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Der Insulaner

Der Insulaner

Titel: Der Insulaner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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gewählt werden. Außerdem sind einige meiner Diener verletzt, und es ist verboten, den Tempelboden mit Blut zu beflecken. Ihr werdet einen anderen Tag festlegen müssen. Gewiss ist das möglich.«
    Der Priester namens Phulug seufzte laut. »Nun gut, nun gut. Wenn uns die Götter zeigen, dass ein Tag ungeeignet ist, sei es nun durch Blitzschlag, Erdbeben oder andere Missstände, müssen wir die heiligen Bücher zu Rate ziehen, um ein neues Datum festzusetzen.«
    »Wunderbar. So soll es geschehen.« Sie entließ die beiden, indem sie sich abwandte und die Überreste der Sänfte betrachtete. »Soulis!« rief sie. »Haben wir genügend Sklaven, die mich zum Palast zurückbringen können?«
    Ein Mann in einer langen weißen Tunika verneigte sich tief. »Ganz gewiss, Herrin.«
    »Gut.« Shazad wandte sich an Hael. »Komm mit.«
    Dann ging sie zur Sänfte hinüber und ließ sich auf den von Sklaven wieder gerichteten Kissen nieder. Da er sonst nichts zu tun hatte und ihn die Frau neugierig machte, folgte er ihr. Die Priesterin beobachtete die beiden fetten Männer, die sich mühselig die Stufen emporhievten. »Eunuchen sind immer aufgebracht, wenn ihr Zeitplan und ihr Tagesablauf durcheinander gerät.«
    »Was sind Eunuchen?« fragte Hael, als die Sklaven die beschädigte Sänfte vorsichtig auf die Schulter hoben.
    »Männer, denen man die … du stammst wirklich aus dem Hinterland! Was macht ihr mit männlichen Kaggas, die sich nicht für die Zucht eignen?«
    »Wir kastrieren sie.«
    »Genau das hat man auch mit Eunuchen getan.«
    »Das ist hart«, fand Hael, »aber ich verstehe, warum man verhindern will, dass sich solche Kerle fortpflanzen.«
    Sie lachte und hielt sich beide Hände vor den Mund. »Deshalb tut man es nicht! Oh, du musst noch viel lernen.«
    »Wohin gehen wir?«
    »Zum Palast. Natürlich zum Palast meines Vaters. Es gibt noch andere in Kasin, aber der unsere ist nach dem des Königs mit Abstand der schönste.« Hael wusste bereits, dass ein Palast ein besonders großes Wohnhaus war, wo reiche und bedeutende Persönlichkeiten mit ihren Familien, ihren Dienern und ihren Schätzen lebten. Hier wurde der Wohlstand eines Mannes nicht an der Anzahl der ihm gehörenden Hütten gemessen, wie es bei den Shasinn üblich war, sondern an der Größe eines einzelnen Gebäudes.
    Es war eigenartig, neben der Sänfte herzugehen, während sich rechts und links von ihm alle Menschen tief verbeugten. Die Musiker spielten ihre Instrumente nicht mehr. Die Tatsache, dass die Zeremonie nicht stattfand, schien alle Mitglieder der Prozession aus der Fassung gebracht zu haben. Sie trabten ohne erkennbare Anordnung hintereinander her. Die Sänfte schwankte immer wieder ein wenig, da einige der Träger humpelten. Hael verspürte kein Mitleid mit ihnen. Bei einem Anlass, der ihm nur geringfügig gefährlich vorgekommen war, hatten sie sich als ausgesprochen unnütz erwiesen, und hätte er nicht eingegriffen, wären sicher ein paar der Männer zu Tode gekommen. Die Matrosen hatten ihn beeindruckt, da sie sich täglich mit einem feindlich gesinnten Element herumschlagen mussten und über große Geschicklichkeit verfügten, aber diese Städter kamen ihm recht wirklichkeitsfremd vor.
    Die Frau war ganz anders. Sie war seltsam, aber nicht empfindlich. Den Bürgern gegenüber verhielt sie sich zwar herablassend, aber weder unhöflich noch beleidigend, als sei sie sich des Unterschiedes zwischen ihrer edlen Abstammung und dem Rest der Welt, der ihr Untertan zu sein hatte, deutlich bewusst. Ihre Schönheit und fremdartige Ausstrahlung fesselten Hael. Bisher hatte er bei schönen Frauen immer an die Schlanken, Großen und Blondhaarigen seines Volkes gedacht, an ihre blauen Augen und die leicht gebräunte Haut. Die Priesterin jedoch war geradezu winzig, mit üppigen Formen, glänzendem schwarzen Haar, dunklen, schrägstehenden Augen und blasser Hautfarbe. All diese Dinge hätte er früher nie mit Schönheit in Verbindung gebracht. Trotzdem ertappte er sich dabei, wie er sie voller Bewunderung anstarrte. Seiner männlichen Eitelkeit tat es ausgesprochen gut, dass ausgerechnet die bekannteste Frau dieser riesigen Stadt großen Gefallen an ihm fand. Wenn man bedachte, wie die einheimischen Männer aussahen, war das nur zu verständlich.
    »Warum nimmst du mich mit?« fragte er neugierig.
    »Ein wenig aus Dankbarkeit«, antwortete Shazad. »Du hast mir geholfen, und nun werde ich dir helfen. Wenn du weiterhin in der Stadt herumirrst, endest du

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