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Der Implex

Der Implex

Titel: Der Implex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Barbara; Dath Kirchner
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gelesen werden. Der Defensivcharakter der fatalsten Stalinschen Appeasementmaßnahmen war freilich innerhalb der kommunistischen Bewegung selbst nicht so unbekannt, das Erschrecken über sie nicht so durchgreifend, wie Peter Weiss das anhand der Zustände seiner demoralisierten Helden anläßlich des Nichtangriffsvertrags zwischen Hitlerdeutschland und der Sowjetunion in Die Ästhetik des Widerstands schildert; es gab nüchterne, abgeklärte bis lange über Stalins Tod hinaus aufrechterhaltene Positionen gerade bei prosowjetischen Leuten 42 .
     
    Der Widerspruch zwischen der Außenpolitik des sozialistischen Lagers und der sozialen Programmatik, der die politische Führung jener Staaten zu folgen erklärt hatte, schlug sich selbstverständlich nicht erst, ja nicht einmal in erster Linie in militärischen und raumordnungspolitischen Blamagen wie der algerischen nieder. Im Gegenteil: Die Unterstützung diverser, überwiegend nichtsozialistischer und allenfalls aus weltpolitischen Bündnisgründen sowie persönlicher Neigung einiger ihrer Schrittmacher oberflächlich sozialistisch getünchter, allzumeist kleinbürgerlich-nationalrevolutionärer Befreiungsbewegungen der geschundensten Regionen von Vietnam bis Angola, Mosambik bis Nicaragua, Südafrika bis Kuba wird man bis in die achtziger Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts zu denjenigen Handlungen zählen dürfen, bei denen die Sowjetunion und ihre osteuropäischen Alliierten und Auxilia den ursprünglichen Absichten Lenins und der Komintern, also etwa den Thesen zur nationalen und kolonialen Frage von 1920 oder Schdanows gleichgerichteten Erklärungen bei der Gründung des blassen Komintern-Ersatzes Kominform 1947, leidlich die Treue halten konnten.
    Abermals Stalin bereits aber hatte Maos Rotchinesen während der frühen Machtkämpfe, in die jene verwickelt waren, im Stich gelassen, sich nach Maos dennoch erreichtem Sieg allerdings zu einem indes nicht sonderlich ehernen Bündnis bereitgefunden. Von dieser Unzuverlässigkeit nahm man bei den Nationalrevolutionären durchaus Notiz und verhielt sich entsprechend – Ägyptens Sadat setzte die Russen schließlich ebenso barsch vor die Tür wie der Sudan und Somalia (westliche Geheimdienste, Geschenke, Kredite und Versprechungen spielten dabei die erwartbare Rolle). Die antikolonial-revolutionären Aufschwünge in Indochina, auf den Philippinen, in Indien, Mosambik, Burma, Angola, Malaysia hielten nicht, was sie zu versprechen schienen, die arabische Schaukelpolitik machte aus Libyen oder Syrien Partner für die Sowjetunion nur in dem Maße, in dem die USA gerade bei beiden und ähnlichen Nationen schlecht angesehen waren, spätestens seit den sechziger Jahren und den Folgen des Koreakriegs konnte von einer Allianz zwischen der VR China und der UdSSR keine Rede mehr sein.
    Als hätte die Weltgeschichte den Sowjetlenkern mit verbissener Hartnäckigkeit ausgerechnet Marxismus beibringen wollen, waren alle in diesen Episoden ausschlaggebenden Raumordnungs-, Militärberater- und Bewaffnungsfragen lediglich Begleitphänomene tieferliegender wirtschaftlicher Abweichungen jener Lenker vom kommunistischen masterplan ; die Handelsbilanz der Staaten des Rats für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) mit den halbkolonialen, postkolonialen, der imperialistischen Handelserpressung entschlüpfenden oder ihr bereits entkommenen Ländern ebenso von der Absicht der Überschußerzielung gesteuert wie die der westlichen Staaten. Die Staaten des Vertrags von Warschau mußten sich vom Feind die terms of trade nicht nur mit diesem, sondern auch mit den Schwellenländern in einem Umfang diktieren lassen, die ihn nötigten, die je und je empfangene Tauschgewalt schlechter Westgeschäfte an die Abhängigen weiterzugeben, so gut es ging (auch wenn einige von diesen, wie Angola oder Mosambik, ihrerseits aus militärischen Erwägungen hier und da bezuschußt wurden; der größte Posten der sowjetischen Entwicklungshilfe war jedenfalls der zur Finanzierung von Kriegsgerät und Militärberatern).
    Nationen sind, sobald es ihnen einigermaßen gutgeht, für Internationalismus weniger empfänglich als für Streit und Eroberung von Nachbarn; wo zwei aneinander angrenzen, kann man als Großmacht selten beide dauerhaft auf seine Seite ziehen; versucht man es, findet man sich bald in einer unbequemen und danklosen Vermittlerposition wieder.
    Von der anderen Seite aus gesehen empfahl sich direkte Bündnispolitik in Gestalt der Herstellung neuer

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