Der illustrierte Mann
fiel auf den Fußboden, und William, der wild um sich schlug, wurde festgehalten.
»Bitte«, sagte Mr. Melton, der immer noch am selben Fleck stand, Blut an den Händen, »wir wollen die Sache nicht noch schlimmer machen.«
Jemand hämmerte gegen die Tür zum Hotelflur.
»Öffnen Sie!«
»Der Hoteldirektor«, sagte Mr. Melton trocken. Er warf den Kopf herum. »Beeilung, wir müssen fort!«
»Lassen Sie mich hinein! Ich rufe die Polizei!«
Susan und William sahen sich rasch an und blickten dann zur Tür hinüber.
»Der Hoteldirektor will herein«, sagte Mr. Melton. »Schnell!«
Eine Kamera wurde aufgestellt. Ein blauer Lichtstrahl schoß heraus, weitete sich aus und erfüllte in Sekundenschnelle den ganzen Raum. Einer nach dem andern verschwanden die Teilnehmer der kleinen Gesellschaft.
»Schneller!«
In dem winzigen Augenblick, bevor sie verschwand, sah Susan draußen vor dem Fenster das grüne Land, die purpurnen und blauen und gelben und karminroten Wände, die Kopfsteine, einen Mann, der auf einem Esel in die warmen Hügel hinausritt, einen Orangensaft trinkenden Jungen, einen Mann, der mit einer Gitarre im kühlen Schatten eines Baumes auf der Plaza stand, und weit weg meinte sie das Meer zu sehen, spürte die Wogen über sich rollen und sie mit sich nehmen ...
Und dann war sie verschwunden. Ihr Mann war verschwunden.
Die Tür schlug weit auf. Der Hoteldirektor und sein Personal stürmten herein.
Das Zimmer war leer.
»Aber eben sind sie noch dagewesen! Ich hab' sie hineingehen sehen, und jetzt – verschwunden!« schrie der Hoteldirektor. »Vor den Fenstern sind Eisengitter. Dort können sie nicht hinausgelangt sein!«
Am späten Nachmittag wurde der Dorfgeistliche gerufen; man öffnete das Zimmer zum zweitenmal, und er räucherte es aus besprengte es mit Weihwasser und sprach seinen Segen.
»Was sollen wir damit machen?« fragte die Scheuerfrau.
Sie zeigte in den Wandschrank, in dem sich 67 Flaschen mit Chartreuse, Cognac, Crème de Cacao, Absinth, Vermouth und Tequila befanden, 106 Schachteln türkische Zigaretten und 198 gelbe Kistchen feinster Havannazigarren zu fünfzig Cent das Stück ...
Der Besucher
Saul Williams erwachte an einem stillen Morgen. Mißmutig blickte er aus seinem Zelt und dachte daran, wie weit doch die Erde entfernt war. Viele Millionen Meilen, dachte er. Aber was nützte es, man konnte es doch nicht ändern. Die Lungen waren voll brandigem Blut. Man mußte dauernd husten.
Saul stand an diesem Morgen um sieben Uhr auf. Er war ein großer Mann, schlank und von seiner Krankheit ausgemergelt. Es war ein stiller Morgen auf dem Mars, der Boden des Toten Meeres lag flach und reglos – kein Lüftchen bewegte sich. Die Sonne stand klar und kühlend am leeren Himmel. Er wusch sich das Gesicht und frühstückte.
Danach sehnte er sich sehr auf die Erde zurück. Während des ganzen Tages versuchte er auf jede nur mögliche Weise, sich in Gedanken nach New York zu versetzen.
Später am Vormittag versuchte Saul zu sterben. Er legte sich in den Sand und befahl seinem Herzen, aufzuhören zu schlagen. Es schlug weiter.
Vielleicht, wenn ich mich darauf konzentriere und intensiv genug daran denke, kann ich einfach einschlafen und nie wieder aufwachen, dachte er. Er versuchte es. Eine Stunde später erwachte er mit dem Mund voll Blut. Er stand auf und spuckte es aus und tat sich selbst sehr leid. Dieser ›Blut-Brand‹ – er füllte einem Mund und Nase; er sickerte einem aus den Ohren und unter den Fingernägeln hervor und brauchte ein Jahr, um einen zu töten. Für die Erkrankten gab es nur eine Maßnahme: sie wurden in eine Rakete geschoben und in die Verbannung auf den Mars geschossen. Man kannte auf der Erde kein Heilmittel dagegen, und wenn man dort blieb, würde man nur andere anstecken und töten. Deshalb war er also hier, blutete unaufhörlich und fühlte sich einsam.
Sauls Augen verengten sich. In der Ferne, bei den Ruinen einer alten Stadt, sah er einen anderen Mann, der auf einer schmutzigen Decke lag.
Als Saul zu ihm trat, regte sich der Mann auf der Decke schwach.
»Hallo, Saul«, sagte er.
»Wieder ein Tag«, sagte Saul. »Herrgott, wie einsam mir ist!«
»Das ist der Fluch unserer Krankheit«, stellte der Mann auf der Decke fest. Er bewegte sich dabei nicht und sah sehr bleich aus, so, als würde er sich in Nichts auflösen, wenn man ihn berührte.
»Ich flehe zu Gott«, sagte Saul, auf den Mann herabsehend, »daß du wenigstens reden könntest.
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