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Der Insulaner

Der Insulaner

Titel: Der Insulaner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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klingen sollte, verriet Hael, wie sehr der Mann diese Waffen fürchtete. Es wäre verlockend, das Schwert zu ziehen und ihn einfach niederzumetzeln oder mit dem Speer aufzuspießen. Dann würden die anderen jedoch denken, er scheue einen gerechten Kampf, und früher oder später müsste er sich einem neuen Gegner stellen. Es war besser, ihnen seine Überlegenheit auf eine Weise vorzuführen, die niemand in Frage stellen konnte.
    »Wähle die Waffe, die du bevorzugst. Mein Volk kämpft bewaffnete Duelle nur mit Gleichrangigen aus.« Er stieß den Speergriff in den Boden und legte das Schwert beiseite. Mit bloßen Händen wandte er sich Agah zu.
    Sein Gegner wirkte einen Augenblick lang verwirrt.
    Dann grinste er, und sein Gesicht verzog sich zu einer Fratze, die wenig menschlich wirkte. »Mir ist gleich, wie du stirbst, Junge. Vielleicht werde ich dich noch einmal nehmen, ehe ich dir die Kehle durchschneide.« Er zog den Dolch und löste die Schnalle des knielangen Kilts. Das Kleidungsstück rutschte zu Boden, und er stand, nur mit einem Lendenschurz angetan, vor Hael. Seine dunkle Haut glänzte im Feuerschein. Die Kereels rieben sich die Körper mit Tierfett ein, das die Haut geschmeidig und glänzend machte und den Männern einen durchdringenden Gestank verlieh. Die zweischneidige, zehn Zoll lange gebogene Bronzeklinge funkelte im Schein des Lagerfeuers.
    Hael hatte sich bereits mit duftendem Faustnußöl eingerieben. Wenn er verlor, dachte er mit grimmiger Genugtuung, würde er mit der befriedigenden Gewissheit sterben, die besser riechende Leiche abzugeben.
    Die Nachricht des bevorstehenden Kampfes verbreitete sich wie ein Lauffeuer im Lager, und von allen Seiten eilten Neugierige herbei. Auch Bewohner der umliegenden Dörfer befanden sich unter den Schaulustigen, die sich glücklich schätzten, eine so aufregende Unterbrechung des Alltagstrotts genießen zu dürfen. Das Leben der einfachen Landbevölkerung bot wenig Abwechslung.
    Wie ein Tänzer umkreiste Agah das Feuer auf den Zehenspitzen, ohne Hael auch nur für eine Sekunde aus den Augen zu lassen. Mit winzigen tänzelnden Schritten kam er immer näher. Hael trat beiseite und wich zurück, damit der Kereel die Flammen nicht im Rücken hatte.
    »Weichst du vor mir zurück, Knabe?« höhnte Agah.
    »Willst du mich etwa totreden? Du langweilst mich unendlich, Kereel.«
    »Dann will ich dir ein wenig Abwechslung bieten!« zischte der Mann. Er sprang vor und zielte mit dem Dolch auf Haels rechte Seite. Der Junge schlug mit der Handfläche auf Agahs Unterarm und wehrte den Angriff ab. Er war klug genug, nicht nach der Waffe zu greifen. Im Augenblick verzichtete Hael auf eine Attacke und begnügte sich damit, den Angreifer zu beobachten, um seine Kampftechnik kennen zu lernen.
    Agah bewegte sich noch immer wie ein Tänzer. Hände und Füße zuckten hin und her, formten verschlungene Muster und sollten den Gegner anscheinend verwirren. Etliche Zuschauer brachen in beifälliges Murmeln aus.
    Hael kümmerte sich nicht darum. Ihm war bekannt, dass es bei einem Kampf auf Leben und Tod bei jeder Bewegung nur um zwei Dinge ging: die eigene Verteidigung und die Bedrohung des Feindes. Hael stand gebückt, die Arme ein wenig nach vorn gestreckt, die Hände in Brusthöhe leicht geöffnet – und blieb wachsam und sprungbereit. Er würde handeln, wenn der Dolch sich näherte und in der Zwischenzeit die bedeutungslosen Gesten nicht weiter beachten.
    Mit einem lauten Schrei hieb Agah nach Haels Gesicht, drehte sich dann blitzschnell in die andere Richtung und zielte auf den Bauch des Jungen. Hael wich geschickt aus, und die Waffe verfehlte ihr Ziel. Agah versuchte, die Hand zurückzuziehen, aber da war Hael bereits hinter ihm, versetzte ihm einen Tritt gegen die rechte Kniekehle, zog seine linke Schulter nach hinten und brachte den Kereel mit einem Ruck zu Fall.
    Eigentlich wollte er dem Kampf sofort ein Ende bereiten und den Kehlkopf des Gegners mit der Ferse eindrücken oder sich mit seinem ganzen Gewicht mit dem Ellenbogen auf den Magen des Mannes fallenlassen, um ihm die inneren Organe zu zerquetschen. Aber seine Hand glitt von der fettigen Haut ab, und Agah landete nicht mit der beabsichtigten Wucht auf dem Boden. Er hieb mit dem Dolch um sich, um den Jungen außer Reichweite zu halten, rollte sich herum und kam wieder auf die Beine.
    Sofort nahm er den ermüdenden Tanz wieder auf, aber jetzt lag Furcht in seinem Blick. Eine Furcht, die er durch verächtliches Zischen und

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