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Der indigoblaue Schleier

Der indigoblaue Schleier

Titel: Der indigoblaue Schleier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ana Veloso
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Versprichst du mir, dich nicht über mich lustig zu machen?«
    Delfina nickte ihm aufmunternd zu.
    »Es mag ein wenig feige klingen, aber ehrlich gesagt würde ich meiner Familie lieber erst dann wieder unter die Augen treten, wenn ich etwas vorzuweisen habe, sei es die Aufklärung dieser ominösen Diebstähle, sei es ein eigenes erfolgreiches Geschäft. Am besten beides. Ich habe den Kragen voll davon, für einen Taugenichts gehalten zu werden.«
    »Und es hat nicht etwa mit einer geheimnisvollen Dame in blauer Verschleierung zu tun?«
    Miguel schüttelte vehement den Kopf. »Ich bitte dich, Delfina! Wie kommst du denn darauf? Dona Amba, denn die meinst du ja wohl, ist eine verheiratete Frau!«
    Delfina studierte Miguels Ausdruck sehr genau, bevor sie ein leises »hm« von sich gab und die Tür aufstieß, die von der Veranda in den Salon führte.
    Álvaro und Sidónio schauten kaum auf, als die beiden hereinkamen, so vertieft waren sie in die Planung der Aufgaben, mit denen Miguel sie betraut hatte. Endlich hatten sie eine sinnvolle Beschäftigung, die ihnen erstmals erlaubte, eigenes Geld zu verdienen. Es war etwas, das ihrem Selbstvertrauen ungeheuren Auftrieb gab. Wer hätte das besser nachvollziehen können als Miguel? Er war froh, eine so elegante Lösung gefunden zu haben. In Álvaro hätte er einen guten Spion auf dem Frachter, in Sidónio einen vertrauenswürdigen Zwischenhändler für seine, wenngleich karge, Ausbeute an Waren. Zugleich tat er seinen beiden Freunden einen Gefallen. Und er selber konnte in Goa bleiben.
    Denn wenn er sich selbst gegenüber ganz offen war, dann war dies doch sein Hauptanliegen. Er wollte eine gewisse Dame wiedersehen. Delfina hatte mit ihrer Vermutung ins Schwarze getroffen.

[home]
28
    A nuprabha wusch ihrer Freundin Jyoti den Kopf. Jetzt, mitten in der Trockenzeit, musste man mit dem Wasser sparsam umgehen. Es war beschwerlich, es aus dem Brunnen zu holen und in Tonkrügen auf dem Kopf zum Haus zu tragen. Im Fluss konnte man sich nur den Körper waschen, vollständig bekleidet, versteht sich. Kaum jemand wagte es, mit dem Kopf unterzutauchen, und ihre Herrin hatte ihnen auch davon abgeraten, sich mit dem Flusswasser zu übergießen. Es sei unrein, sagte Ambadevi, und es sei gefährlich, das Flusswasser überhaupt mit dem Gesicht in Berührung kommen zu lassen. Daher hatten die beiden jungen Mädchen für ihre Haarwäsche nun einen Krug frischen Brunnenwassers sowie eine Schüssel, in der sie das Wasser auffingen, damit die Nächste es benutzen konnte.
    Sie lachten und spritzten einander nass und waren gut gelaunt, denn so ein frisch gewaschener Schopf war doch etwas Herrliches. Anuprabha hatte die Prozedur schon hinter sich, ihr Haar lag nass und schwer bis zu den Hüften auf ihrem Rücken. Ihr Sari war hinten pitschnass. Jyoti kniete vor der Schüssel und hielt den Kopf darüber, und bei jedem Schwall Wasser, der ihr vom Nacken über den Hinterkopf in die Stirn lief, lachte sie ein wenig zu laut, genauso wie Anuprabha ein wenig zu theatralisch die Haarwäsche an ihrer Freundin vornahm. Sie wussten, dass die Männer sie beobachteten, und das machte mindestens die Hälfte des Vergnügens aus. Nun ja, wenn man sie denn als Männer betrachten konnte, den linkischen Makarand, den tatterigen Dakshesh und den kleinen Vikram.
    Dass ein Mann, der ihrer Meinung nach die Bezeichnung verdiente, weil er jung und schön war, ihnen ebenfalls zusah, wussten sie nicht. Andernfalls hätten sie ihre Hinterteile wahrscheinlich nicht ganz so aufreizend ausgestreckt und nicht ganz so mädchenhaft und vermeintlich verführerisch gekichert. Miguel betrachtete die Szene und schmunzelte. Niedlich waren sie, die beiden Mädchen, wie sie da in ihren bunten Saris und mit nassem Haar herumalberten. Kein Wunder, dass niemand sein Eintreffen bemerkt hatte: Die Männer drückten sich an einer Wand herum, um deren Ecke sie mit offenen Mäulern auf die neckischen Mädchen glotzten.
    Diesmal hatte Miguel sein Pferd auf der anderen Seite des Flusses gelassen. Er hatte mit einer winzigen Fähre übergesetzt und im Dorf nach jemandem gefragt, der ihn zu Dona Ambas Haus fahren konnte. Ein Bauer, der auf seinem Karren zuletzt eine Fuhre Kuhdung transportiert hatte, brachte ihn gegen ein geringes Entgelt zum Ziel. Kurz vor Erreichen des Hauses war Miguel ausgestiegen. Er wollte nicht sofort bemerkt werden, was, wie er sich insgeheim eingestand, lächerlich war. Wie ein verliebter Schuljunge schlich er sich an, nur

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