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Der indiskrete Roboter

Der indiskrete Roboter

Titel: Der indiskrete Roboter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Branstner
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heißt denn das Spiel?«
    »Mehlschneiden.« Das Kind schob mit beiden Händen Sand zu einem Häufchen zusammen und legte einen Kieselstein obendrauf.

    Der Roboter hockte sich neben das Kind. »Das ist aber kein Mehl, das ist Sand.«
    »Bist du aber dumm!« rief das Kind aus. »Ich spiele doch mit dem Sand, und da ist er Mehl.«
    »Und wie geht das Spiel?« fragte der Roboter.
    Das Kind nahm ein Stöckchen. »Das ist kein Stöckchen, sondern ein Messer, damit du es gleich weißt. Jetzt schneide ich etwas von dem Mehl ab.« Das Kind schob mit dem Stöckchen vom Rande des Häufchens ein bißchen Sand fort. »Und jetzt schneidest du etwas Mehl ab. Dann wieder ich und wieder du. Und bei wem der Kiesel herunterfällt, der hat verloren.«
    Da der Roboter bisher mit Kindern keinen Umgang gehabt hatte und vom Spielen nichts verstand, konnte er nicht begreifen, wieso Sand, sobald man mit ihm spielte, Mehl ist und ein Stöckchen ein Messer. Aber gerade deshalb interessierte er sich für das Spiel und war sogleich völlig darein vertieft.
     
    Also blieb Fredy auf sich selbst gestellt und mußte, grün und halb blind wie er war, das letzte Stück des Anglersitzes alleine spritzen. Danach lief er fluchend zur Station. Als er seinen grünen Kopf durch die Tür steckte, schrie Sara erschrocken auf.
    »Um Himmels willen, was hast du denn gemacht?«
    »Die Spritzpistole«, erklärte Fredy wutschnaubend, »erst ist sie nirgends zu finden, und dann hat sie Ladehemmung!«
    Boris grinste. »Und auf einmal ging sie wieder, stimmt’s?«
    »Sag mir lieber, wo Oskar sich rumtreibt.«

    Boris wandte sich wieder seiner Arbeit zu. »Ich denke, du hast ihn zum Teufel geschickt. Da kann er noch nicht zurück sein.«
    »Mal im Ernst.« Fredy faßte Boris an der Schulter und zog ihn zu sich herum.
    Boris blickte Fredy an, grinste und wandte sich wieder ab. »Wie kann ich ernst sein, wenn ich dich angucke.«
    »Ich meine den Roboter!« rief Fredy ärgerlich. »Ist euch nicht aufgefallen, daß er sich in letzter Zeit ziemlich seltsam benimmt?«
    Sara pflichtete Fredy bei. »Ein bißchen verändert schien er mir schon zu sein; aber jetzt geh erst mal und bring dich wieder in Ordnung.«
    Fredy hatte den Raum gerade verlassen, als die Videophonkugel durch kurze Summtöne ein ankommendes Gespräch anzeigte. Sara drückte die am Sockel der Kugel befindliche Empfangstaste, und in der kürbisgroßen Kugel tauchte der Kopf Renners auf. Renner war der für die Raumlotsenstationen zuständige Mann in der Obersten Raumbehörde. Mit seiner schnarrenden Stimme verkündete er:
    »Die Aufnahme des Probebetriebes des kosmischen Leuchtturms, amtliche Bezeichnung OAZ 100, erfolgt nach den vorgegebenen Daten. Die Stationen WLADIMIR, SARA und PABLO übernehmen das Orten, die Station SARA übernimmt überdies das Abschirmen. Ende der Durchsage.«
    Sara und Boris amüsierten sich über die gewichtige Miene, die Renner selbst bei einer Routinedurchsage aufsetzte, und sie dachten nicht im entferntesten daran, daß Oskar soeben im Begriff war, die in der Durchsage erwähnten »vorgegebenen Daten« völlig durcheinanderzubringen.
     
    Der Roboter hatte das »Mehlschneiden« verloren und setzte sich wieder in Gang. Das Kind schloß sich dem Roboter an, um ihm den Weg zu zeigen, und führte ihn an der Hand. So wandelten die beiden einträchtig den Sandweg entlang. Kurz bevor der Weg in eine Landstraße mündete, blieb das Kind stehen und wies die Straße entlang auf einen Gebäudekomplex. Oskar bedankte sich artig, und das Kind setzte sich da, wo es stand, nieder und spielte wieder im Sand.
    Der Roboter hatte sich nach dem Energieposten erkundigt und steuerte jetzt auf den Gebäudekomplex zu, der sich in einer sehr einsamen Gegend befand. Weit und breit war kein anderes Bauwerk zu erblicken. Der den Komplex umschließende hohe Metallzaun hatte nach der Straße zu eine etwa fünf Meter breite Öffnung, die von grellgelb gestrichenen und mit dem Symbol des elektrischen Blitzes markierten Pfeilern begrenzt war. Das Pförtnerhäuschen stand einige Schritte davor auf der rechten Seite. Oskar schritt auf die Öffnung des Zaunes zu. Da sprang der Pförtner, ein altes und schußliges Männlein, aus dem Häuschen.
    »Halt! Ich muß erst die elektrische Sperre ausschalten!«
    Das Männlein sprang zurück in sein Häuschen, um den Knopf zu drücken, doch da war es schon passiert. Oskar leuchtete, als er zwischen den Pfeilern hindurchschritt, wie eine Wunderkerze auf. Unzählige

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