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Der Insulaner

Der Insulaner

Titel: Der Insulaner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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klein und zart und nicht an halbwilde Tiere gewöhnt. Die Hörner und Hufe eines Kaggas können gefährliche Waffen sein. Ich bin dir sehr dankbar für deine Hilfe.«
    Die Vornehmheit und Freundlichkeit des Mannes beeindruckte Hael. Das also war der Edelmann Pashir, ein bedeutender Mann und bestimmt nur dem König unterstellt. Trotzdem stand er hier und redete freundschaftlich mit einem unbedeutenden Barbarenjungen. Hael nahm sich vor, diese Haltung nicht ohne Vorsicht zu genießen, denn ihm fiel ein, dass auch Gasam zuletzt ein überaus gewinnendes Wesen gezeigt hatte.
    »Ich muss gestehen«, sagte er, »dass ich nicht weiß, weshalb mich deine Tochter hierher brachte. Was ich tat, war nicht der Rede wert, und ich erwarte keine Belohnung. Ich sollte besser gehen.«
    »Nein, bleib nur. Du wirkst wie ein viel versprechender junger Mann und bist fremd in der Stadt. Vielleicht habe ich Arbeit für dich. Du wirst auf Reisen gehen, Gefahren bestehen müssen und vielleicht reich entlohnt werden – genau das Richtige für dich, würde ich sagen.«
    Das hörte sich gut an. Ehe Hael noch fragen konnte, um was es sich handelte, streckte Pashir die Hand aus und schnippte laut mit den Fingern. Sofort trat ein Mann ein, der nur mit einem gelben Kilt bekleidet war. Er sprach kein Wort und stand abwartend da, als sei das alles, was er zu tun habe.
    »Wir werden uns beim Abendessen weiter darüber unterhalten. Ich muss jetzt zum königlichen Palast. Der Diener wird dir ein Zimmer zeigen, das ich für dich herrichten ließ. Wenn du einverstanden bist, für ein paar Tage mein Gast zu sein, wirst du es sicherlich nicht bereuen.«
    Das kam sehr überraschend, aber Hael war klug genug, sich eine solche Gelegenheit nicht entgehen zu lassen. »Ich nehme die Einladung dankend an.«
    »Der Dank gebührt dir. Dann bis heute Abend.«
    Pashir verließ den Raum, und erst jetzt fiel Hael auf, dass er sich weder vorgestellt noch nach Haels Namen erkundigt hatte. Die Gepflogenheiten der Mächtigen waren ziemlich verwirrend.
    »Wenn Ihr mir bitte folgen wollt«, murmelte der Sklave. Hael folgte ihm einen langen, schmucklosen Gang entlang.
    »Wie heißt du?« fragte er den Mann.
    Der Sklave blickte ihn leicht erstaunt an.
    »Ich bin Nummer drei der siebten Gruppe, Haupthaus, Tagschicht.«
    »Hast du denn keinen Namen?«
    Der Mann zuckte die Achseln. »Keinen, der einen freien Mann kümmern würde.«
    Sie kamen in einen kleinen quadratischen Innenhof. Etliche Türen waren zu sehen, und sie betraten eines der dahinterliegenden Zimmer. Verglichen mit den Räumen, die Hael bisher gesehen hatte, war es klein, aber dennoch größer als jede Hütte seines Dorfes. Er sah einen Tisch, ein paar Stühle und ein Möbelstück, das er nach kurzem Nachdenken als Bett aus gedrechseltem Holz gefertigt und mit zahlreichen Kissen bedeckt erkannte. Die Wände waren mit abstrakten Mustern bemalt.
    Der Sklave deutete auf eine Tür, die genau gegenüber lag. »Dahinten befindet sich der Abtritt – und rechts die Tür zum Gästebaderaum. Ihr könnt Euch im ganzen Palast frei bewegen, nur nicht in den Bereichen, zu denen Euch die Wachen den Zutritt verwehren. Möchtet Ihr etwas essen?«
    Plötzlich bemerkte Hael, dass er halbverhungert war. Seitdem er das Schiff am frühen Morgen verlassen hatte, war viel geschehen, aber eine Mahlzeit hatte er bisher nicht zu sich genommen. »Ja, gern.« Ehe der Mann davoneilen konnte, stellte ihm Hael eine Frage, die ihm schon die ganze Zeit auf der Seele brannte. »Weshalb bist du ein Sklave?«
    Der Mann sah ihn an, als habe er es mit einem Verrückten zu tun. »Weshalb? Nun, ich hatte selbstverständlich keine andere Wahl.« Dann eilte er davon.
    Die Antwort erschien Hael unbegreiflich. Man konnte doch immer den Tod der Sklaverei vorziehen. Oder waren alle, die er hier gesehen hatte, bereits als Sklaven geboren worden?
    Er stellte sich vor die offene Wand des Zimmers und sah in den Innenhof, wo der unvermeidliche Springbrunnen vor sich hin plätscherte. Zu beiden Seiten der Öffnung hingen schwere Vorhänge, mit denen man das Zimmer auf Wunsch verdunkeln konnte. Rings um den Brunnen herum hatte man unzählige Blumen angepflanzt, über denen sich summende Bienen tummelten. Die Steinplatten dampften, als der Regen in der Sonne verdunstete.
    Musik drang an Haels Ohren, und er durchquerte den Innenhof. Durch die zurückgezogenen Vorhänge blickte er in einen Raum – ähnlich dem seinen – und sah eine Frau, die auf einem Kissen saß und

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