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Der indigoblaue Schleier

Der indigoblaue Schleier

Titel: Der indigoblaue Schleier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ana Veloso
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Haltung, du wirbelloses Kriechtier. Mein Hund hat mehr Rückgrat als du.«
    Carlos Alberto kam unverdrossen zur Haustür geschlendert und zog dabei ein Papier aus der Tasche. »Ich habe hier einen Durchsuchungsbefehl. Öffne also, sonst verschaffe ich mir gewaltsam Zutritt.« Ihm folgten zwei bis an die Zähne bewaffnete Männer, die seiner Forderung Nachdruck verleihen sollten.
    Miguel eilte zur Haustür und öffnete sie einen Spalt weit. »Was genau suchst du denn? Vielleicht kann ich dir behilflich sein.«
    »Das bezweifle ich. Leute wie du, die sich mit der eingeborenen Bevölkerung gemein machen, dürften mir keine große Hilfe sein.«
    »Versuch es doch einfach mal. Aber eines sage ich dir gleich: Hübsche Jungfrauen wirst du hier keine finden, geschweige denn verhaften können.«
    Carlos Alberto stieß die Tür auf und trat ein, dicht gefolgt von den beiden Wachen. Miguel ging ihnen aus dem Weg. Was blieb ihm anderes übrig? Dieser Mistkerl war mit Vollmachten ausgestattet, die er sich zwar ergaunert hatte, die ihn aber dennoch in die Lage versetzten, Leute ohne weitere Erklärungen zu verhaften. Und er hatte beileibe keine Lust, in einem stinkenden Kerker wie dem zu landen, aus dem er Ambas Dienstmädchen befreit hatte.
    »Crisóstomo?«, rief Miguel laut, woraufhin der Bursche sofort um die Ecke geschossen kam. »Weise unseren Gästen den Weg in den Salon und biete ihnen eine Erfrischung an. Sie scheinen mir ein wenig … erhitzt zu sein.«
    Crisóstomo verfluchte den Tag, an dem er in die Dienste Miguels getreten war. Er mochte sich nicht in der Nähe dieser teuflischen Männer aufhalten. Die Vorstellung, mit ihnen allein im Salon zu sein, machte ihm so viel Angst, dass er zu schwitzen anfing. Aber er musste seinem Herrn wohl oder übel gehorchen, sonst würde er am Ende noch die Aufmerksamkeit dieser Widerlinge auf sich ziehen. Er hatte zwar nichts verbrochen, aber das war, wie er wusste, überhaupt kein Grund, nicht bei der Kirche in Ungnade zu fallen. Da reichten bereits alltägliche kleinste Verfehlungen, wie etwa die, kein Rindfleisch essen zu wollen oder den Eingang seiner Hütte mit Ganesha, dem Elefantengott, zu schmücken, der für häuslichen Frieden sorgte.
    Crisóstomo ging mit schlotternden Knien voran in den Salon und deutete schweigend auf die Sitzmöbel. Er befürchtete, dass seine Stimme zittrig war und seine Angst verraten würde. Wie sich herausstellte, brauchte er aber gar nichts zu sagen. »Geh jetzt«, fuhr Carlos Alberto Sant’Ana den Burschen an, während er sich an einer Karaffe zu schaffen machte, »wir kennen uns hier aus.« Er goss sich eine sehr großzügig bemessene Dosis des Weinbrands ein und machte eine Geste, die an das Fortwedeln einer Fliege erinnerte. Crisóstomo brauchte keine weitere Aufforderung. Er flog förmlich aus dem Raum, schneller als jede Fliege. Derbes Gelächter verfolgte ihn.
    Carlos Alberto warf sich auf eine Polsterbank und legte die Füße hoch, mit seinen schmutzigen Stiefeln auf einem zierlichen Seidenkissen. Er blickte sich mit unverhohlenem Neid in dem Raum um. Alter Geldadel, das sah man sofort. Die Möbel waren von erlesener Qualität, an den Wänden hingen Ölgemälde europäischer Machart neben prachtvoll geschnitzten Holztafeln indischer Herkunft. Der Parkettfußboden war auf Hochglanz poliert und mit kostbaren Teppichen bedeckt. In einer Vitrine war ein Sammelsurium besonders wertvoller Gegenstände untergebracht: chinesisches Porzellan neben persischer Silberschmiedekunst, italienische Kristallpokale neben indischen Elfenbeinkästchen. Sicher befand sich irgendwo in diesem Haus auch eine seltene Reliquie, dachte Carlos Alberto nicht ohne einen Anflug von Sarkasmus. Warum in Dreiteufelsnamen hatte Miguel ihm damals nicht einfach etwas Geld geliehen? Wie war es zu dem Bruch gekommen? Er bereute, dass es ihm nicht gelungen war, die Freundschaft zu dem vornehmen Kaufmannssohn zu erhalten. Einen Miguel Ribeiro Cruz zum Freund zu haben machte sich immer gut. Andererseits machte ein Ribeiro Cruz sich nicht minder gut auf der Liste seiner erfolgreich überführten Ketzer. Die Kirche wollte namhafte Mitglieder der Gesellschaft der Gotteslästerung überführen? Nichts leichter als das.
    Der Juwelier war unter der Folter zusammengebrochen. Er hatte die Namen all seiner Kunden preisgegeben, inklusive der Gegenstände, die diese bei ihm erworben oder an ihn verkauft hatten. Der kleine goldene Schlüssel, so hatte Rujul schließlich winselnd zugegeben,

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