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Der indigoblaue Schleier

Der indigoblaue Schleier

Titel: Der indigoblaue Schleier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ana Veloso
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Moment großer Schwäche beobachtet hatte, und ebenso wenig behagte ihm die Aussicht, sich nun stark und beherrscht geben zu müssen. Er wollte sich gehen lassen und nicht als formvollendeter Gastgeber auftreten.
    Aber das war ohnehin aussichtslos. Für einen Moment hatte er die Verwüstung vergessen, die am Nachmittag angerichtet worden war, aber jetzt, da er Amba ins Haus begleitete, fiel sie ihm wieder ein. Er konnte ihr nicht einmal einen komfortablen Platz zum Sitzen anbieten. Sie hätte keinen schlechteren Zeitpunkt für einen Besuch wählen können.
    »Ich habe schon einen ersten Eindruck bekommen«, las sie seine Gedanken. »Was ist passiert?«
    »Ach«, antwortete Miguel widerwillig, »ich hatte ungebetene Gäste. Von der Inquisition.«
    »Oh.«
    »Und was führt dich hierher?«
    Amba zögerte einen Moment zu lange. Eigentlich war sie gekommen, um ihn zur Rede zu stellen und ihm den Ring, den er ihr geschenkt hatte, zurückzubringen. Sie war wütend und verletzt gewesen, als sie den Inhalt des Päckchens sah, das er Nayana überreicht hatte. Sie war nicht käuflich, und kein noch so schönes Geschenk würde sie dazu bringen, Miguels Geliebte zu werden. Denn das war es ja wohl, was ihm vorschwebte. Er wusste schließlich, dass sie beide gebunden waren. Außerdem hatte der Stein, den der Ring fasste, einmal ihr gehört. Sie hatte ihn sofort erkannt, er hatte einst den Säbel geziert, den Vijay ihr zum Hochzeitsgeschenk gemacht hatte. Natürlich konnte Miguel davon nichts wissen, aber es war Amba wie ein böses Omen erschienen.
    Nun aber, da sie sich einem unglücklichen Häufchen Elend gegenübersah, fiel ihre ganze aufgesetzte Arroganz in sich zusammen. Sie brachte es nicht übers Herz, Miguel die Dinge zu sagen, die zu sagen sie sich vorgenommen hatte. Nicht an einem solchen Tag, der für ihn so schwer gewesen war.
    »Wolltest du dich an meinem Anblick weiden?«, fragte Miguel ungehalten. »Nun, schau genau hin. Du siehst einen trauernden Mann vor dir, der wie ein Kind geheult hat, weil sein Hund ermordet wurde. Genau, nur sein Hund. Sein einziger wahrer Freund, der besser zu ihm war als die meisten Menschen. Halte es für albern, aber wage es nicht, mir das ins Gesicht zu sagen.«
    »Ich halte es nicht für albern.«
    Miguel schämte sich für seinen Gefühlsausbruch. Immerhin waren seine Tränen versiegt, und er merkte, dass seine duldsame Trauer allmählich in aggressive Rachsucht umschlug. Er würde Carlos Alberto zur Rechenschaft ziehen.
    »Es spielt auch keine Rolle. Nun, nimm Platz.«
    Inzwischen waren sie im Salon angekommen, bei dessen Anblick Amba scharf die Luft einsog. Sie war nie zuvor in diesem Haus gewesen, aber trotz der starken Beschädigungen erkannte sie, dass alles sehr gepflegt und geschmackvoll gewesen sein musste. Unter ihren Füßen knirschten Porzellanscherben. Sie sah sich nach einer Sitzgelegenheit um, stellte jedoch fest, dass alle Bänke und Sessel so sehr zertrümmert worden waren, dass sie zu nichts mehr taugten.
    »Wir können uns in meine Kutsche setzen«, schlug sie vor.
    »Aber Dona Amba!«, rief Miguel in gespielter Empörung. »Was soll denn die Dienerschaft von uns denken?«
    »Es spielt, wie du so richtig bemerkt hast, keine Rolle.«
    Miguel wurde hellhörig. Was war los mit ihr? Was war der eigentliche Grund ihres Besuchs? Und wo war ihre Widerspenstigkeit geblieben? Er würde doch nicht etwa ihr Mitleid erregt haben? Die Vorstellung war ihm ein Greuel.
    »Lass uns ein wenig spazieren gehen. Das Wetter ist schön, und draußen kann uns wenigstens niemand belauschen.«
    Amba stimmte dem Vorschlag zu. Sie verstand sich selbst nicht mehr. Sie hätte Miguel einfach den Ring zurückgeben und unverzüglich wieder nach Hause fahren sollen. Und es war nicht nur seine Verletzlichkeit, die sie davon abhielt. Wenn sie ganz ehrlich zu sich selber war, musste sie sich eingestehen, dass sie schlicht Lust hatte, mehr Zeit mit ihm zu verbringen.
    Sie schlenderten einen Trampelpfad entlang, der zum Ufer des Mandovi führte. Miguel kannte eine Stelle, an der ein umgestürzter Baum genau so lag, dass man sich daraufsetzen und gen Westen schauen konnte. Die Sonnenuntergänge waren herrlich, er hatte schon oft auf dem Stamm gesessen und sie genossen.
    Als sie die Stelle erreichten, war die Sonne bereits ein glühender Ball unmittelbar über dem Horizont. Sie setzten sich und schauten versonnen dem Naturschauspiel zu. Keiner sagte ein Wort. Als die Sonne ganz hinter der Wasserlinie

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