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Der Implex

Der Implex

Titel: Der Implex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Barbara; Dath Kirchner
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genügend sang-froid , mit Hannah Arendt an die wichtige militärisch-industrielle Wahrheit zu erinnern, daß wenn man einmal angefangen hat, wie die Wertvernichtungsmaschinerie des Kriegswesens zur zentralen systemerhaltenden Wertschöpfungsquelle umzuwidmen und umgekehrt allerlei Wertschöpfungsvorrichtungen zwischen Informations- und Energiewirtschaft der militärischen Handhabung anheimzustellen, bald eine Situation entstehen muß, in der »the endless accumulation of armed power proposes itself (or wishes to propose itself) as the very basis of the social order«. 212 Folgerichtig erinnern sie sodann an Hobbes, dessen Begriff vom Staat als starkem Schlichter der Händel zwischen Partikularinteressen nur ein wenig verschoben werden muß, um ihn zum Auslöser und Regenten ganz anderer, viel folgenreicherer Händel zu machen: »He hath the use of so much Power and Strength conferred on him, that by terror thereof, he is enabled to form the wills of all.« 213
     
    In dem, was personell von der Bebelschen Konzeption der Sozialdemokratie noch übrig ist – man findet es in Teilen der Labour Party oder bei den amerikanischen Demokraten ebenso leicht oder schwer wie in Deutschland bei der SPD oder der Gysi-Lafontaine-Linken –, wird, da nun die Dinge einmal so liegen, noch darüber gerätselt, ob man die Hobbessche Staatsapparatur nicht doch noch einmal nutzen sollte, um in diese Lage einzugreifen, und wo es noch Marxistinnen gibt, hört man mitunter die Antwort: Eine Staatsapparatur wird man schon brauchen, aber die gegenwärtige ist gar kein Staat mehr in einem Sinn, der diesen Wunsch wünschbar macht. Mit der Militärfrage verhält es sich darin wie mit allen sonstigen Belangen des Krisen- und Kataklysmenmanagements – wenn Linke »Verstaatlichung« sagen, meinen sie eben etwas durchaus anderes als die Rettung von Banken mit abgepreßten Mehrwertcents. Diesen zwei verschiedenen Vorstellungen von Verstaatlichung entsprechen zwei verschiedene Staatsbegriffe, und wer die beiden nicht trennen kann oder will, mag dann auch in internationalen Krisen auf Amerika oder China oder sonst eine Macht hoffen. Gewiß, es ist wahr, wie Bonapartes Armee stehen heute die Amerikaner für aufgeklärtere Gesetzlichkeiten als viele der Regime, die sie stürzen, aber der Unterschied ist, daß in einem Zeitalter der Revolutionen Kriege diese erleichtern und abkürzen mögen, das unsrige aber derzeit nicht danach aussieht (wie schnell sich das ändern kann, hängt auch davon ab, wie viele das zunächst einmal einsehen, statt sich an Marx in einer Weise zu klammern, die ihn schon wieder mit Hegel verwechselt). Daß die USA im Irak keinen code civil oder sonst etwas, das Thomas Paine oder Jefferson gefallen hätte, durchgesetzt haben, sondern sich der Loyalität ihrer vorgesehenen Statthalter durch Absegnen von Schariagesetzlichkeit zu versichern suchten, ist dazu nur eine Fußnote, ebenso wie die prominenten US-Bürgerinnen und -Bürger, die keine mehr sein wollten, inklusive derjenigen, die sich öffentlich schämten, immer noch welche zu sein (das ist, es tut uns leid, auch nicht gescheiter als Nationalstolz).
    Am besten machen sich Imperien doch als Steinbrüche für die humanistische Inneneinrichtung späterer Hochzivilisationen, wie jenes Römische, das als Latein und Latinismus bei Gebildeten der Neuzeit fortleben darf. Imperien und ihr gewaltsamer, erpreßter Universalismus sind die wahrlich unvollkommenen Platzhalter des emanzipierten Universalismus der Freiheit, den sich ein Kollektiv leisten könnte, das wirklich »die Menschheit« heißen dürfte. Falls es eines Tages gelingt, diese Menschheit politisch herzustellen, so wird sie sich womöglich an die US-Kultur, die populäre wie die andere, erinnern – in mancher Hinsicht dankbar, in anderer peinlich berührt, oft genug wohl schlicht verwundert.
VII.
Yet another moral calculus
    Wenn jemand eine Waffe in die Hand nimmt, die oder der nicht zu den Besitzenden und den Nutznießern einer ungerechten Besitzordnung gehört, die deshalb nicht wirkt, weil sie ein juristisches oder politisches, sondern weil sie ein Produktionsverhältnis ist, so können das aufgeklärte Personen nur dann begrüßen, wenn mit dieser Waffe nicht die Besitzenden oder sonstigen Nutznießer der ungerechten Besitzordnung verteidigt, wenn nicht deren programmatische, strategische oder taktische Ziele verfolgt werden. Wenn es aber schon einmal (wie in der Geschichte viel zu häufig) die Besitzenden oder

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