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Der Implex

Der Implex

Titel: Der Implex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Barbara; Dath Kirchner
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»Metal on every base«: Es kämpfen menschenfreundliche Maschinen gegen menschenvernichtende, Krieg ist zugleich Dauerzustand und verhängter Todeszufall wie Zuschauersport geworden).
     
    Zwar wäre es im engsten Wortsinn ökonomistisch, diese Sorte Mikro-Menschenmutation, Meso-Neuverräumlichung der Schlachtenwelt und all dies ummantelndes Makro-Unrecht allein aus postfordistisch und globalisiert veränderten Verwertungsbedingungen fürs Kapital, internen Kämpfen innerhalb der herrschenden Klasse (nicht nur zwischen transnationalen Riesenkapitalien, sondern auch Sparten: Die Energiewirtschaft koaliert mal mit der Finanzoligarchie, dann wieder macht sie gegen diese zusammen mit der klassischen Industrie Front) und sonstigem Meldungsstoff aus dem Wirtschaftsressort abzuleiten; zwar wäre es umgekehrt im engsten Wortsinn politizistisch, sich von der einfachen Stärkung des Staates oder der Staaten (nach dem Clintonianischen, von Hillary Clinton noch klarer als von ihrem Mann vertretenen Programm »Big Government balanciert Big Business aus«) zu versprechen. Daß jedoch die Schiedsrichterrolle, die der Staat im Absolutismus spielte, heute fehlt, wo Staaten und vor allem Regierungen eher Praktikantinnen- und Praktikantenrollen spielen, läßt sich spätestens an der Regierungszeit von Bush II., Tony Blair und Co. in einer Deutlichkeit zeigen, die selbst eingefleischten Anarchisten ihr damit negativ verwirklichtes Ideal vom Verschwinden des Staates in der Gesellschaft fragwürdig machen könnte.
    Es war kein Staat, es waren die splissigen Spitzen der amerikanischen Gesellschaft, die ihre Leute (die Familie Bush, Cheney, den ewigen Aufsichtsrat Rumsfeld) einen Krieg organisieren ließen, der von Verschwörungstheorien nach dem Muster »Sie hatten bestimmte Ziele und setzten bestimmte Hebel an bestimmten Ereignissen an, um diese zu erreichen« nur verniedlicht würde: Die Anarchie dieser Kriegsführung – es gab keine nennenswerte, strategisch verwertete Kenntnis der betroffenen Gesellschaften, weder im Irak noch in Afghanistan, keine ernstzunehmenden Pläne für die Besatzung oder das nation building, man bombte die Leute aus, besetzte, plünderte (wenn auch nicht wie die Hunnen, mehr wie die Shareholder) und versuchte dann nur noch, mit weitgehend untauglichen Mitteln einige der aus den Ruinen kriechenden Überlebenden zu Satrapen zu schulen – spiegelt die Unordnung und zunehmende Willkürverfallenheit des kapitalistischen Wirtschaftsraums, der sich nach außen stülpen will, um die ihm noch nicht einverleibten Teile des Globus zu ordnen, die in ersten Memoiren der fraglichen Zeit aufscheinende annähernde Unmöglichkeit, wenigstens innerimperialistisch zu klären, wer jeweils gerade mit wem welchen handelsmäßigen, rüstungsbezogenen oder nachrichtendienstlichen Import-Export-Separatfrieden auszuhandeln bemüht war, welche Dienste welchen Truppenteilen welcher Verbündeten halfen, ist ein Reflex ins Stottern geratener Produktionsvernunft, die keine klaren Kampagnenziele mehr verfolgt, nicht weiß, wo angelegt und vermehrt werden soll und statt dessen eine Art Katastrophenopportunismus lebt, in dem eben von Fall zu Fall die Marines losgeschickt werden, um aus dem letzten Zusammenbruch, den imperialistische Reflexe irgendwo verursacht haben, Zustände zu schmieden, von denen dann irgendwer irgendwie profitieren könnte. So zeichnet sich denn plötzlich eine neue, vielleicht doch noch sinnvolle Verwendung des Namens »Bellizist« ab: Vorstellbar werden nüchterne Sozialingenieure (die sich vielleicht eher von einer Neuinterpretation der Schriften Keynes’ anregen lassen als von einer derjenigen von Leo Strauss), die sich ausrechnen, daß die beste Möglichkeit, die Globalisierung abzustützen, in nur scheinbar destabilisierenden Kriegsunternehmungen besteht – im permanenten Krieg, mit oder ohne UNO-Logistik (das ist Opportunitäts- und Geschmackssache), als Outlet der permanenten Krise, die von anderer Warte aus betrachtet wie eine permanente Konjunktur aussieht, und Battlespace der Riesenkapitalien, die als » afflicted powers « schwanken, doch nie sinken, wie dies das amerikanische Kritik-Kollektiv »Retort« 2005 beschrieben und zergliedert hat: »No smoothly gliding imperial machine, but rather a clumsy, lurching apparatus, responding contingently, and by no means moving in a single direction.« 211 Gelegenheiten aus Schäden schaffen: Als US-amerikanische Staatsangehörige besitzen die Retort-Leute

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