem er sich entschlossen hatte, sich neben einen Ptizyn und einen Ferdyschtschenko zu setzen, aber die Wirkung der Leidenschaft mußte doch endlich aufgehoben und überwogen werden durch das Gefühl der Pflicht, durch das Bewußtsein seines Ranges und seiner gesellschaftlichen Stellung sowie überhaupt durch die Selbstachtung, so daß ein Rogoshin mit seiner Gesellschaft jedenfalls in Gegenwart Seiner Exzellenz ein Ding der Unmöglichkeit war.
    »Ach, General«, unterbrach ihn Nastasja Filippowna sogleich, als er sich mit einer Erklärung dieser Art an sie wandte, »das hatte ich im Augenblick vergessen! Aber seien Sie überzeugt, daß ich Ihre Bedenken vorhergesehen habe. Wenn es Ihnen so peinlich ist, bestehe ich nicht darauf, daß Sie hierbleiben, und will Sie nicht zurückhalten, obwohl es mir höchst erwünscht sein würde, gerade Sie jetzt bei mir zu sehen. Jedenfalls danke ich Ihnen sehr für Ihre Bekanntschaft und für die schmeichelhafte Aufmerksamkeit, die Sie mir erwiesen haben, aber wenn Sie fürchten ...«
    »Erlauben Sie, Nastasja Filippowna«, rief der General in einem Anfall von ritterlichem Edelmut, »zu wem reden Sie so? Schon allein aus Ergebenheit werde ich jetzt bei Ihnen bleiben, und wenn irgendwelche Gefahr bestehen sollte ... Außerdem muß ich bekennen, daß ich außerordentlich neugierig bin. Ich wollte nur darauf aufmerksam machen, daß diese Menschen möglicherweise die Teppiche verderben und etwas zerbrechen werden ... Meiner Ansicht nach sollten Sie sie überhaupt nicht hereinlassen, Nastasja Filippowna!«
    »Da ist Rogoshin selbst!« rief Ferdyschtschenko.
    »Wie denken Sie darüber, Afanassij Iwanowitsch?« flüsterte diesem der General schnell zu. »Ob sie nicht den Verstand verloren hat? Das heißt, nicht figürlich gesagt, sondern im eigentlichen medizinischen Sinne, wie?«
    »Ich habe Ihnen schon früher gesagt, daß sie von jeher dazu neigte«, flüsterte Afanassij Iwanowitsch schlau zurück.
    »Und dazu nun noch das Fieber ...«
    Rogoshins Gefolge wies fast denselben Bestand auf wie am Tage, hinzugekommen waren nur ein heruntergekommener alter Mann, der seinerzeit Redakteur eines bissigen Skandalblättchens gewesen war und von dem man sich das Geschichtchen erzählte, er habe seine in Gold gefaßten falschen Zähne versetzt und vertrunken, sowie ein verabschiedeter Leutnant, nach seinem Handwerk und seiner Bestimmung ein entschiedener Rivale und Konkurrent des schon am Tage anwesenden Herrn mit den Fäusten; niemand von Rogoshins übrigen Leuten kannte ihn, er war auf der Sonnenseite des Newskij Prospekts aufgelesen worden, wo er die Passanten anhielt und im Marlinskijschen Stil um eine Unterstützung bat, mit der schlauen Bemerkung, er selbst habe seinerzeit jedem Bittsteller fünfzehn Rubel gegeben. Die beiden Konkurrenten nahmen von vornherein eine feindliche Stellung gegeneinander ein. Der schon eher aufgetretene Herr mit den Fäusten hielt sich durch die Aufnahme des »Bittstellers« in die Gesellschaft geradezu für beleidigt, und da er von Natur schweigsam war, brummte er nur manchmal wie ein Bär und blickte mit tiefster Verachtung auf die Schmeicheleien und Scherze, mit denen sich der »Bittsteller«, der sich als eine weltmännische, diplomatische Persönlichkeit erwies, an ihn heranmachte. Seinem Äußern nach ließ der Leutnant erwarten, daß er »bei der Arbeit« mehr durch Geschicklichkeit und Gewandtheit als durch Kraft wirken werde, auch war er von kleinerer Statur als der Herr mit den Fäusten. Taktvoll, ohne in einen offenen Streit einzutreten, aber sehr ruhmredig, hatte er schon mehrmals auf die Vorzüge des englischen Boxens hingewiesen und sich als ein entschiedener Anhänger westeuropäischen Wesens zu erkennen gegeben. Der Herr mit den Fäusten hatte bei dem Wort »Boxen« nur geringschätzig und beleidigend gelächelt und seinerseits, ohne seinen Rivalen eines offenen Streites zu würdigen, zuweilen schweigend und anscheinend unbewußt ein durchaus

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