Der Insulaner
entnahm ihm ein paar Fäden und bündelte seine Beute damit.
Hael saß ab und schlug den kurzen hölzernen Pfahl in den Boden, an dem er die Zügel des Cabos befestigte. Am meisten reizte ihn das Seil des Mannes. Als er näher kam, erhob sich der Jäger und entfernte mit flinken. Bewegungen die Schlinge vom Körper seines Opfers.
»Geh Stück zurück«, sagte er warnend. »Tritt fest. Trifft gut.« Er zerrte an dem Knoten, und schon waren die Füße des Vogels frei. Das Tier brauchte einen Augenblick, um zu begreifen, sprang aber dann blitzschnell auf die Beine. Mit aufgebrachtem Krächzen rannte es davon; ohne die prachtvollen Federn, aber wenigstens mit heiler Haut. Beide Männer lachten, während der Stäuber ihren Blicken entschwand.
»Wie teuer?« Hael deutete auf die grünen Federn. Der Jäger zuckte die Achseln.
»Was du hast?«
Hael beschloss, seine kaufmännische Laufbahn hier und jetzt zu beginnen. Er entnahm den Satteltaschen ein paar Schmuckstücke. Der Bursche sah nicht so aus, als könne er Münzen gebrauchen. Mit wenigen Worten und Gesten wurden sie sich einig. Im Tausch gegen ein mit Gold verziertes Silberarmband erhielt Hael alle grünen Federn. Für zwei schmale Kupferarmbänder bekam er auch noch die weißen dazu. Hael war sich des Wertes seiner Habe nicht sicher, aber der Mann schien hocherfreut zu sein. Jetzt endlich kam der Junge auf den eigentlichen Gegenstand seiner Begierde zu sprechen.
»Wie teuer ist das Seil?«
»Seil?« Der Jäger runzelte verwirrt die Stirn.
»Ja. So eines habe ich noch nie gesehen und auch nie auf deine Art benutzt. Darf ich es mal näher ansehen?«
»Sicher. Du willst, ich zeige wie geht.«
Genau das hatte Hael erhofft. Er ließ das überraschend leichte Seil durch die Finger gleiten. Es war aus Pflanzenfaser gedreht worden, und man hatte es gut eingeölt und biegsam gemacht. Auch schien es reißfest zu sein.
An einem Ende befand sich eine geflochtene Öffnung, durch die der Rest des Seils gezogen wurde und so eine Schlinge ergab. »Wie wirft man es?«
Der Jäger nahm Hael das Seil ab und hielt die Schlinge in der rechten Hand, das andere Ende in der linken, während der Rest locker herabhing. Ein Sonnenstrahl traf sein Ohr, und Hael bemerkte ein Glitzern. Auf dem äußeren Rand der Ohrmuschel saßen winzige Goldknöpfe. Der Oberkörper war mit zahlreichen Narben bedeckt.
Jetzt bewegte der Mann die Hand, vergrößerte so die Schlinge und schwang sie langsam im Kreis. Schwungvoll schleuderte er sie weg und lockerte den Griff auf dem Rest des Seils. Die Schlinge legte sich über den aufrechtstehenden Stängel einer längst abgestorbenen Pflanze, die ungefähr fünfzehn Schritt entfernt stand. Mit einer Drehung des Handgelenks versetzte er dem Seil einen Ruck, schon glitt die Schlinge wieder zurück, und der Jäger rollte das Seil auf.
»Lass es mich auch einmal versuchen«, bat Hael. Er versuchte, die Gesten des Jägers nachzuahmen, und die Schlinge flog etwa zehn Schritt weit, schrumpfte zu einem winzigen Kreis zusammen und landete auf dem Boden. Der Jäger grinste und zeigte Hael, wie er die Länge des Seils in der linken Hand schneller loslassen konnte, und der Junge versuchte es erneut. Diesmal ging es schon besser, aber wieder verfehlte Hael sein Ziel mit großem Abstand. Der Mann gab ihm weitere Ratschläge, und der folgende Versuch fiel noch ein wenig besser aus. Beim zehnten Mal legte sich die Schlinge über den Pflanzenstängel. Hael war hocherfreut, benötigte aber sechs weitere Anläufe für den nächsten Treffer. Bei den letzten Würfen versicherte ihm der Jäger, dass er sich ausgesprochen geschickt anstellte und alles richtig machte, auch wenn seine Zielsicherheit noch zu wünschen übrig ließ.
Hael wusste, dass der Fremde es ernst meinte. Es verhielt sich so, wie er angenommen hatte: Seilwerfen ähnelte dem Speerwurf. Die Handhabung war nicht schwierig und konnte innerhalb weniger Minuten erlernt werden. Danach blieb es dem Lernenden überlassen, ob er stundenlang zu üben bereit war, bis Körper, Auge und Hand aufs Vortrefflichste zusammenarbeiteten.
Es dauerte nicht lange, um den nächsten Handel abzuschließen. Drei schmale Silberringe und ein Paar silberne Ohrringe, mit Granaten und Türkisen besetzt, brachten Hael in den Besitz des Seils. Als der Handel abgeschlossen war, hob der Jäger den Kopf und starrte mit zusammengekniffenen Augen und bebenden Nasenlöchern über Haels Schulter. Der Junge wandte sich um und erblickte die
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