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Der Insulaner

Der Insulaner

Titel: Der Insulaner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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Stellen, die von den Matrosen mit Teer und Tauen abgedichtet wurden, erinnerten noch an den Sturm. Hael fand, sie hätten ein grauenvolles Unwerter überlebt, aber die Kameraden lachten nur darüber und erklärten, dass es sich lediglich um ein kleines Unwetter gehandelt habe, wie es immer wieder über sie hereinbrach.
    »Wenn dich ein stürmischer Seewind vorantreibt und du an der Küste Felsenriffe aus dem Wasser ragen siehst, dann weißt du, dass es an der Zeit ist, deine Götter anzuflehen«, erklärte ein Matrose.
    »Aye, aye!« rief ein anderer. »Ein Wind, der fünfmal schlimmer ist als der gestrige, kann zwei oder drei Tage lang ununterbrochen wüten und Wellen aufkommen lassen, die sich wie Gebirge vor dir auftürmen.«
    Hael war nicht sicher, ob sie die Wahrheit sagten oder ihm als unerfahrener Landratte Angst machen wollten. Aber Malk stimmte zu, dass es sich wirklich nur um einen kleinen Sturm gehandelt hatte, der nichts mit den wirklich furchteinflößenden Unwettern gemein hatte, die meist gegen Ende des Jahres aufzogen.
    »Wenn das geschieht«, sagte er, »sollte man sich tunlichst in einem windgeschützten Hafen aufhalten, oder aber weit draußen auf See. Wenn man zu dicht in Küstennähe treibt, ist man verloren, und ebenso schlimm ist es, in einem dem Wind geöffneten Hafen zu liegen. Ich habe Stürme erlebt, die ein Schiff so groß wie die Wellenfresser mühelos emporhoben und hundert Schritt weiter landeinwärts über einem Dorf fallen ließen.«
    Die Behauptung schien zwar weit hergeholt, aber Hael kannte Malk gut genug, um seine Worte nicht in Frage zu stellen. Ganz sicher entwickelten die Stürme, die diesem Teil der Welt ihren Namen gegeben hatten, eine unvorstellbare Gewalt, die sich auf See natürlich noch stärker bemerkbar machte. Hael wurde nachdenklich. In der letzten Nacht war er vollkommen sicher gewesen, dass er, sobald er den Fuß aufs Festland setzte, es nie wieder verlassen würde, nicht einmal, um nach Gale zurückzukehren und Gasam zu töten.
    Jetzt, wenn er wieder darüber nachdachte, kam ihm der Sturm längst nicht mehr so furchteinflößend vor. Im Nachhinein erschien ihm alles wie ein wunderbares Abenteuer. Aber so ist es häufig: Kaum befindet man sich in Sicherheit, vergisst man allzu leicht die überstandenen Schrecken. Vielleicht würde er noch eine Weile an Bord bleiben, um mehr von der Welt zu sehen, ehe er sich an Land begab.
     
    Am nächsten Tag sichteten sie das Festland. Hael brannte darauf, das sagenumwobene Land kennen zu lernen und war enttäuscht, dass es auf den ersten Blick nicht anders als eine große Insel aussah. Als sie jedoch nach Süden immer entlang der Küste segelten, wurde ihm deutlich, wie gewaltig die Ausmaße dieser fremden Welt wirklich waren. Er fragte Malk, wie weit sie sich landeinwärts erstreckte.
    »Das kann niemand genau sagen. Wenn du weit genug nach Süden segelst, kommst du zum Kap Rika. Dort macht die Küste einen Bogen und führt wieder nach Norden. Von dort aus muss man wochenlang segeln, um bis auf die Höhe zu kommen, auf der wir uns jetzt befinden. Das Festland ist riesengroß, und ein Teil davon ist noch unerforscht. Es gibt ausgedehnte Wüsten und ein Gebiet, das ›Giftiges Land‹ genannt wird, weil dort nichts leben kann. Gerät ein Lebewesen zu nahe an dessen Grenze, verformt es sich aufs eigenartigste. Auch gibt es Dschungelwälder, die völlig undurchdringlich sind. Manchmal schicken die Könige der Küstenländer Expeditionen aus, um die Wälder zu erforschen, Bodenschätze zu entdecken und Menschen, mit denen man Handel treiben kann.«
    Hael gefiel der Gedanke, unbekannte Länder zu erforschen. »Wonach suchen sie?«
    »Metalle sind immer rar. Nicht Gold und Silber, denn die vergehen nicht, aber jede Expedition, die auf Eisen stößt, macht großen Gewinn. Die Ureinwohner vergruben riesige Eisenbalken unter Steinen, und das ist die einzige Möglichkeit, eine größere Menge gut erhaltenen Eisens ans Tageslicht zu bringen. Natürlich gibt es noch andere Dinge: Gewürze, Elfenbein, Federn, Horn, seltene Erdarten, die man zum Beispiel bei der Glasherstellung benötigt, Farbstoffe und vieles mehr. Es gibt unendlich viel zu entdecken, und jedes neu erforschte Land bietet ein oder gar mehrere Dinge, die von großem Wert sind, wenn man nur das richtige Gespür und ein scharfes Auge dafür hat.«
    »Warum haben die Ureinwohner das Eisen vergraben?« fragte Hael, denn er wusste, dass Malk mit Hingabe Wissen dieser Art

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