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Der illustrierte Mann

Der illustrierte Mann

Titel: Der illustrierte Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ray Bradbury
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entgegen.
    »Wunderbar!« Susan setzte sich zu den anderen hinüber.
    Mr. Simms starrte ärgerlich quer durch den Speisesaal zu ihnen herüber.
    Susan schnitt ihm eine Grimasse.
    Mr. Simms schlängelte sich zwischen den Tischen zu ihnen durch.
    »Mr. und Mrs. Travis«, rief er, »ich dachte, wir wollten allein miteinander frühstücken.«
    »Tut mir leid«, erwiderte William.
    »Setzen Sie sich, Kumpan«, sagte Mr. Melton. »Jeder Freund von diesen beiden ist auch mein Freund.«
    Mr. Simms setzte sich. Die Filmleute unterhielten sich laut, und während sie redeten, fragte Mr. Simms harmlos: »Ich hoffe, Sie haben gut geschlafen?«
    »Sie etwa nicht?«
    »Ich bin Sprungfedermatratzen nicht gewöhnt«, erwiderte Mr. Simms bekümmert. »Aber dafür gibt es Entschädigungen. Ich habe die halbe Nacht gewacht und unbekannte Zigaretten und Speisen probiert. Sonderbar, faszinierend. Eine ganz neue Gefühlsskala, die diese altertümlichen Laster einem eröffnen.«
    »Wir verstehen nicht, wovon Sie sprechen«, sagte Susan.
    »Immer dieses Theaterspiel.« Simms lachte. »Das nützt Ihnen nichts. Genauso wenig wie dieser Kniff, sich unter die Menge zu mischen. Ich werde Sie früh genug allein erwischen. Meine Geduld ist nahezu unerschöpflich.«
    »Sagen Sie«, mischte Mr. Melton sich mit gerötetem Gesicht ein, »will dieser Bursche Ihnen vielleicht Schwierigkeiten machen?«
    »Keine Sorge, ist alles in Ordnung.«
    »Ein Wort von Ihnen, und er fliegt.«
    Melton wandte sich wieder ab, um sich lautstark mit seinen Leuten zu unterhalten. In dem allgemeinen Gelächter fuhr Mr. Simms fort: »Wir wollen zur Sache kommen. Ich habe Ihnen einen ganzen Monat durch Städte und Ortschaften nachspüren müssen, bis ich Sie fand, und den ganzen gestrigen Tag habe ich gebraucht, um mich von Ihrer Identität zu überzeugen. Wenn Sie freiwillig mitkommen und weiter an der Super-Wasserstoffbombe arbeiten wollen, kann ich vielleicht erreichen, daß Sie ohne Strafe wegkommen.«
    »Von Physik redet dieser Bursche beim Frühstück!« bemerkte Mr. Melton, der mit halbem Ohr zugehört hatte.
    Simms sprach gelassen weiter: »Überlegen Sie's sich. Sie können nicht entkommen. Wenn Sie mich töten, werden andere Sie verfolgen.«
    »Wir wissen immer noch nicht, wovon Sie reden.«
    »Lassen Sie das!« fuhr Simms gereizt auf. »Benutzen Sie Ihren Verstand! Sie wissen, daß wir Sie nicht einfach so entkommen lassen können. Andere Leute aus dem Jahr 2155 könnten auf dieselbe Idee kommen und tun, was Sie getan haben. Wir brauchen aber Menschen.«
    »Um Ihre Kriege zu führen«, meinte William schließlich.
    »Bill!«
    »Schon gut, Susan. Wir wollen in seiner Sprache mit ihm reden. Wir können nicht entkommen.«
    »Ausgezeichnet«, sagte Simms. »Wirklich, Sie sind beide unglaublich romantisch gewesen, daß Sie geglaubt haben, vor Ihren Pflichten weglaufen zu können.«
    »Vor dem Grauen sind wir weggelaufen.«
    »Unsinn. Nur ein Krieg.«
    »Worüber redet ihr Burschen eigentlich?« fragte Mr. Melton.
    Susan hätte es ihm so gern erzählt. Aber man konnte nur in Verallgemeinerungen sprechen. So viel erlaubte die psychologische Sperre in ihrem Gehirn. Allgemeine Redensarten, wie Simms und William sie jetzt benutzten, gestattete sie.
    »Nur über den Krieg im allgemeinen«, antwortete William. »Die halbe Welt von Pestbomben getötet!«
    »Nichtsdestoweniger«, bedeutete Simms, »nehmen es Ihnen die Menschen der Zukunft sehr übel, daß Sie sich auf einer tropischen Insel verstecken, während sie in den Abgrund der Hölle stürzen. Der Tod liebt den Tod, nicht das Leben. Ein Sterbender findet Trost in dem Gedanken, daß andere mit ihm sterben. Es ist beruhigend zu wissen, daß man nicht allein verheizt und ins Grab geworfen wird. Ich bin der Wächter ihres Kollektivunwillens gegen Sie beide.«
    »Seht hier den Wächter des Unwillens!« rief Mr. Melton seinen Gefährten zu.
    »Je länger Sie mich warten lassen, um so schlimmer wird es für Sie werden. Wir brauchen Sie für das Bombenprojekt, Mr. Travis. Wenn Sie jetzt mitkommen – werden Sie nichts zu erdulden haben. Später, wenn wir Sie mit Gewalt holen müßten, werden wir Sie zur Arbeit zwingen, und wenn Sie die Aufgabe gelöst haben, werden wir eine Anzahl komplizierter neuer Erfindungen an Ihnen ausprobieren, mein Lieber.«
    »Ich möchte einen Vorschlag machen«, sagte William. »Ich komme mit Ihnen zurück, wenn meine Frau hier leben darf, sicher und fern diesem Krieg.«
    Mr. Simms dachte nach.

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